Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
Vom Netzwerk:
für die Gerechtigkeit. Sie war Oksa aufgefallen, weil sie eine feste und unbezwingbare Entschlossenheit ausstrahlte.
    »Vielen Dank, Huldvolle Oksa«, sagte sie mit einer Stimme, der die lange Stummheit immer noch anzuhören war. »Ihr könnt auf mich zählen.«
    »Ich weiß«, erwiderte Oksa freundlich. »Und nun kommen wir zum sechsten hohen Amt, dem der Verteilung des Reichtums, ein Zuständigkeitsgebiet, das meine Vorfahrin, die Huldvolle Edith, eingeführt hat. Ich glaube, es ist wichtig, darauf zu achten, dass auch auf dieser Ebene Gleichgewicht herrscht. Cockerell war, wie ihr alle wisst, vor dem Großen Chaos der Schatzmeister der Huldvollen. Das Verteilen der Reichtümer geht ihm sicher leicht von der Hand, denn er hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.«
    Dann blickte sie zu einer Frau mit wilden roten Locken und unzähligen Sommersprossen.
    »Viele haben mir versichert, dass Sie ebenfalls eine gute Verteilerin wären, Mystia. Ich würde mich freuen, wenn Sie an der Seite von Cockerell arbeiten.«
    Die Frau antwortete mit einem strahlenden Lächeln und ließ sich an dem Tisch nieder, an dem bereits die anderen Mitglieder des Pompaments saßen.
    »Und nun zum letzten hohen Amt, dem der Einweihungen, für das Pierre und Olenka zuständig sein werden. Olenka hat mehreren Generationen der Von-Drinnen alles über Arzneimittel beigebracht, sie war eine sehr gute Pädagogin, genau wie Pierre. Ich werde nie vergessen, dass er es war – Entschuldigung, Papa! –, der mir das Fahrradfahren beigebracht hat.«
    Pavel schmunzelte.
    »Und was die Granuk-Spucks angeht«, setzte Oksa mit roten Wangen fort, »so finde ich es wichtig, dass jeder sein eigenes zurückbekommt. Ein Von-Drinnen ohne Granuk-Spuck ist doch kein echter Von-Drinnen, oder?«
    Diese Ankündigung überrumpelte die Versammelten völlig. Hier und da klatschte jemand zögerlich. Als dann Leomidos Plemplems, beladen mit großen versiegelten Truhen, hereinwankten, brach tosender Applaus aus. Oksa erhob sich, und sofort kehrte wieder Ruhe ein.
    »In einem geheimen Raum im sechsten Untergeschoss der Säule wurden zweihundert solcher Kisten gelagert. Darin befinden sich Tausende von Granuk-Spucks, die euch bei der Großen Konfiszierung abgenommen wurden, sowie ein enormer Vorrat an Granuks. Ich schlage vor, unseren Dienern für die Verteilung des Reichtums die Aufgabe zu überlassen, jedem sein Eigentum zurückzuerstatten. Anschließend wollen wir uns alle zusammen an die Arbeit machen. Edefia braucht uns!«
    Da tauchten zwei Getorixe mit je einem Tontopf in der Hand auf. Sie gebärdeten sich wie kleine Teufelchen, und nur wie durch ein Wunder gelangten die Töpfe heil ans Ziel: zur Jungen Huldvollen, die sie überrascht betrachtete. Sie warf ihrem Vater einen fragenden Blick zu, und als sie die Geste sah, mit der er ihr antwortete, wusste sie Bescheid. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, steckte sie die Hände in die Tontöpfe, und kurz darauf sah man zwei zarte grüne Triebe aus der Erde wachsen. Schon bald ragten Stiele auf, an deren Ende jeweils eine Blume aufblühte, der Oksa schon einmal begegnet war – eine Inflammia mit glühenden Blütenblättern. Mitten aus den Blüten stoben winzige Funken, die auf ihrer Haut kitzelten, und die Stiele wiegten sich hin und her. Dann schossen die Pflanzen plötzlich noch einmal mit Macht in die Höhe. Als sie drei Meter hoch waren, ließen sie ihrer Freude freien Lauf und versprühten ein spektakuläres Feuerwerk. Seine Schönheit ließ sich nur mit der Leidenschaft vergleichen, die Oksa soeben in den Herzen aller Anwesenden entfacht hatte.

Das Flüchtige Geheimnis
    V
on ihrem Balkon aus beobachtete Oksa, wie die ersten Granuk-Spucks zusammen mit einer Vielzahl von Granuks an ihre Besitzer zurückgegeben wurden. Die Menschen waren ganz außer sich vor Freude, und niemand ließ es sich nehmen, den Blick zur Spitze der Gläsernen Säule zu richten, wo die Neue Huldvolle stand. Schließlich wurde Oksa von einer maßlosen Erschöpfung ergriffen, und sie zog sich in ihre Gemächer zurück.
    Dort versuchte sie sich zu entspannen. Mit abwesendem Blick streichelte sie ihren Plemplem und dachte daran, was heute alles geschehen war. Der Tag war lang gewesen. Intensiv. Außergewöhnlich. Und vor allem sehr anstrengend.
    Kurz zuvor hatte sie sich in dem Spiegel gesehen, der die ganze Breite einer Wand einnahm. Sie war nur zögernd näher getreten, denn sie hatte sich lange nicht mehr betrachtet. Ihr Gesicht war sehr

Weitere Kostenlose Bücher