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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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Vorbereitung war das Wichtigste bei der Durchführung eines Projekts. Alle Eventualitäten von vorneherein bedenken. Alle möglichen Fehler dadurch vermeiden. Auf seine Vorbereitungen war er immer stolz gewesen. Er kannte die Lodge mittlerweile besser als der Geschäftsführer, vermutete er.
    Die Lage sämtlicher Ein- und Ausgänge. Die Fallschächte für die dreckige Wäsche. Die beiden Treppenhäuser. Die Brandschutztüren. Die Notausgänge. Die Dienstzeiten der Angestellten. Die Wege der Zimmermädchen. Die Routen der Putzfrauen. Die Namen und Zimmernummern der Gäste.
    In seinem Sortiment hatte er auch den passenden Schlagschlüssel für das Schließsystem gefunden. Seitdem konnte er sich in der ganzen Anlage frei bewegen. Zu jeder Zeit.
    In etwa zweieinhalb Stunden würde seine Zielperson hier eintreffen. Als Mitglied einer Touristengruppe, die auf Safari war.
    Sein Projektplan sah vor, dass die Zielperson nach der Ankunft auf ihr Zimmer gehen würde. Er würde das Zimmer kurze Zeit später betreten und seine Waffe ziehen. Die Zielperson würde bei der Rezeption anrufen und das Abendessen aufs Zimmer bestellen. Sie würde am Telefon sagen, dass sie sehr müde sei und nicht gestört werden wollte. Sie würde die Tür öffnen und das Abendessen in Empfang nehmen. Sie würde sich bedanken und Trinkgeld geben.
    Dann würde er der Zielperson in den Kopf schießen. Drei Mal. Aus nächster Nähe. Kleines Kaliber, kaum Blut. Er trug eine schallgedämpfte .22er SIG Sauer Moskito in seinem Gürtelholster.
    Am nächsten Morgen wäre die Zielperson mitsamt ihrem Gepäck verschwunden. Bargeld in Höhe der Hotelrechnung würde im Zimmer der Zielperson gefunden werden.
    Überraschend abgereist, offensichtlich.
    Er selbst würde, wie vor einem halben Jahr gebucht, zwei Tage später das Hotel verlassen.
    Slaceks Gedanken gingen acht Monate zurück. Nach Wien. In eine Suite des Hotels »Imperial«. Zuerst war er beunruhigt gewesen, als ihm sein alter Freund das Foto der Zielperson präsentiert hatte. Die Aufnahme zeigte das Gesicht des Mannes, der ihm in diesem Moment gegenübersaß. Für einen Moment hatte er sich gefragt, ob sein alter Ausbilder, sein Lehrer, sein Mentor vielleicht lebensmüde geworden war und ihn um einen Gnadendienst bat.
    Aber dann war ihm die alte Geschichte wieder eingefallen, die angeblich – lange vor Slaceks eigener Ausbildung in Kaliningrad – dort geschehen war. Er hatte von der Geschichte nur in Form vager Gerüchte gehört. Und er hatte diesen Gerüchten nie Glauben geschenkt. Seit acht Monaten war ihm jedoch klar: Die Geschichte war tatsächlich passiert.
    Wie lange mochte das zurückliegen?
    Dreißig Jahre?
    *
    Meierinho überprüfte ein letztes Mal die Messergebnisse der Senderstärken. Dabei nickte er mehrfach mit dem Kopf. Dann sah er den BKA-Mann namens Müller an. »Wir sind jetzt in der Lage, das Signal der Täter zu überlagern.«
    Kapitän zur See Wolfgang Härter stand vor einer Wand von sechzehn Monitoren, die Bilder der Überwachungskameras zeigten. »Sehr beeindruckend.« Er nickte knapp, ohne den Blick von den Schirmen abzuwenden. »Sie haben das Bildsignal der Täter geknackt.«
    »Wie gefällt Ihnen unser Material?«, fragte Stefan Meier mit übertriebener Freundlichkeit.
    »Der Schnitt der Videoschleife überzeugt mich. Die ausgewählten Bilder zeigen keine Ereignisse, die einen markanten Erinnerungswert hätten.«
    »Irgendwann werden die Täter trotzdem merken, dass sie an der Nase herumgeführt werden. Nach einer halben Stunde beginnt unser Material von vorn. Auch wenn wir versucht haben, es unauffällig zu halten, irgendwann fallen einem die Wiederholungen auf. Außerdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Täter in ihrem Signal nicht noch einen zweiten Code eingelagert haben, den wir nicht gefunden haben. Einen Zeitstempel beispielsweise. Dann merken sie es sofort.«
    »Jetzt malen Sie mal nicht den Teufel an die Wand, Herr Meier. Das wird klappen. Die Polizei geht davon aus, dass die Zelte innerhalb von dreißig Minuten evakuiert werden können. Die Kampfmittelbeseitiger des KSK und des LKA werden unverzüglich versuchen, ins Benediktiner-Zelt zu gelangen, um die Geiseln herauszuholen. Mir ist klar, dass wir ein Risiko eingehen, trotzdem müssen wir es versuchen. Aktivieren Sie die Wiedergabe.« Seine Stimme duldete keinen Widerspruch.
    Meierinho zuckte mit den Achseln. »Wir sollten aber mit der Evakuierung erst fünf Minuten nach der Einspielung beginnen. Wir sollten

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