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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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würde er ihn unschädlich machen. Das schwor er sich.
    In der Zwischenzeit drängten sich die ersten Vertikalierer und Fußgänger am Rand des Schutzschilds. Als dann etwa fünfzig Treubrüchige über ihn hinwegflogen, um vor aller Augen zur Neuen Huldvollen überzulaufen, stürzte Orthon sich mit einem teuflischen Grinsen auf den Letzten in der Gruppe.
    Oksa stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete den Schutzschild über der Goldenen-Mitte. Er war beinahe durchsichtig und schien aus einer dünnen Wasserschicht zu bestehen, die die Sicht auf die Stadt leicht verzerrte. Die Menschenmenge, die sie begleitete, hatte sich offenbar stillschweigend geeinigt, dass sie, die Neue Huldvolle, als Erste hindurchgehen sollte. Oksa hielt die Luft an, streckte vorsichtig die Hand aus und berührte die merkwürdige Schicht mit den Fingerspitzen. Nichts passierte. Verwirrt blickte sie sich nach ihrem Vater um. Pavel runzelte die Stirn. Plötzlich vibrierte der Schutzschirm: Zwei massige Gestalten näherten sich dem Schild von innen. Ein Schaudern ging durch die Reihen. Manche der Ältesten hatten sie sofort erkannt, weil sie viele Jahre zuvor zur Singenden Quelle eingeladen oder aber dort barsch abgewiesen worden waren. Für alle anderen waren die Corpusleox eine Legende geblieben. Mit den majestätischen Bewegungen, die großen Raubtieren eigen sind, traten die Wesen mit dem Löwenkörper und dem Frauenkopf ganz dicht an den Schutzschild heran und verbeugten sich vor Oksa.
    »Junge Huldvolle. Es ist uns eine große Ehre, Euch wiederzusehen und Euch zu dienen«, sagten sie im Chor.
    Ihre Worte hallten so laut wider, dass alle Anwesenden sie verstehen konnten.
    »Wie wunderbar, euch hier wiederzusehen«, stammelte Oksa und fügte mit einem Blick auf den Schutzschild hinzu: »Vielen Dank für alles, was ihr getan habt.«
    Die Corpusleox richteten sich zu ihrer vollen Größe auf und schüttelten die langen Haare.
    »Wir haben Eure Ankunft nicht allein vorbereitet.«
    Hinter ihnen schimmerte sanft der Lichthof, der die Alterslosen Feen umgab. Dann löste sich die Gestalt eines Menschen aus dem Halbdunkel.
    »Abakum!«, rief Oksa.
    Ohne zu überlegen, stürzte sie ihm entgegen. Da traten die Corpusleox zur Seite, und eine winzige Öffnung entstand in dem Schutzschild, sodass Oksa sich in Abakums Arme werfen konnte. Dragomiras Beschützer war jetzt ihr Beschützer geworden.
    »Wusste ich es doch, dass du irgendetwas Großartiges austüfteln würdest!«, rief sie strahlend.
    Abakum legte die Hände auf Oksas Schultern und sah sie an. In seinen grünen Augen spiegelte sich seine große Freude über dieses besondere Wiedersehen.
    »Dieser Schutzschild ist die sogenannte Ägide. Sie wird uns eine kleine Verschnaufpause verschaffen«, sagte er mit einer weit ausholenden Geste.
    »Das ist wirklich genial! Und hast du gesehen?«, fragte Oksa und zeigte auf die Menschenmenge auf der anderen Seite des Schildes. »Ich bin nicht allein gekommen!«
    Die Miene des alten Mannes trübte sich etwas.
    »Wir müssen weiterhin sehr vorsichtig sein, meine Kleine. Deine Anhänger würden dir in den Tod folgen, das haben sie bereits bewiesen, und das werden sie auch wieder beweisen müssen, denn es ist noch nicht vorbei. Wir haben einen großen Sieg errungen, doch Ocious und die Seinen sind keineswegs geschlagen. Unter denen, die heute an deiner Seite sind, verstecken sich Männer und Frauen im Dienst der Treubrüchigen. Wir dürfen kein Risiko eingehen.«
    »Wie sollen wir sie erkennen?«
    Abakum lächelte geheimnisvoll.
    »Es gibt da ein unfehlbares Mittel …«
    »Ich weiß, an wen du denkst!«, unterbrach ihn Oksa aufgeregt.
    Die Worte ihres Großonkels Leomido hatten sich ihr eingeprägt. »Dieses kleine Geschöpf hat eine hochinteressante Funktion«, hatte er ihr gesagt. »Es deckt die Wahrheit auf, denn es sieht mehr als nur die äußere Erscheinung. In Edefia diente es als Lügendetektor.«
    »Sie täuschen sich niemals«, bestätigte Abakum ihre Gedanken.
    Da wandte sich Oksa nach außen und rief: »Sensibyllen? Wo seid ihr? Kommt her!«
    Vier kleine Hühner lösten sich aus der Menge und drangen durch den Schild, ohne auf irgendeinen Widerstand zu stoßen. Oksa schmunzelte im Stillen, als sie sie so sah: in die Wollpullover gehüllt, die ihnen Abakum höchstpersönlich gestrickt hatte, und zappelig vor Ungeduld. Sie wirkten frischer denn je.
    »Junge Huldvolle«, piepste eine von ihnen, »bei diesem vielen Regen ist die Luftfeuchtigkeit

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