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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Plötzlich wurde die ganze Insel von einem Beben erschüttert. Fußboden und Wände ächzten, Dutzende von Gemälden und anderen Gegenständen fielen herunter. Verängstigt drängten sich alle zusammen. Dann war das Beben genauso plötzlich wieder vorbei, wie es angefangen hatte. Doch der Schock hatte alle zur Besinnung gebracht. Sogar Orthon machte einen erschütterten Eindruck. Er holte tief Luft und heftete den kalten, metallischen Blick auf seine Zwillingsschwester. Da hob Remineszens ihr Granuk-Spuck erstaunlich sanft in die Luft. Mortimer schwebte in die Höhe, getragen von der Arboreszens. Geschickt dirigierte die alte Dame den reglosen Jungen zu Barbara und legte ihn vor ihr ab. Orthon warf ihr einen letzten rätselhaften Blick zu – niemand hätte sagen können, ob es ein nachtragender oder ein dankbarer Blick war. Dann nahm er seinen Sohn in die Arme und schickte sich an, mit Barbara in die Eingangshalle hinauszugehen.
    »Warte, Orthon!«, ließ sich plötzlich eine Stimme vernehmen. »Dein Sohn ist nicht der Einzige, der Hilfe braucht.«
    Der Treubrüchige blieb stehen. Auf der Schwelle des Salons stand Jeanne Bellanger, sie war von Kopf bis Fuß durchnässt.
    »GUS!«, rief Oksa, als sie ihren Freund leblos in den Armen seiner Mutter liegen sah.
    Seine langen schwarzen Haare hingen hinunter und entblößten sein leichenblasses Gesicht. Abakum stürzte zu Jeanne, um ihr den Jungen abzunehmen. Sanft hob er Gus’ Augenlider an. Seine Miene verfinsterte sich, und er sah zu Orthon herüber. Dieser warf seinem mächtigen Gegner einen fragenden Blick zu.
    »Das Gegengift«, sagte Abakum nur.
    Der Mund des Treubrüchigen verzog sich zu einem grausamen, triumphierenden Lächeln.
    »Mit dem größten Vergnügen!«, erwiderte er mit geheuchelter Freundlichkeit.

Das Gegengift
    O
rthon und seine Getreuen – Lukas, Agafon, Gregor, Mercedica und Barbara – betraten die in Zwielicht getauchte Eingangshalle. Abakum blieb den Treubrüchigen dicht auf den Fersen, zusammen mit Gus’ Eltern, Dragomira, Naftali, Pavel und Oksa. Als Orthon bemerkte, dass auch Remineszens sich der Gruppe anschließen wollte, rief er mit dröhnender Stimme:
    »Sie soll hierbleiben. Ich will sie nicht in meiner Nähe haben!«
    »Du wartest besser hier auf uns, Remineszens«, sagte Dragomira leise. »Gib auf unsere Freunde acht, wir zählen auf dich.«
    Nachdem die alte Dame eingewilligt hatte, marschierte die Gruppe von Rette-sich-wer-kann ebenfalls in die Halle.
    Da ihr das schummrige Kerzenlicht nicht geheuer war, pustete Dragomira eine Phosphorille aus ihrem Granuk-Spuck. Die blendend hellen Tentakel erleuchteten den ganzen Raum.
    »Eine elfarmige Phosphorille!«, rief Orthon bewundernd. »Ich wusste gar nicht, dass du ein solches Exemplar besitzt, verehrte Schwester.«
    »Das dürfte nicht das Einzige sein, wovon du nichts weißt«, konterte Dragomira scharf.
    Orthon lachte nervös und ging weiter zu der Treppe, deren schmiedeeisernes Geländer mit verschlungenen Mustern verziert war. Er legte die Hand auf eines von ihnen, das eine Sonne darstellte, und ließ sie kreisen. Die kleine, unter dem Treppenanfang versteckte Tür, von der das Wackelkrakeel erzählt hatte, öffnete sich. Dahinter erschien eine weitere Treppe, Öllampen erhellten sie. Orthon stieg als Erster hinunter, alle anderen folgten ihm ohne ein Wort. Die Tür schloss sich langsam hinter ihnen, Tugdual und Zoé gelang es gerade noch, sich der Gruppe heimlich anzuschließen.
    »Was macht ihr hier?«, flüsterte Oksa. »Das ist total gefährlich!«
    »Du glaubst doch wohl nicht, dass wir dich allein da runtergehen lassen, Kleine Huldvolle!«, antwortete Tugdual, der das Plemplem-Baby auf dem Arm trug.
    Oksa verdrehte die Augen, doch insgeheim war sie erleichtert über die Anwesenheit ihrer Freunde.
    »So … und jetzt wollen wir mal sehen, was es im Schlupfwinkel der Treubrüchigen zu entdecken gibt«, flüsterte Tugdual und zog die beiden Mädchen hinter sich her.
    Eine Vielzahl von Stufen später gelangten beide Clans zu einem breiten, in den Sandstein gehauenen Korridor, von dem ein Dutzend Türen abgingen. Anscheinend führten die Räume und Gänge dahinter bis tief ins Innere der Insel. Flackernd erhellte das Licht die Wände, abgestandene Luft machte ihnen das Atmen schwer. Doch kaum setzten sie ihren Weg durch den Korridor fort, sprang ein riesiger, in die Wand eingelassener Ventilator an und pustete salzig riechende Meeresluft hinein. Sofort verschwand das

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