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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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nicht Andreas vorstellen würde. Andreas ist mein jüngerer Sohn, er stammt aus meiner zweiten Ehe … nach deiner … Abreise nach Da-Draußen.«
    Die Neuigkeit schlug ein wie eine Bombe, denn damit war Orthons Hoffnung, den ersehnten Platz an der Seite des alleinigen Herrschers über Edefia einzunehmen, zunichtegemacht. Wie würde er reagieren? Bestürzt sah Oksa der kalten Begrüßung der beiden Halbbrüder zu. Orthon tat zwar so, als würde ihm das alles nichts ausmachen, doch von ihrem Platz aus konnte sie ihm ansehen, dass es ein ziemlicher Schlag für ihn war. Ocious beobachtete die erste Begegnung seiner Söhne aufmerksam, und Oksa hätte schwören können, dass sie Schadenfreude in seinen dunklen Augen aufleuchten sah. Schließlich setzte er sich wieder, gefolgt vom Rest der Versammlung, und ergriff das Wort:
    »Vor zweiundsiebzig Jahren hat die Huldvolle Yuliana, Mutter unserer geschätzten und schmerzlich vermissten Malorane, mich zum Ersten Diener des Pompaments ernannt. Eine Verantwortung, die nicht immer leicht zu tragen war …«
    Bei diesen Worten blieb mehreren Rette-sich-wer-kann die Luft weg. Sie ließen es sich nicht nehmen, ihren Unmut laut und deutlich kundzutun, indem sie sich ausgiebig räusperten. Die Hellhörigen, die sich über diese Unterbrechung ärgerten, flogen zu den Störenfrieden und bedrohten sie mit ihren giftigen Flimmerhärchen.
    »Zum Glück musste ich mich der schwierigen Lage, in der sich unsere Welt seit dem Großen Chaos befindet, nicht allein stellen. Einige meiner Mitstreiter haben mich nie im Stich gelassen und sind mir immer treu geblieben.«
    Mit einer weit ausholenden Geste zeigte er auf die Männer und Frauen rechts und links von ihm.
    »Meine Freunde und mein Sohn Andreas, dessen Unterstützung mir seit über dreißig Jahren eine wertvolle Hilfe ist.«
    Orthon, der links von Ocious saß, zuckte mit keiner Wimper. Angestrengt bemühte er sich, jede einzelne seiner Gesten, jeden Lidschlag, jede Falte an seinen Mundwinkeln zu kontrollieren. Nur auf seine Gesichtsfarbe hatte er keinen Einfluss. Und so verriet seine Blässe allen, dass allein die Existenz dieses Halbbruders genügte, um ihn wieder in einen tiefen Abgrund des Hasses zu stürzen.
    »Heute ist meine Familie wieder vereint, und wir können unsere Kräfte bündeln, um unser Vorhaben zu einem guten Ende zu bringen.«
    »Euer Vorhaben?«, unterbrach ihn Naftali. »Wenn du von deinem alten Verlangen sprichst, die Welt Da-Draußen zu erobern, lass dir gesagt sein, dass es zu spät ist. Du weißt es vielleicht noch nicht, doch Da-Draußen liegt im Sterben, genau wie Edefia.«
    Ocious schwieg eine Weile, um diese Neuigkeit zu verdauen, die ihn offenbar weit mehr aus der Bahn warf, als er sich anmerken lassen wollte. Abakum nutzte diesen Moment der Schwäche.
    »Was glaubst du denn, weswegen wir zurückgekommen sind?«
    Er machte eine Kunstpause, bevor er fortfuhr:
    »Seit wir Edefia verlassen haben, haben wir uns danach gesehnt zurückzukehren und immer gehofft, dass es uns gelingen würde, das will ich nicht verschweigen. Doch in den siebenundfünfzig Jahren im Da-Draußen haben wir uns an das Leben dort gewöhnt. Wir haben uns angepasst und die Erde ins Herz geschlossen, obwohl sie alles andere als perfekt ist. Dort ist vieles extrem, im Guten wie im Bösen. Du kannst dir wohl denken, dass die Rückkehr uns nicht leichtgefallen ist: Wir haben die Welt verlassen, die für uns Alte zur neuen Heimat geworden ist und für die meisten von uns von Anfang an ihre Heimat war. Und wir mussten Menschen zurücklassen, die uns lieb und teuer sind. Also kannst du, ein Mann, der die Blutsbande so sehr schätzt, die Größe unseres Opfers sicherlich ermessen.«
    Ocious hörte ihm mit großer Aufmerksamkeit zu, starr wie eine Statue.
    »Warum sind wir deiner Meinung nach hier?«, wiederholte Abakum. »Warum, Ocious?«
    Die Mauerwandler auf dem Podium wurden unruhig. Nur Orthon und seine Söhne blieben ungerührt. Schließlich brach eine Mauerwandlerin das Schweigen.
    »Lass die Spielchen, Abakum«, sagte sie gebieterisch. »Sprich endlich weiter!«
    »Wir mussten zurückkommen, wir hatten keine andere Wahl«, sagte der Feenmann. »Doch wir sind freiwillig hier, im Gegensatz zu dem, was Orthon dich glauben machen möchte. Er hat uns nicht nach Edefia geführt, wir wären auch ohne ihn gekommen. Das Da-Draußen ist dem Untergang geweiht, wir haben nur noch sehr wenig Zeit.«
    Alle hielten den Atem an.
    »Hat Orthon denn gar

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