Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
Vom Netzwerk:
das einst das Stadtbild in der Goldenen-Mitte geprägt hatte. Wie am Ufer des ausgetrockneten Saga-Sees standen auch hier Hunderte kahler Bäume in allen Gärten, an allen Straßen. Hier und da gab es auf den Terrassen noch grüne Inseln – Gemüsegärten, die mit viel Aufwand gepflegt wurden. Einwohner sah man keine, es war, als würden sich alle zu Hause verstecken. Offenbar war alles, was den Alltag in einer lebendigen Stadt ausmachte – die emsige, hektische Geschäftigkeit –, zum Erliegen gekommen. Beim Flug über Edefia hinweg hatte Oksa einige wenige Gestalten gesehen, ein paar zum Himmel erhobene Köpfe, Gesichter, die voll Sorge, aber auch voll Hoffnung nach oben geblickt hatten. Ein junges Mädchen hatte ihnen zugewinkt. »Wen grüßt sie da wohl, ihrer Meinung nach?«, hatte sich Oksa gefragt. »Ob sie weiß, was hier vor sich geht?« Die Junge Huldvolle konnte es sich nicht verkneifen, den Gruß zu erwidern. Es war ihr egal, ob das Ocious und seinen Leuten passte.
    »So siehst du mal, Ocious, dass sich Respekt und Anerkennung nicht mit Gewalt erringen lassen«, bemerkte Naftali. »Edefias Volk wird von selbst erkennen, wem es in Zukunft folgen wird.«
    »Immer noch derselbe armselige Idealist!«, entgegnete Ocious ironisch. »Gewalt ist immer schon stärker gewesen als die höchsten moralischen Prinzipien und wird es auch immer bleiben.«
    »Das haben alle Tyrannen sich so vorgestellt, bis sie von ihrem Volk zermalmt wurden.«
    Ocious verzog den Mund zu einem fiesen Grinsen.
    »Du wirst enttäuscht sein, bester Naftali, aber deine Drohungen machen nicht den geringsten Eindruck auf mich. Und jetzt ist genug geredet. Wir sind da.«
    Er landete als Erster am Fuß der Säule, dann seine Getreuen und schließlich die Rette-sich-wer-kann. Kaum hatte das Haselhuhn die breiten Schwimmfüße auf den Boden gesetzt, sprangen die Geschöpfe ab und versammelten sich um Oksa.
    »Endlich widerfährt meiner Jungen Huldvollen die Lokalisierung ihres Amtssitzes«, sagte der Plemplem mit einem Blick auf die höchste Spitze der Säule.
    »Mittlerweile ist es mein Amtssitz geworden, aber selbstverständlich bist du hier willkommen, Junge Huldvolle«, unterbrach ihn Ocious.
    Der Plemplem warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
    »Die Gläserne Säule kennt keine andere Zugehörigkeit als die zur Familie der Huldvollen.«
    »Und Ihr tätet gut daran, die Junge Huldvolle mit ›Ihr‹ anzureden«, mischte sich der Getorix ein. »Nur ihr engster Kreis darf sich erlauben, sie zu duzen.«
    »Oh, oh, die Menagerie probt den Aufstand!«, höhnte Ocious. »Aber ihr lieben kleinen Dienerlein solltet wissen, dass wir uns nahestehen. Ein Blick auf den Stammbaum genügt, um festzustellen, wie eng unsere Bande sind.«
    »Bündnisse, die durch Ränke geschaffen wurden, lassen wir nicht gelten«, entgegnete da Abakum, bevor Remineszens etwas sagen konnte. »Und jetzt würden wir uns gern ein wenig ausruhen, wenn du nichts dagegen hast.«
    Ocious kniff die Augen zusammen. Dann drehte er sich zum Eingang der Säule, wo ein Dutzend Männer in Lederpanzern Wache standen. Sie nahmen Haltung an, als Ocious mit stolzgeschwellter Brust vorbeimarschierte. Als Oksa an ihnen vorbeiging, sahen sie unauffällig zu ihr hin. Aus Neugier? Aus Angst? Oder war es Respekt? Auf einmal bemerkte Oksa eine kleine Menschenansammlung in einiger Entfernung, die ihre Ankunft aufmerksam beobachtete.
    Ein Ruf ertönte: »Hoch lebe die Neue Huldvolle!«
    Sogleich drehten sich die Wachen mit einer Drohgebärde den Menschen zu. Ocious gab ihnen ein Zeichen, dass sie es einfach ignorieren sollten, doch er wirkte verärgert. Schnellen Schrittes ging er zum Eingang weiter. Oksa und die Rette-sich-wer-kann folgten ihm und betraten eine sagenhafte, mit Kristallsteinen geschmückte Halle. Das riesige Tor schloss sich hinter ihnen.
    Das Innere der Gläsernen Säule bestand fast ausschließlich aus ­Mineralien. Bei dem Bau waren hauptsächlich Edelsteine, Marmor und Glas verwendet worden. In der Mitte der lichtdurchfluteten Halle führte eine breite, durchsichtige Treppe zu einer Empore, die mit einem verschlungenen Geländer aus glänzendem Stahl verziert war. In einer Ecke rann Wasser über eine schiefe Ebene, sodass mitten im Raum ein Brunnen plätscherte. Der Rest der Halle war leer und vermittelte einen Eindruck von Reinheit. Alle waren so in die Betrachtung der außergewöhnlichen Umgebung vertieft, dass sie zusammenfuhren, als Ocious’ Stiefel durch die Stille

Weitere Kostenlose Bücher