Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Titel: Oksa Pollock. Die Entschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
Vom Netzwerk:
Edelsteinen tapezierte Höhlenwohnung in den Bergen der Handkräftigen. Meine Mutter, die das Ganze machtlos mit ansehen musste, passte auf mich auf. Sie war zu eingeschüchtert von den Drohungen meines Vaters, der immer härter und böswilliger wurde. Sie gab sich alle Mühe, mir meine Liebe zu Leomido auszureden, konnte mich aber nicht davon abbringen. Im Gegenteil! Je weniger ich ihn sehen konnte, umso mehr fehlte er mir und umso klarer wurde mir, wie sehr ich ihn liebte.
    So wurde ich in kurzer Zeit zu einer Gefangenen meiner eigenen Familie. Ich kam mir vor wie ein Tier im Käfig. Das Leben verlor jeglichen Reiz für mich. Wenn ich ausgehen durfte, dann nur unter der Aufsicht meines Bruders oder meines Vaters. Orthon veränderte sich immer mehr. Er, dem es immer schmerzlich an Selbstbewusstsein gemangelt hatte, entwickelte sich im Verlauf weniger Monate zu einem harten, verbitterten, fast unmenschlichen jungen Mann. Er folgte meinem Vater vorbehaltlos in allem, ich erkannte ihn kaum wieder. Leomido hingegen war zu seinem Erzfeind geworden. Das ständige Getuschel zwischen Orthon und meinem Vater ließ mich jedoch ahnen, dass ich nicht die alleinige Ursache für diese radikale Wandlung sein konnte. Nach und nach, indem ich beobachtete und belauschte, was um mich her vorging, kam ich zu dem Schluss, dass meine Liebesgeschichte mit Leomido nur ein kleiner Stein des Anstoßes war. Da war etwas viel Größeres im Gange. Um diese Zeit schnappte ich dann ein Gespräch auf, das meinen Verdacht bestätigte: Orthon und Ocious planten, die Macht in Edefia zu übernehmen! Dabei ging es ihnen aber gar nicht darum, Edefia zu regieren, oh nein … Malorane war so unvorsichtig gewesen, ihre Träumflüge ins Da-Draußen öffentlich vorzuführen. Dies weckte gewisse Begehrlichkeiten, deren traurige Folgen ihr alle kennt. Als mir aufging, welche Gefahr unserem Volk durch die Gruppe von Treubrüchigen, die sich um meinen Vater gebildet hatte, drohte, eilte ich überstürzt zu Leomido. Ich vertikalierte so schnell wie noch nie in meinem Leben. Er versteckte mich in einem geheimen Haus in Grünmantel, wo mich drei Tage später mein Vater und seine Schergen aufspürten. Am nächsten Tag verschleppte mich Ocious ins Grelle Land, in eine der Höhlen, wo sich sein schrecklicher Geheimbund der Mauerwandler traf, und ich musste die schlimmste aller Strafen erdulden …«

Die Liebsten-Entfremdung
    E
in Durchscheinender, ein Schnüffler, beraubte mich meiner Liebe. Bis auf den letzten Tropfen sog die widerliche Kreatur mein Liebesgefühl ein und berauschte sich daran, bis sie fast weggetreten war. Schwarzer Schleim tropfte aus ihren Nasenlöchern, nie wieder habe ich so etwas Ekelhaftes gesehen … Ich spürte förmlich, wie mir die Seele herausgerissen wurde und eine vollkommene Leere zurückblieb. Mein Herz erstarrte, als wäre es von einem Pfeil aus Eis durchbohrt worden. Es verhärtete sich in dem Maße, wie das Leben aus meinen Adern zu entweichen schien. Es gab keinen Schmerz mehr in mir, nur noch ein entsetzliches Gefühl von Kälte. Ich nahm an, dass der Tod im Begriff war, von mir Besitz zu ergreifen, und dass das Leben aus meinem Körper sickerte, während der Schnüffler es einatmete. Selbst mein Bruder wirkte erschüttert angesichts dieser grauenhaften Tat. Ich weiß noch, wie sich unsere Blicke kreuzten … Mein Bruder lehnte an der Höhlenwand und knetete seine Finger. Nicht weit von ihm stand mein Vater und beobachtete das Geschehen mit einer Gleichgültigkeit, die ich niemals vergessen werde. Das einzige Zeichen einer Gefühlsregung war ein unerbittliches Glitzern in seinen Augen: der Triumph eines Mannes, der sein Ziel erreicht hat. Er ging zu dem Durchscheinenden und fing den schwarzen Schleim, der diesem aus den Nasenlöchern rann, in einem kleinen Fläschchen auf, das er in seine Tasche steckte. ›Nun wird alles gut, meine Kleine‹, sagte er zu mir und strich mir über die Wange. Die einzige Antwort, die ich zustande brachte, war, ihm ins Gesicht zu spucken – zu mehr war ich in meinem geschwächten Zustand nicht fähig, auch wenn ich ihn am liebsten umgebracht hätte. Er wischte sich langsam mit dem Ärmel die Spucke ab, blickte mir direkt in die Augen und lächelte mich mit einer unbeschreiblichen Kälte an, ohne ein Wort zu sagen.
    Am nächsten Tag zogen wir wieder in die Gläserne Säule ein, und mir ging auf, was die schreckliche Prozedur bewirkt hatte: Ich empfand keinerlei Liebe mehr für Leomido. Als ich

Weitere Kostenlose Bücher