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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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sich wieder in der Gewalt.
    »Du bist unfähig, Orthon«, versetzte Ocious mit Schärfe. »Das bist du immer gewesen, und das wirst du immer sein.«
    »Und wer beurteilt das, Vater?«, fragte Orthon, und es verdiente schon fast Bewunderung, wie er seine Stimme dabei unter Kontrolle hatte. »Etwa ein Mann, dessen ganzes Leben gescheitert ist? Du hast es nicht einmal geschafft, aus Edefia herauszukommen, während ich, dein erbärmlicher Sohn, im Da-Draußen war und auch wieder dort sein werde. Aber vielleicht verbergen sich hinter deiner Verachtung nur maßlose Eifersucht und gekränkter Stolz? Oder täusche ich mich, Vater?«
    Er sah Ocious herausfordernd an.
    »Und wenn ich dich vielleicht noch daran erinnern darf: Ohne unsere liebe Oksa Pollock wäre Edefia ausgelöscht worden, genau wie das Da-Draußen. Und wer hat diese Zerstörung verursacht? Das warst du, wie mir scheint! Einzig und allein du!«
    Die Ruhe, mit der er sprach, machte ihn unheimlicher denn je. Wenn er diese Unverfrorenheit und Kaltblütigkeit an den Tag legte, war ein Wutausbruch nicht fern. Das wusste Oksa nur zu gut, sie hatte es mehrmals miterlebt.
    An Kaltblütigkeit mangelte es Ocious allerdings auch nicht. Anstelle einer Antwort hielt er dem Blick seines Sohns stand, ohne auch nur den Hauch eines Gefühls preiszugeben. Nur ein abfälliger Zug spielte um seinen Mund.
    »Das muss man sich mal vorstellen«, fuhr Orthon gehässig fort, »so eine Göre hat deine Fehler wiedergutgemacht! Und ausgerechnet du willst mir sagen, ich wäre unfähig?«
    Er lachte, doch alle spürten den Groll und den Schmerz, die sich hinter diesem Lachen verbargen.
    »Du bist es, der gescheitert ist, Vater. Von Anfang an.«
    »Gescheitert bin ich nur mit dir«, erwiderte Ocious.
    Die Worte hallten wie ein Schuss durch den Saal. Doch anstatt Orthon zu brechen, fegten sie nur seine letzten Skrupel hinweg, seinen letzten Rest Menschlichkeit.
    Ein kräftiger Blitz zuckte aus seiner Hand und traf den alten Meister in die Brust. Ocious wurde wie eine Kanonenkugel an die Wand des Saals geschleudert. Blaue und silberne Mosaiksteinchen fielen herab, so heftig war der Aufprall. Auf Ocious’ Tunika zeichnete sich dort, wo ihn der Blitz versengt hatte, ein großer schwarzer Kreis ab. Aus einer Wunde am Kopf floss Blut, das umso röter wirkte, als sein Gesicht kreideweiß geworden war. Mit weit aufgerissenen Augen fixierte er Orthon, der ihn aus der Ferne, mit der Energie, die ihm aus den Fingern strömte, in der Luft hielt. Mit ausgestrecktem Arm stand er da und tilgte Jahre angesammelten Grolls, und die wahnwitzige Energie, die dabei freigesetzt wurde, konnte gar nicht anders, als in Zerstörung zu münden.
    Zwischen Ocious’ bläulichen Lippen drang ein Röcheln hervor. Alle starrten entsetzt auf Orthons Finger, die zu Adlerkrallen verkrümmt waren und aus der Distanz den Hals seines Vaters umklammerten.
    Als Andreas begriff, was geschah, stürzte er sich mit einem Wutschrei auf seinen Halbbruder. Doch nichts und niemand konnte Orthon zurückhalten, sein Rachedurst machte ihn unbesiegbar. Mit dem freien Arm verpasste er seinem verhassten Bruder einen Knock-Bong, der diesen gegen die Säule schleuderte, hinter der sich Oksa verbarg. Das Mädchen schrie auf. Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Direkt vor ihr lag Andreas bewusstlos auf dem Boden. Seine sonst so sorgfältig gekämmten Haare verdeckten eine Hälfte seines bleichen Gesichts. Seine Augen waren halb geschlossen, und sein linker Arm war grotesk verdreht.
    Keiner der anderen wagte sich zu rühren. Gregor und Mortimer beobachteten wie gebannt ihren Vater, der eine voller Bewunderung, der andere voller Entsetzen. Dem Ersticken nahe, flehte der alte Meister seine Anhänger mit Blicken um Hilfe an. Vergeblich. Dann ging Orthon zu seinem Vater.
    »Ist dir bewusst, dass du selbst die Schuld an deinem Sturz trägst?«, fragte er ihn kalt.
    Er spreizte die Finger ein klein wenig, sodass sich der Klammergriff um den Hals des alten Mannes lockerte.
    Oksa war ihnen so nahe, dass sie jedes Wort verstehen konnte.
    »Warum … bist du … zurückgekommen?«, fragte Ocious röchelnd. »Du hättest … der Herrscher von … Da-Draußen sein können.«
    Orthon riss, sichtlich erschüttert über diese Worte, die Augen auf.
    »Verachtest du mich deshalb so sehr?«, fragte er flüsternd.
    Ocious war zu schwach, um zu antworten. Er schloss die Augen, und als er sie wieder öffnete, lag darin nur noch Erschöpfung.
    »Deine

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