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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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dann folgten alle drei Dragomira in den Bauch des Schiffs.
    Als sie den großen Raum unter Deck betraten, waren fast alle Rette-sich-wer-kann bereits um den Tisch mit dem üppigen Frühstück versammelt, das die drei Plemplems mit unnachahmlichem Eifer aufgetischt hatten. Der Fortensky-Clan war da, ebenso die Knuts und die Cockerells. Zu Oksas großem Unbehagen kehrte, kaum dass sie über die Türschwelle getreten war, vollkommene Stille ein. Der erste Blick, dem sie begegnete, war der von Tugdual – betont lässig, aber unwiderstehlich intensiv. Zu ihrem Ärger spürte sie, wie sie rot wurde und ihr Herz einen Purzelbaum schlug. »Bravo, Oksa-san«, schimpfte sie sich im Stillen aus. »Falls du erreichen wolltest, dass alle sehen, wie verknallt du in ihn bist, hast du es geschafft.«
    »Hallo, Kleine Huldvolle«, murmelte Tugdual und biss in einen dick mit Orangenmarmelade bestrichenen Toast.
    Auf der anderen Seite des Tischs saß Kukka, die Oksa von oben bis unten herablassend musterte. Oksa wäre am liebsten im Erdboden versunken. So wie diese eiskalte junge Frau sie ansah, hatte sie das Gefühl, ein dummes kleines Kind zu sein. Ein dummes kleines Kind, das sich in einen Jungen verknallt hatte, der mit ihr Katz und Maus spielte. Also, das Bild von der Maus schien sie regelrecht zu verfolgen … Kukka warf hochmütig ihre herrlichen blonden Haare nach hinten und fixierte Oksa mit ihrem Göttinnenblick. Oksa spürte einen so brennenden Schmerz, als hätte Kukka Salz in die Wunde gestreut, die sie soeben aufgerissen hatte. Sie zitterte unwillkürlich, während Tugduals Gesicht sich verfinsterte. Er verstand, wie sehr seine Cousine Oksa verunsicherte, und zögerte keinen Moment einzugreifen: Mit einer winzigen Geste seines Zeigefingers ließ er das Brötchen, das Kukka sich gerade mit übertriebener Sorgfalt schmierte, einen Salto machen. Sie stieß ­einen wütenden Schrei aus und warf ihre Serviette nach ihm, der er jedoch mühelos auswich – nicht ohne sie dabei frech anzugrinsen …
    »Meine Verehrung, Junge Huldvolle!«, sagte Cameron, um dem Gezänk der beiden ein Ende zu setzen.
    Der Blick von Leomidos Sohn war voller Ehrerbietung und Bewunderung, ganz im Gegensatz zu dem der arroganten Kukka. Das richtete Oksa wieder ein wenig auf. Sie setzte sich an den Frühstückstisch und versteckte sich hinter einer großen Tasse Tee.
    »Die Ehre ist vollkommen, Euch in diesem Speisesaal empfangen zu dürfen«, begrüßte Dragomiras Plemplem die vier Neuankömmlinge. »Eure Dienerschaft hat die Multiplikation der Anstrengungen getroffen, um die Gaumen und Mägen der Rette-sich-wer-kann zu befriedigen.«
    »Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, mein lieber Plem­plem«, bedankte sich Dragomira bei ihm.
    »Eure Physiognomien erbringen den Beweis einer großen Erschöpfung und einer starken Nervosität«, fuhr das kleine Geschöpf fort, während es Pavel und die anderen eindringlich ansah.
    »Derselbe Gedanke ging mir auch eben durch den Kopf«, sagte Dragomira mit Blick auf die mitgenommenen Gesichter der Rette-sich-wer-kann.
    »Aber ohne Zweifel verbirgt sich in den Falten deines Kleids ein kleines Fläschchen, das uns alle eine Portion neuer Energie bescheren wird, stimmt’s, Mutter?«
    »Typisch mein Sohn«, erwiderte Dragomira in flachsendem Ton. »Er kennt mich besser als ich mich selbst! Und, was schlägst du vor, mein hellsichtiger Junge?« Dabei lächelte sie Pavel strahlend an.
    »Dein Heilziest-Elixier wirkt ja wahre Wunder, aber ich würde in diesem Fall eher für das nicht minder grandiose Energifix-Konzentrat plädieren«, erwiderte Pavel in halb amüsiertem, halb ernstem Ton. »Das brauchen wir jetzt wirklich, um uns von dieser endlosen Nacht zu erholen.«
    Dragomira stimmte seiner Wahl zu, kramte in den Taschen ihres weiten grauen Wollrocks und brachte ein winziges Fläschchen zum Vorschein. Dann ging sie am Tisch entlang und gab in jede Tasse ein paar Tropfen der durchsichtigen Flüssigkeit, die den Rette-sich-wer-kann beim Trinken allerlei Grimassen entlockte.
    »Ich fühle mich schon viel besser!«, rief Oksa mit leuchtenden Augen.
    »Deine Großmutter ist eine echte Zauberin«, bestätigte Naftali.
    Und mit diesem Gedanken stand er nicht allein. Die Müdigkeit, die sich eben noch in den Zügen aller Anwesenden gespiegelt hatte, verschwand so rasch aus ihren Gesichtern, dass man dabei zusehen konnte. Alle fühlten sich erfrischt. Oksa hatte inzwischen ein Auge auf ein riesiges Stück Brioche

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