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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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empfand, konnte er jedoch nicht verbergen.
    »Wie Sardinen in der Dose!«, rief Oksa.
    Abakum konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Gerührt betrachtete er die beiden, dann zog er die Öffnung der Nascentia weiter auf, um ihnen den Ausstieg zu erleichtern.
    »Nach dir«, sagte Oksa.
    »Wirklich sehr freundlich!« Gus war gar nicht darauf erpicht, sich als Erster zu zeigen, doch gleichzeitig wollte er seiner Freundin zeigen, dass er kein Feigling war.
    Auszusteigen war keine leichte Aufgabe, und Abakum half dem Jungen, der sich enorm verrenken musste, schließlich aber aus der Blase hervorkam. Sein Hemd überstand die Operation nicht, es platzte an den Schultern auf. Kaum stand er vor den völlig verblüfften Rette-sich-wer-kann und den nicht minder überraschten Treubrüchigen, fühlte er sich so elend wie ein exotisches Tier auf dem Jahrmarkt.
    »Unglaublich …«, hauchte Dragomira erschüttert.
    »Fabelhaft«, kommentierte Orthon leise.
    Einzig Jeanne und Pierre trugen es mit Fassung. Sie stürzten sich auf ihren Sohn und schlossen ihn in die Arme – woraufhin die letzten Nähte seines Hemds platzten.
    »Gott sei Dank! Du lebst!«, rief Jeanne.
    Gus überragte seine Mutter jetzt, und der Größenunterschied zu seinem Vater hatte sich deutlich verringert. Ihre Umarmungen und Küsse ließ er benommen über sich ergehen. Ganz wohl fühlte er sich dabei nicht. Seine Hose, die vor wenigen Stunden noch weit und bequem gewesen war, schnürte ihm jetzt den Bauch ein. Er konnte an nichts anderes mehr denken als an dieses Kleidungsstück, das er in Gedanken schon aufreißen sah. Schlimm genug, dass sein Oberkörper fast frei war … Einfühlsam wie immer legte Abakum ihm seine Weste um die Schultern. Sofort ging es Gus besser.
    »Wir sollten jetzt lieber Oksa helfen«, sagte er, um die Aufmerksamkeit von sich abzulenken. Er streckte den Kopf in die Öffnung der Nascentia. »Komm schon, du bist dran!«
    »Ich bin nicht sicher … ob ich rausmöchte …«, stammelte Oksa.
    »Das kannst du mir und den anderen doch nicht antun«, entgegnete Gus, obwohl er ihr Widerstreben gut nachempfinden konnte. »Wir warten doch auf dich!«
    »Wer ist sonst noch da?«
    »Komm schon!«
    Er reichte ihr die Hand, und dieser Kontakt elektrisierte sie beide. Oksa schwang die Beine aus der schmalen Öffnung der Nas­centia, sah verlegen auf und wurde von einer Welle des Glücks erfasst.
    »MAMA!«
    Aufrecht saß ihre Mutter im Rollstuhl vor ihr. Oksa flimmerte es regelrecht vor den Augen. Sie fühlte sich, als müsste sie gleich platzen! ENDLICH sah sie ihre Mutter wieder! Oksa stürzte zu ihr.
    »Mein kleiner Schatz«, seufzte Marie und verbarg das Gesicht in Oksas Haar.
    »Mama! Ich bin ja so glücklich«, rief Oksa und schloss ihre Mutter in die Arme.
    Dann schossen ihr ohne Vorwarnung Tränen in die Augen. Die schreckliche Angst, die sie in den letzten Wochen um ihre Mutter ausgestanden hatte, löste sich schlagartig auf. Niemals hätte sie zugegeben, dass sie gefürchtet hatte, Marie zu verlieren, doch diese Angst hatte ihr im Nacken gesessen und sie auf Schritt und Tritt begleitet. Sie wurde von Schluchzern geschüttelt. Schließlich wischte sie sich die Tränen von den Wangen, schmiegte sich an ihre Mutter und erstickte Schrecken, Freude und Erleichterung zugleich.
    »Wie geht es dir?«, flüsterte sie. »Du kannst nicht laufen …«
    »Mir geht es gut, mach dir keine Sorgen. Ich kann nicht laufen, aber sonst ist alles in Ordnung. Und jetzt, wo du da bist, geht es mir noch viel besser.«
    Tatsächlich sah Marie erstaunlich gut aus. Natürlich glänzten ihre Augen vor Wiedersehensfreude, und ihre Wangen waren gerötet, aber das war nicht das Einzige. Sie sah besser aus als vor der Eingemäldung. Damals hatte Oksa sie zuletzt gesehen. Ihr langes braunes Haar war immer noch ein wenig stumpf, doch ihre Wangen wirkten weniger hohl, ihre Gesten waren sicherer, und sie machte einen robusteren Eindruck. Das war einerseits beruhigend, andererseits verwirrend. Die Treubrüchigen haben sie gut behandelt, dachte Oksa. Sie haben sie also nicht bei Wasser und trockenem Brot in einen Kerker gesperrt.
    »Da siehst du, dass wir keine herzlosen Barbaren sind!«, schaltete sich Orthon ein, als könnte er Oksas Gedanken lesen. »Wir haben unseren Gast mit dem gebührenden Respekt behandelt.«
    »Ihren Gast?!«, rief Oksa empört. »Das ist ja wohl die Höhe.«
    Marie winkte ab – die Worte des Treubrüchigen interessierten sie gar nicht.
    »Ach,

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