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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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des Geheimnisses-das-nicht-enthüllt-werden-darf unwiderruflich aus den Fugen geraten. Viele Jahre lang konnte die Ordnung einigermaßen aufrechterhalten werden, doch nun gleitet alles ins Chaos ab. Die Lage ist sehr ernst. Aber es ist immer noch möglich, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass ihr euch verbündet, Zugeständnisse macht und Opfer bringt, die euch jetzt noch unerträglich scheinen mögen. Ihr müsst euch darüber hinwegsetzen. Die Zukunft beider Welten hängt von euch ab. VON EUCH ALLEN!«
    Plötzlich wandte sie sich Dragomira zu und hüllte sie in ein Geflecht aus goldenen Ornamenten ein.
    »Das Tor wird sich bald offenbaren«, flüsterte sie ihr so leise zu, dass nur die, die ganz in der Nähe der Alten Huldvollen standen, es hörten. »Dein Plemplem wird euch anführen, er ist der Hüter des Absoluten Wegweisers. Halte dich bereit, Dragomira, denn du bist und bleibst eine Huldvolle. Eine derer, die in ihrem Herzen einen Teil des Gleichgewichts wahren, das gerade von endgültiger Zerstörung bedroht ist.«
    Noch enger legte sich das goldene Geflecht um Dragomira, und die Alterslose hauchte etwas, das keiner außer der Alten Huldvollen verstand. Dann verschwand der Lichthof und nahm die Silhouette in seinem goldenen Schweif mit sich.
    Beide Gruppen schwiegen. Dragomira war aschfahl geworden und musste sich von Abakum und Pavel stützen lassen. Ihr Gesicht war ganz eingefallen, in ihren großen blauen Augen standen Tränen.
    »Ich glaube, es ist Zeit, miteinander zu reden«, sagte sie endlich mit rauer Stimme.
    Sie ließ sich auf einen Sessel sinken, und nach und nach folgten die anderen ihrem Beispiel. Remineszens behielt ihr Granuk-Spuck in der Hand, das kostbare Blasrohr war immer noch mit dem leblos am Boden liegenden Mortimer verbunden.
    »Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen«, sagte Dragomira. »Unsere Ziele sind zwar grundverschieden, aber wir sind auch aufeinander angewiesen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Wenn wir uns weigern, unsere Kräfte zu bündeln, werden alle sterben, im Da-Draußen wie im Da-Drinnen. Wollen wir das wirklich?«
    Die Antwort auf diese Frage stand allen klar vor Augen, unabhängig von ihren persönlichen Zielen.
    »Orthon, nur gemeinsam können wir nach Edefia gelangen. Du hast das Medaillon meiner Mutter …«
    » Unserer Mutter«, korrigierte der Treubrüchige.
    Dragomira runzelte die Stirn. »In der Tat«, räumte sie dann ein. »Du besitzt das Medaillon unserer Mutter, also die Zauberformel, um das Tor zu öffnen. Doch das Tor befindet sich irgendwo in der Welt, wer weiß schon, wo? Einzig der Hüter des Absoluten Wegweisers, mein treuer Plemplem, kann es uns verraten. Das heißt, du hast den Schlüssel, weißt aber nicht, wo sich das Tor befindet. Und ich könnte in Erfahrung bringen, wo es sich befindet, doch ich besitze keinen Schlüssel.«
    Alle sahen, wie Orthon mit sich rang. Je mehr Zeit verging, desto schwerer schien ihm die Entscheidung zu fallen – was Remineszens schließlich in Rage versetzte.
    »Vielleicht erklärst du deinen Freunden mal, warum du überhaupt so unbedingt nach Edefia zurückkehren möchtest?«, schaltete sie sich ein. »Kennt ihr überhaupt den wahren Grund? Ihr alle, die ihr ihm so blind folgt?«
    »Bitte, Remineszens«, flüsterte Abakum ihr zu. »Tu das nicht.«
    In Orthons Gesicht spiegelte sich jetzt blanke Wut. Ihm war anzusehen, wie sehr er sich zusammenreißen musste, um nicht alles in der näheren Umgebung kurz und klein zu schlagen.
    »Hoffst du vielleicht, dass unser Vater dich endlich liebt?«, fuhr Remineszens in schneidendem Ton fort. »Da hoffst du vergeblich. Er hat nie jemand anders geliebt als sich selbst. Sich und die Macht. Und was im Da-Draußen aus dir geworden ist, wird nichts daran ändern. Armer Orthon, deine ganzen Mühen waren umsonst!«
    »Schluss jetzt, Remineszens«, rief Abakum energisch. Dann sagte er leise zu ihr: »Die Beweggründe unserer Feinde spielen keine Rolle, nur die Tatsache, dass wir uns alle vereinen müssen. Die Zeit drängt.«
    In diesem Augenblick fegten erneut heftige Windstöße um das Haus, als wolle die Witterung selbst ihnen die Dringlichkeit der Lage in Erinnerung rufen. Eine Böe verirrte sich in den Schornstein und wirbelte eine Wolke glühender Asche im Kamin auf, während draußen ein heftiger Hagelschauer niederging. Das Gebälk knarrte unter der Gewalt der Elemente, Dachziegel fielen herab und zerbrachen auf dem Boden.

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