Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
Vom Netzwerk:
Sie etwa so tun, als hätten Sie uns hierher geführt? So ein Blödsinn!«
    Ocious wandte sich Oksa zu, erstaunt über ihren Ton, denn ihre Worte hatte er nur halb verstanden.
    »Sei still, Oksa!«, stieß ihr Vater zwischen den Zähnen hervor.
    »Aber Orthon lügt, Papa!«
    »Hör auf deinen Vater, Oksa«, mischte sich Naftali leise ein. »Es liegt in unserem Interesse, dass dieses Wiedersehen so glatt wie möglich verläuft.«
    Oksa ballte die Fäuste. Sie ärgerte sich einerseits über sich selbst, weil sie sich zu einer Bemerkung hatte hinreißen lassen, und war andererseits frustriert, dass Orthon ungestraft lügen durfte.
    »Ist dieses junge Mädchen da etwa die Neue Huldvolle?«, fragte nun Ocious mit einem hintergründigen Lächeln.
    »Ganz genau!«, antwortete sein Sohn sichtlich zufrieden. »Die Urenkelin von Malorane, meiner Mutter, und Enkelin von Dragomira höchstpersönlich. Ich habe auf der ganzen Welt nach ihr gesucht, um sie nach Edefia zurückzubringen.«
    »Und dafür hast du so viele Jahre gebraucht?«
    Orthon wurde blass. Ein harter Ausdruck trat in seine Augen. Dann reckte er das Kinn stolz in die Luft, um allen zu zeigen, dass er diesen Hieb wegstecken konnte. Ocious senkte den Kopf, er war sichtlich beeindruckt von der Selbstbeherrschung seines Sohnes.
    »Du warst so lange weg«, sagte er. »Ich habe oft an dich gedacht.«
    »Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel«, antwortete Orthon und sah seinem Vater herausfordernd in die Augen.
    Orthons Verbündete blickten einander beunruhigt an. Niemand wagte, sich zu rühren, nicht einmal seine treuesten Anhänger. Schließlich wandte sich Ocious ihnen zu und grüßte die, die er noch kannte.
    »Lukas, Agafon. Ich wusste doch, dass ich mich auf euch verlassen kann. Siebenundfünfzig Jahre lang, und ihr seid immer noch bei uns.«
    »Unsere Familien haben der deinen von jeher gedient, Ocious«, sagte Agafon. »In Edefia genauso wie im Da-Draußen.«
    »Ah, die Familie!«, jubelte Ocious und umarmte Orthon, der es bereitwillig über sich ergehen ließ. »Es gibt doch keine festeren, zuverlässigeren Bande!«
    »Genau das habe ich all die Jahre versucht, meiner verehrten Schwester und … unserer Verwandtschaft nahezulegen. Vergebens«, sagte Orthon.
    Ocious erschrak, als er das hörte.
    »Remineszens? Ist sie bei dir?«
    »Nicht bei mir, Vater. Bei denen.«
    Mit einer aufwieglerischen Geste deutete er zum Clan der Rette-sich-wer-kann. Remineszens trat hinter Abakum hervor und dem Mann gegenüber, der auch ihr Vater war. Dieser reagierte darauf mit so offensichtlicher Rührung, dass Orthon wiederum gekränkt schien. Er runzelte verärgert die Stirn, während Ocious auf seine Tochter zuging.
    »Remineszens!«, rief er.
    »Komm mir ja nicht zu nahe!«, entgegnete die alte Dame in eisigem Ton.
    Ocious blieb überrascht stehen und sagte dann leicht amüsiert: »Ich erkenne dich wieder, meine Tochter, nach all der Zeit. Deine Haare mögen ergraut sein und dein Gesicht von den Jahren gezeichnet, doch du bist dieselbe geblieben. Heute wie gestern beharrst du darauf, die falschen Entscheidungen zu treffen. Ist dein Freier, ach Verzeihung, dein Halbbruder, nicht bei dir?«
    Eine kalte Wut packte Remineszens. »Leomido ist tot«, sagte sie mit schneidender Stimme. »Deinetwegen! Und wenn du schon danach fragst: Auch Dragomira ist von uns gegangen!«
    Ein inneres Beben schien Ocious zu schütteln, von dem nur ein Bruchteil der Schockwellen an der Oberfläche sichtbar war. Kummer und Bedauern verschleierten für einen Moment seine Augen. Doch gleich darauf hatte er sich wieder gefasst.
    »Dann bist du also nun die Witwe deines eigenen Bruders …«, bemerkte er. »Wie das Leben so spielt!«
    Remineszens wurde blass vor Zorn.
    »Lass sie in Frieden!«, sagte Abakum laut und schob sich vor sie. »Und lass dir gesagt sein, dass sie viel mutiger gewesen ist, als dein Sohn Orthon es je sein wird!«
    »Ach, wen haben wir denn da?«, spottete Ocious, »Abakum … oder, besser gesagt, den Mann, der immer nur eine Schattengestalt war?«
    »Was fällt Ihnen ein!«, platzte Oksa heraus.
    Ocious musterte sie wieder neugierig.
    »Und du bist also unsere Neue Huldvolle.«
    » Ihre Neue Huldvolle bin ich ganz bestimmt nicht!«
    »Im Gegenteil«, entgegnete Ocious, »du bist ganz und gar in meiner Hand!«
    Bei diesen Worten schloss Ocious’ Leibwache den Kreis noch enger um die Rette-sich-wer-kann.
    »Wehrt euch nicht«, flüsterte Abakum seinen Freunden zu. »Zu kämpfen

Weitere Kostenlose Bücher