Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
Vom Netzwerk:
einflößend. Der junge Mann war leichenblass, sein Blick wanderte unruhig umher, ohne an irgendetwas Halt zu finden. Als er zufällig in Oksas Richtung schaute, konnte sie in seinen Augen eine tiefe Verzweiflung erkennen. »Mortimer will sich uns anschließen«, hatte Tugdual ihr erzählt. Und den Beweis dafür hatte der junge Mann auch geliefert. Doch dieser qualvolle Blick, den sie jetzt sah, überzeugte sie mehr als alles andere.
    Das konnte keine Täuschung sein.
    »Ich habe dir mein Vertrauen geschenkt«, fuhr Ocious schließlich fort. »Du hattest freie Hand und ausreichend Gelegenheit, mir zu zeigen – uns allen zu zeigen –, dass uns deine Strategien weiter bringen können als meine.«
    Orthon ließ sich nicht im Geringsten verunsichern. Er zuckte nicht mit der Wimper, und sein Gesicht war undurchdringlich.
    »Wir haben fest an dich geglaubt«, fügte Andreas hinzu.
    »Und wegen deiner Fehler habe ich die schlimmste Niederlage meines Lebens einstecken müssen«, zischte Ocious. »Die Aktion Grünmantel sollte deiner Ansicht nach keinerlei Schwierigkeiten bereiten.«
    »Aber es wurde ein Fiasko«, ergänzte Andreas.
    Orthon tat die Bemerkung seines Halbbruders mit einem lässigen Wink ab.
    »Deine Strategie war falsch«, legte Ocious nach.
    »Meine Strategie war einwandfrei«, erwiderte Orthon. »Aber wenn die Männer von Anführern kommandiert werden, die sich mit Kriegführung genauso gut auskennen wie andere hier im Raum mit der Führung eines Landes, dann verwundert es nicht, dass der geringste Zwischenfall in dem Fiasko mündet, von dem mein hoch geschätzter Halbbruder spricht.«
    Andreas senkte den Kopf, was niemandem entging.
    »Darf ich dich daran erinnern, dass du selbst die Operation geleitet hast?«, brüllte Ocious.
    »Sicher«, gab Orthon zu. »Mit einem Unterleutnant, der mir ständig in die Quere gekommen ist und jede meiner Entscheidungen in Zweifel gezogen hat«, fügte er mit einem verächtlichen Blick auf Andreas hinzu.
    Ocious seufzte. Die Falten auf seiner Stirn vertieften sich. Er reckte den Kopf in die Höhe, doch sein Gesicht und seine Körperhaltung verrieten eine große Erschöpfung.
    »Eines ist jedenfalls sicher: Gerade zahlen wir den Preis für all die Fehler, die, von wem auch immer, begangen wurden«, sagte er. »Das muss aufhören. Wir müssen die Situation wieder in den Griff bekommen.«
    »Sie ist uns nie entglitten«, stellte Orthon fest.
    Andreas verdrehte die Augen.
    »Dann verstehe ich nicht, wieso du den Zeitpunkt für einen Angriff ständig hinausschieben willst«, fuhr Ocious fort. »Haben wir nun die Mittel, um die Ägide zu durchbrechen, ja oder nein? Lukas?«
    Der altehrwürdige Mineraloge nickte.
    »Wir haben es ausprobiert«, sagte er. »Das Ergebnis war eindeutig. Die Säure hat ein Loch in die Membran gefressen, und einer unserer Leute konnte sogar in Die-Goldene-Mitte gelangen.«
    Oksas Herz hätte beinahe ausgesetzt. Und wenn das nun Mortimer gewesen war? Wenn er am Ende doch im Auftrag seines Vaters handelte? Der junge Mann hielt den Kopf gesenkt und wirkte noch immer verzweifelt. Die Last seines Verrats schien ihn zu erdrücken – aber war es nun ein Verrat an seinen Angehörigen oder an jenen, die ihn womöglich bald in ihrer Mitte aufnehmen würden?
    »Wir haben das Loch wieder verschlossen, um keinen Verdacht zu erregen und den Überraschungseffekt nutzen zu können«, führte Lukas aus. »Wir wissen jetzt also, dass die Säure wirkt, und wir verfügen inzwischen über die nötige Menge, um den Schutzschild komplett zu zerstören.«
    Oksa stöhnte leise.
    »Das heißt, wir sind bereit!«, rief Ocious. »Morgen greifen wir an.«
    Seine hämische Freude traf Oksa bis ins Mark.
    »Es ist noch zu früh«, wandte Orthon ein.
    Blitzschnell sprang Ocious vom Sofa auf und stellte sich drohend vor den Mann, der ihm noch ein weiteres Mal zu widersprechen wagte.
    »Glaub mir, Vater«, beharrte Orthon. Mit seinen geweiteten Pupillen wirkte er unberechenbarer denn je.
    »Und weshalb sollte es, bitte schön, zu früh sein?«, donnerte Ocious. »Welche außerordentliche Strategie wird dein ach so überlegenes Hirn diesmal ausspucken?«
    Andreas lachte leise, doch Orthon beachtete ihn gar nicht. Er hielt dem Blick seines Vaters unbeirrt stand.
    »Die Öffnung des Tors steht unmittelbar bevor. Es kann sich nur noch um Tage handeln. Es wäre dumm, wenn wir riskierten, zu früh in der Goldenen-Mitte einzutreffen.«
    Verunsichert fuhr sich der alte Meister über den

Weitere Kostenlose Bücher