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Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Titel: Oksa Pollock. Die Entschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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erst ihm und dann Leomido einen fragenden Blick zu.
    »Es muss eine Erklärung dafür geben«, sagte Oksas Großonkel vorsichtig. »Ich denke, wir sollten Dragomira vertrauen und uns auf das konzentrieren, was uns hier noch bevorsteht.«
    »Du hast recht«, pflichtete ihm Abakum bei. »Kundschafter, was weißt du über den Ort, an dem wir uns gerade befinden?«
    Der Schmetterling kam herbei und postierte sich flatternd in der Mitte des Kreises, den die kleine Gruppe gebildet hatte.
    »Wir haben jetzt drei Schichten durchquert: die des Waldes, die der Wogenden Hügel und den Tunnel der Sirenen«, begann der Kundschafter. »Jetzt befinden wir uns wieder in einem Medius, in dem wir neue Kräfte tanken können, bevor wir in eine weitere Schicht eintreten müssen.«
    »Überstehen müssen dürfte es wohl besser treffen«, murmelte Oksa bitter.
    »Ihr habt recht, Junge Huldvolle«, gab der Schmetterling zu. »Jede Schicht stellt eine Prüfung dar, der man sich stellen und die man vor allem überstehen muss.«
    »Und wird das Herz-Erforsch dabei jedes Mal einen von uns sterben lassen?«, fragte Oksa zornig weiter.
    Der Schmetterling flog zu ihr hin und blieb eine Handbreit von ihrem Gesicht in der Luft stehen.
    »Nein, Junge Huldvolle. Ihr habt es nicht richtig verstanden. Das Herz-Erforsch kann gar nichts dafür. Es will Euch nichts Böses, schon allein deshalb nicht, weil es in seinem gegenwärtigen Zustand dazu gar nicht fähig ist.«
    »Ach nein! Auf den Gedanken käme man gar nicht«, stieß Gus wütend hervor.
    »Das Unglück, das sich ereignet, entsteht aus dem Irrtum der Eingemäldung«, erklärte der Kundschafter weiter. »Die Prüfungen, die auf Eurem Weg liegen, wurden nicht für Euch geschaffen!«
    »Aber leider bleibt uns nun nichts anderes übrig, als sie zu bestehen!«, fasste Remineszens die Lage zusammen.
    Der Schmetterling stieß einen kleinen Seufzer aus.
    »Die Sirenen der Lüfte wurden nicht für oder gegen Euch gesandt. Vergesst nicht, dass eigentlich Orthon eingemäldet werden sollte.«
    Oksa überlegte einen Moment. »Und was sollten sie bei ihm bewirken?«, fragte sie.
    »Ihn mit einer Vergangenheit konfrontieren, die er ausgelöscht hat und die aus ihm das gemacht hat, was er heute ist. Die Sirenen erforschen, was in unserem tiefsten Innern an Sehnsüchten und Bedauern schlummert. Sie bringen Dinge nach oben, derer wir uns selbst nicht einmal bewusst sind. So locken sie uns in die Falle, um uns gefangen zu nehmen.«
    »Aber du hast doch von Trugbildern und Illusionen gesprochen!«, bemerkte Gus. »Das ist etwas anderes.«
    »Zu glauben, dass die Sehnsüchte – oder das Bedauern – Realität seien, ist das nicht das mächtigste aller Trugbilder?«, sagte der schwarze Schmetterling zu Gus.
    »Das ist ja beängstigend«, murmelte Oksa.
    Was hatte sich denn bei ihr als geheimste Sehnsucht gezeigt? Dass ihre Mutter wieder gesund würde, Edefia … und Gus. Sie schaute hinüber zu ihrem Freund und wurde knallrot. Na wunderbar, jetzt hatte sie den anderen ein Gefühl verraten, das sie sich nicht einmal selbst eingestehen wollte. Sie wandte den Kopf und sah prompt in Tugduals neugierige Augen. Oksa kam sich vor wie eine Inflammia, nämlich genauso feuerrot, und ihr war, als müsse sie unter diesem durchdringenden Blick vor lauter Verwirrung in Ohnmacht fallen.
    »Und du, Gus, was hast du gesehen, als die Sirenen deinen Geist gefangen genommen haben?«, fragte Tugdual, ohne dabei Oksa aus den Augen zu lassen.
    Gus zögerte mit seiner Antwort. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
    »Ich habe meine Mutter gesehen«, sagte er leise und mit stockendem Atem. »Meine richtige Mutter, die ich nicht kenne.«
    Pierre zuckte zusammen, als hätte ihn eine Wespe gestochen, und blickte seinen Sohn betroffen an.
    »Ich auch, Gus«, sagte Abakum plötzlich. »Ich habe auch meine Mutter gesehen, die ich nicht kenne und auch nie kennenlernen werde. Meine Mutter und meinen Vater. Offenbar wissen diese vermaledeiten Sirenen genau, was sie tun. Sie legen den Finger zielsicher in die Wunde!«
    Pierre ballte hilflos die Fäuste und warf Gus einen verunsicherten Blick zu.
    »Warum?«, murmelte er. »Warum jetzt?«
    »Ich wusste doch selbst nicht, dass ich das in mir habe, Papa«, stammelte Gus verlegen.
    »Aber dafür kannst du doch nichts, Gus!«, rief Oksa. »Du wirst dich doch wohl nicht dafür schämen, dass du dich danach sehnst, die Frau kennenzulernen, die dich auf die Welt gebracht hat! Das ist doch völlig

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