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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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sie und versprühte eine Dosis des Mittels über seinem Gesicht. »Halt die Ohren steif, okay? Wir kommen dich bald wieder besuchen.«
    Doch Gus war schon nicht mehr bei Bewusstsein. Im Hi­nausgehen drehte sich Oksa noch einmal um und hätte schwören können, dass Zoé ihm noch etwas ins Ohr flüsterte. Oder ihm gar einen Kuss auf die Wange drückte? Verärgert gab Oksa ihrer Freundin ein Zeichen, endlich mitzukommen, und sah sie bitterböse an. Zoé schlich daraufhin mit so bedrückter Miene zur Tür, dass Oksa ihre feindselige Reaktion sofort wieder bereute.
    Niedergeschlagen gingen die beiden Mädchen an Deck und stellten sich vorn an den Bug. Das Meer war immer noch aufgewühlt und der Himmel düster. Der Wind blies ihnen scharf ins Gesicht, doch sie taten nichts, um sich davor zu schützen. Oksa konnte es sich nicht verzeihen, Zoé eben auf so taktlose Weise gedrängt zu haben, und fühlte sich ganz elend. Doch Zoé schien es ihr nicht übel zu nehmen, und als sie sich nun auch noch bei Oksa unterhakte, wäre diese beinahe in Tränen ausgebrochen.
    Sie gingen eine Weile auf Deck spazieren, der Gewalt der Elemente ebenso ausgesetzt wie der ihrer quälenden Gedanken. Als sie den hinteren Teil des Schiffs erreichten, entdeckten sie Tugdual, der, mit den Ellbogen auf die Reling gestützt, dastand.
    »Ich gehe in die Kabine zurück«, sagte Zoé sofort.
    »He, das brauchst du nicht! Nur weil er da steht, heißt das noch lange nicht, dass ich mich gleich auf ihn stürzen werde!«, rief Oksa errötend.
    »Aber du tätest nichts lieber als das«, gab Zoé zurück.
    Oksa war peinlich berührt. War sie tatsächlich so leicht zu durchschauen? Ließ sie ihre Freundin dadurch im Stich? Sie blickte zu Zoé: Ihre Freundin sah sie traurig an, mit ihrer üblichen Sanftmütigkeit, jedoch ohne die Spur eines Lächelns.
    »Geh schon«, murmelte sie. »Für Gus kannst du im Augenblick sowieso nichts tun.«
    Das gab Oksa den Rest. Sie ließ sich an der Wand der Steuerkabine zu Boden gleiten und brach in Tränen aus. Zoé setzte sich erschrocken neben sie.
    »Oksa! Ich wollte dir nicht wehtun!«
    »Es liegt nicht an dir«, stieß Oksa schluchzend hervor. »Ich bin das Problem. Ich weiß einfach gar nichts mehr. Es tut mir so leid wegen Gus. Ich kann es kaum mit ansehen, wie er leidet. Und es tut mir so leid, weil nichts mehr so ist wie vorher. Und weil ich ihn genauso brauche wie Tugdual. Weil ich einerseits all diese Zweifel habe und andererseits verliebt bin. Weil ich einfach alles verkehrt mache.«
    »Du machst nicht alles verkehrt«, widersprach Zoé. »Du machst es eben, so gut du kannst. Weißt du, Gus hat schon gemerkt, wie du dich wieder um eure Freundschaft bemühst.«
    »Glaubst du?«, stammelte Oksa zwischen zwei Schluchzern.
    »Er kennt dich doch, und er ist ja nicht blind.«
    »Glaubst du, er weiß, wie viel er mir bedeutet?«
    »Ich kann es mir gar nicht anders vorstellen.«
    »Ach, Zoé … Wie machst du das bloß?«
    »Wie mache ich was?«
    »Dass du … all das aushältst?«
    Zoé sah sie mit einem eindringlichen, aber auch resignierten Ausdruck an.
    »Ich halte es überhaupt nicht aus, Oksa.«
    Oksa blickte überrascht auf und schluchzte erneut.
    »Bitte entschuldige«, murmelte sie beschämt.
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es ist alles in Ordnung. Die Traurigkeit und ich, wir sind inzwischen so was wie alte Freundinnen, weißt du. Wir kommen schon gar nicht mehr ohne einander aus.«
    Ein rätselhaftes Lächeln huschte über Zoés Gesicht. Sie schloss Oksa in die Arme und drückte sie fest. Oksa spürte, dass ihre Freundin Trost suchte, sich jedoch nicht traute, offen darum zu bitten. Und so erwiderte Oksa die Umarmung so innig, wie sie nur konnte. Zoé seufzte tief. Es lag so viel Verzweiflung in ihrem Seufzer, so viel Kummer.
    »Nun geh schon zu ihm«, sagte sie, als sie sich behutsam wieder von Oksa löste. »Aber denk daran, Oksa: Gus braucht dich. Vergiss das nie.«
    Tugdual war keineswegs, wie Oksa angenommen hatte, in die Betrachtung der grauen Wellen versunken, die gegen den Schiffsrumpf schwappten. Vielmehr hing sein Blick gebannt am Display seines Handys, über das Internetseiten mit den Online-Nachrichten aus aller Welt flackerten.
    »Da bist du ja, Kleine Huldvolle«, sagte er, ohne den Blick vom Display zu wenden.
    »Sieht so aus.«
    Er warf ihr von der Seite einen beunruhigend ernsten Blick zu.
    »Was gibt es für Neuigkeiten?«
    »Willst du das wirklich wissen?«
    Er schaltete sein

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