Oktoberfest
Kampfanzüge.
Kevlar-Helme.
Sturmhauben.
»Sie sehen hier Aufnahmen der Bundeswehr. Die Täter haben das Zelt verlassen und sich zum Busparkplatz begeben, wo der Hubschrauber wartete.« Der Film ließ erkennen, dass die Männer diszipliniert und koordiniert vorgingen. Ihre Bewegungen erinnerten an einen Walzer. Niemals war auch nur eines der Teams ungedeckt.
Rundumsicherung.
»Die Täter haben eine weitere Geisel genommen. Angaben zur Person finden Sie in Ihren Unterlagen.«
Auf der Leinwand wurde ein weiterer Trupp sichtbar, der im Laufschritt aus dem Zelt stürmte. Der Mann in der Mitte dieses Trupps trug einen Menschen über seiner linken Schulter.
Eine Frau.
Eine Frau in einem knielangen Rock, der man die Hände auf dem Rücken zusammengebunden hatte. Ihr Kopf war von einem Sack aus schwarzem Stoff verhüllt.
Während der Film weiterlief, fuhr der Minister mit seiner Zusammenfassung fort. »Sie sind mit dem Hubschrauber zum Flughafen geflogen, wo sie in ihr Flugzeug umgestiegen sind, das kurz zuvor dort gelandet war. Den Startplatz des Hubschraubers haben wir inzwischen lokalisiert. Es handelt sich um eine einzelne Halle, deren Ausmaße …« Der Verteidigungsminister holte tief Luft. »… ausgesprochen deutlich an ein Bierzelt erinnern. Aber wir kommen dort momentan nicht weiter. Das ganze Gelände ist mit Sprengfallen gespickt. Einige Spezialisten des KSK und der Gebirgspioniere sowie Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes sind bereits vor Ort. Zusätzlich habe ich nach Rücksprache mit dem Streitkräfteunterstützungskommando angeordnet, dass die Kampfmittelbeseitigungskompanie 21 aus Stetten am Kalten Markt unverzüglich nach München in Marsch gesetzt wird. Aber bis wir in der Halle sind, das kann dauern. Zudem wissen wir nicht, ob dort nicht ein Zeitzünder rückwärts zählt und uns das ganze Gebäude jeden Moment um die Ohren fliegt.«
Er sah mit gequältem Gesichtsausdruck in die Runde. Dann sprach er weiter. »Die Täter haben ihre Flucht auf eine technisch sehr ausgeklügelte Art und Weise abgesichert. Das Flugzeug, mit dem die Täter jetzt unterwegs sind, verfügt über eine ungewöhnlich leistungsstarke Funkanlage. Diese sendet ein ständiges Signal an einen Empfänger, der sich im Benediktiner-Zelt befindet. Nach eigenen Angaben können die Täter durch dieses Signal jederzeit in einem Zelt ihrer Wahl Giftgas freisetzen. Die Täter haben das Benediktiner-Zelt vermint. Und nach ihren Angaben befindet sich in dem Zelt ausreichend Sprengstoff, um alle Insassen zu töten. Ungefähr fünftausend Geiseln und der Bundespräsident halten sich nach wie vor in dem Zelt auf.«
Der Verteidigungsminister stockte kurz.
»Dort, im Benediktiner-Zelt, ist ebenfalls ein starker Sender in Betrieb, der wiederum an Bord des Flugzeugs zu empfangen ist. Die Bilder, die von diesem Sender übermittelt werden, garantieren den Tätern volle Videokontrolle über alle Vorgänge auf der Theresienwiese. Wir vermuten, dass auch die Daten der Radaranlage an das Flugzeug weitergeleitet werden. Das bedeutet, dass wir im Moment eine Pattsituation haben.«
Der Verteidigungsminister sah den Herren am Tisch in die Augen. »Wir können weder mit der Evakuierung der Geiseln beginnen, noch können wir gegen das Flugzeug der Täter vorgehen. Uns sind die Hände gebunden. Ein direkter Angriff auf dieses Flugzeug ist keine Option. Eine Unterbrechung der Funkverbindung durch einen Störsender auch nicht. Beides hätte die sofortige Freisetzung von Giftgas in allen Zelten zur Folge. Und die anschließende Sprengung des Benediktiner-Zeltes. Aber …«
Der Minister hob die Stimme ein wenig. Die Karte mit dem roten Kreis um München wurde wieder auf der Leinwand sichtbar.
»Diese Situation ist nur von begrenzter Dauer. Die Reichweite einer Yakovlev Yak-42D beträgt maximal fünftausend Kilometer. Bei einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von siebenhundert Stundenkilometern ergibt das ein Zeitfenster von sieben Stunden. Das bedeutet, diese Frist endet noch vor Mitternacht. Spätestens dann müssen die Täter landen und auftanken. Mit jeder Minute in der Luft wird ihr Aktionsradius kleiner. Die gesamte Luftraumüberwachung der NATO ist im Einsatz. Die Täter können uns nicht entkommen. Wir sehen sie. Sie können so tief fliegen, wie sie wollen, die Augen der AWACS finden sie.«
Der Verteidigungsminister brach ab. Sein Blick suchte den des Regierungschefs.
Der Bundeskanzler nickte zuerst ihm und dann den anderen
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