Oktoberfest
Eine Ordonanz kam herein. Der Stabsbootsmann legte dem Befehlshaber der Flotte ein Papier auf den Tisch und verließ das Dienstzimmer wortlos. Vizeadmiral Lars Akker überflog das Dokument.
»Die Autorisierung durch den Kanzler liegt vor«, bestätigte er dann. »Ich werde die entsprechenden Befehle an das Geschwaderkommando weiterleiten. Sie können sich ab jetzt direkt mit Thomsen in Verbindung setzen.«
»Verstanden, Herr Admiral. Vielen Dank.« Der Kapitän hielt kurz inne. »Ach, eine Frage noch«, fuhr er dann fort. »Welches Schiff kommandiert Thomsen gegenwärtig?«
»F 217«, antwortete der Befehlshaber der Flotte. »Die Fregatte ›Bayern‹.«
»Die ›Bayern‹? Wie passend!«
*
Oberst a.D. Okidadse fand den alten VW Polo genau dort, wo er ihn vor drei Wochen abgestellt hatte. Mit der Gepäckbombe im Kofferraum fuhr er vierzig Kilometer nach Marseille. Peinlich genau hielt er sich an die Geschwindigkeitsbeschränkungen. Ohne Zwischenfälle erreichte er seine Wohnung in der französischen Hafenstadt.
Okidadse mixte sich einen starken Wodka Tonic. Mit dem Glas in der Hand ließ er sich seufzend in einen Sessel im Wohnzimmer fallen. Vor seinem inneren Auge zogen die letzten vier Tage vorbei. Sie hatten die Operation »Freibier« tatsächlich durchgeführt.
Vor siebzehn Monaten war Blochin zu ihm gekommen. Erzählte ihm von der besonderen Situation in München. Umriss die Möglichkeiten, die sich aus dieser besonderen Situation für sie ergaben. Schilderte den Plan in groben Zügen. Bat ihn, die technischen Einzelheiten auszuarbeiten.
Er hatte sämtliche technischen Probleme eins nach dem anderen aus dem Weg geräumt. Und die Arbeit hatte sich gelohnt: Er war reich.
Jetzt lag ein ruhiges Leben vor ihm. Aber untätig wollte er nicht sein. Er würde ein kleines Geschäft eröffnen, spezialisiert auf Rundfunk-, Kommunikations- und Sicherheitstechnik.
Und es dauerte nur kurze Zeit, bis sich in Marseille herumsprach, welche außerordentliche Fähigkeiten der Besitzer des kleinen Geschäfts hatte.
*
»Wir sind hier fertig. Vielen Dank für Ihre Mitarbeit.« Der BKA-Mann namens Müller sah Stefan Meier in die Augen und schüttelte ihm die Hand. Ein fester und langer Händedruck.
»Nichts zu danken. Es war eine große Herausforderung für mich, diesen Schweinehunden ins Handwerk zu pfuschen«, antwortete er.
Herr Müller ließ seine Hand los.
»Und jetzt?«, fragte Meierinho etwas ratlos.
»Jetzt gehen Sie erst mal nach Hause. Erholen Sie sich. Ich schätze mal, Sie werden gut schlafen. Sie hören in den nächsten Tagen von den Bundesbehörden. Ich werde Sie in meinem Bericht ausführlich erwähnen. Ich werde Sie für einen Orden vorschlagen, Herr Meier.«
»Und Sie?«, hakte Stefan Meier nach. »Werde ich Sie wiedersehen?«
»Ich? Ich habe noch ein wenig zu tun. Sie wissen doch, Herr Meier, die Schleimspur.« Herr Müller zwinkerte ihm zu. »Ob wir uns wiedersehen, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber in Kenntnis Ihrer Fertigkeiten halte ich es durchaus für möglich, dass ich Ihren fachmännischen Rat ein weiteres Mal brauchen werde.«
Meierinho fasste sich ein Herz. »Das war der spannendste Job, den ich jemals hatte. Wenn Sie mich brauchen, ich helfe gerne.« Er zögerte. »Ich glaube nämlich, Sie arbeiten gar nicht für das Bundeskriminalamt. Ich glaube, Sie arbeiten für eine andere Behörde.«
Der BKA-Mann namens Müller sah ihn verschwörerisch an. »Sie haben recht, Herr Meier.«
»Für welche Behörde arbeiten Sie in Wirklichkeit?«, fragte ihn Stefan Meier, unbewusst flüsternd.
Der BKA-Mann namens Müller senkte ebenfalls die Stimme, als er antwortete: »Für die Stadtreinigung. Als Kammerjäger. Aber sagen Sie es nicht weiter.«
Mit diesen Worten verließ Herr Müller das kleine Büro in der Wiesn-Wache.
Stefan Meier schüttelte verdutzt den Kopf, während er seine Jacke anzog.
Ja, er würde irgendwann schlafen gehen. Aber noch nicht jetzt. Er war viel zu aufgeregt. Er würde sich noch ein Bierchen in seiner Stammkneipe genehmigen. Oder auch fünf. Die hatte er sich redlich verdient.
Nur schade, dass er niemandem von seinen Erlebnissen erzählen durfte.
*
Brigadegeneral Xaver Moisadl war in die OPZ »Schäfflertanz« im Rathaus zurückgekehrt. Auf Oberst Buchwieser machte sein Vorgesetzter den Eindruck, als hätten die letzten Tage Moisadl nichts ausgemacht. Er wirkte frisch und entschlossen.
»Das war’s, Buchwieser. Wir können zusammenpacken. Abmarsch. Der Spuk ist
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