Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)
die Entschlossenheit aller erforderlich. Dabei wisst ihr genauso gut wie ich, dass wir unter besonderen Umständen leben und dass es nicht so einfach sein wird, zu Harmonie und Frieden zurückzufinden. Einige in Edefia werden alles daransetzen, dies zu verhindern. Darum möchte ich den Rat der Erfahrensten unter uns nutzen und die Lehren, die man aus der Vergangenheit ziehen kann, beherzigen. Ich halte es für sinnvoll, das Pompament in sieben hohe Ämter einzuteilen.«
Sie hielt inne, erstaunt über den ernsten Ton, den sie angeschlagen hatte. Von der impulsiven jungen Schülerin, die sie einmal gewesen war, war nicht mehr viel übrig. Das dachten Zoé und Tugdual offenbar auch, jedenfalls ihren bewundernden Blicken nach zu urteilen.
»Ich kenne euch leider noch nicht alle«, fuhr Oksa fort. »Doch ohne Vertrauen und Solidarität kommen wir nicht weit. Und so will ich jeweils zwei Diener als Zuständige für jedes hohe Amt ernennen: einen Rette-sich-wer-kann und einen Von-Drinnen, um die besten Ideen der beiden Welten miteinander zu vereinen. Diese beiden sollen sich dann geeignete Personen suchen, mit denen sie gut zusammenarbeiten können.«
Die Zuhörer nickten bekräftigend.
»Ich werde euch jetzt die sieben hohen Ämter und die dafür zuständigen Diener vorstellen und meine Wahl begründen«, fuhr Oksa fort, und nun klang ihre Stimme doch ein bisschen aufgeregt. »Zuallererst gibt es das hohe Amt für den Wiederaufbau, dem Olof und Emica vorstehen werden. Olof ist der Sohn von Naftali und Brune Knut. In unserer Welt war er Architekt, und seine Erfahrung könnte von großem Nutzen sein, um die Städte wiederaufzubauen – und das mithilfe von Emica, die, wie ich gehört habe, eine der besten Schreinerinnen Edefias ist.«
Als sie diese beiden Namen hörten, flogen die Pizzikins fröhlich zwitschernd los und setzten sich den genannten Personen auf die Schultern. Olof, ganz das Ebenbild seines beeindruckenden Vaters, erhob sich und wartete auf Emica, eine wunderschöne Frau mit kurzem Haar, deren Gesicht die Sanftmut eines Engels ausstrahlte. Beide gingen zu Oksa und verbeugten sich vor ihr.
»Oh, es ist mir so was von peinlich, wenn sie das tun«, dachte Oksa bei sich. Dann erhob sie wieder die Stimme.
»Das hohe Amt für den Schutz der Wasserressourcen soll von Brune und Achilles angeführt werden. Wie mir scheint, liegt euch dieses Thema ganz besonders am Herzen«, sagte Oksa mit einem Lächeln.
Die beiden neuen Diener, begleitet von den winzigen, übereifrigen Vögeln, stimmten ihr hocherfreut zu.
»Tin, ein Freund von Abakum, wird sich zusammen mit Jeanne dem hohen Amt der Grundlegenden Güter widmen. Dieses Gebiet umfasst alles, was den vernünftigen Umgang mit den Gütern betrifft, die wir zum Überleben brauchen«, erklärte Oksa.
Sie zögerte einen Augenblick, ehe sie mit einem leichten Zittern in der Stimme fortfuhr: »Meine Eltern führten im Da-Draußen ein Restaurant, zusammen mit Jeanne und Pierre Bellanger, und Jeanne war die Voraussicht in Person. Dank ihr fehlte es nie an etwas. Niemals.«
Das madonnenhafte Gesicht von Gus’ Adoptivmutter strahlte vor Dankbarkeit.
»Das vierte hohe Amt umfasst die Granukologie, die Arzneimittel und die Schutzvorkehrungen. Sven und Naftali sollen die dafür zuständigen Diener sein. Naftali wegen seiner großen Wachsamkeit unseren Feinden gegenüber und Sven wegen seines umfassenden Wissens über Pflanzen und Mineralien. Sie waren ein Schüler von Mirandol, wie Abakum, nicht wahr?«, fragte Oksa, die sich dem alten Mann mit den langen weißen Zöpfen zugewandt hatte.
»Abakum ist und bleibt der Beste unter uns«, antwortete dieser, »und ich hoffe, dass Ihr mir erlauben werdet, mir seinen guten Rat und seine langjährigen Forschungen im Da-Draußen zunutze zu machen.«
Oksa lächelte. Der Feenmann war wirklich bei allen beliebt und geachtet.
»Sascha und Bodkin werden das hohe Amt der Redlichkeit übernehmen. Bodkin ist ein Rette-sich-wer-kann von großer Weisheit, und ich weiß, dass Sascha ihr Leben lang gegen das Unrecht gekämpft und dafür ihre Freiheit geopfert hat.«
Bodkin, der Rette-sich-wer-kann, der wie ein englischer Dandy aussah, bot einer etwa vierzigjährigen Frau galant den Arm. Sie hatte einen erstaunlich klaren Blick, der von ihrem zu einem strengen Dutt hochgesteckten Haar noch betont wurde. Sascha war eine der Geknebelten, die sie vor zwei Tagen befreit hatten. Es hieß, sie sei eine prinzipientreue Frau, eine große Kämpferin
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