Oktoberfest
sagen?«
»Das ist glücklicherweise nicht unser Problem.« Der BKA-Mann namens Müller schlug Kroneder auf die Schulter. »Jetzt machen Sie mal nicht so ein Gesicht, Herr Kollege. Ihren professionellen Pessimismus in Ehren, aber die Sache ist vorbei.« Auf Härters Gesicht deutete sich ein Lächeln an. »Die Messe ist gelesen, wie man in Bayern wohl sagen würde.«
Der Ausspruch ließ Kroneder wieder an seinen toten Freund Thomas Aschner denken. Bitterkeit stieg in ihm auf. Nur langsam fand sich sein Gehirn bereit, anzuerkennen, dass keine Gefahr mehr bestand. Weder für die Geiseln noch für seine Männer oder die anderen Einsatzkräfte. Er nickte seinem Gegenüber langsam zu. Dann kletterte er wieder auf den Panzerwagen.
Der BKA-Mann namens Müller wandte sich zum Gehen.
Alois Kroneder sah, dass die Türen des Benediktiner-Zeltes weit offen standen. Bereits mehrere hundert Menschen hatten das Zelt verlassen. Zwischen den befreiten Geiseln konnte er Soldaten ausmachen. Polizeibeamte und Sanitäter waren bei der Arbeit. Auch hier: eine Evakuierungsoperation wie aus dem Lehrbuch.
Alois Kroneder kniff die Augen zusammen. Was war das? Einige der Menschen benahmen sich merkwürdig. Sie formierten sich zu Kreisen und hüpften. Was sollte das nun wieder?
Schließlich begriff er. Die Menschen tanzten. Das waren Freudentänze. Erneut hörte er Lachen, diesmal lauter, ausgelassener. Ein ganz besonderes Lachen: erlösendes Lachen, das sich bald zu Jubelrufen steigerte. Unbeabsichtigt hoben sich seine Mundwinkel ebenfalls.
Langsam machte sich auch bei Alois Kroneder Entspannung breit.
Der Wahnsinn war wohl tatsächlich zu Ende.
*
Härter ging in das zur Kommunikationszentrale umgebaute Büro in der Wiesn-Wache. Er brauchte eines der Terminals. Er wollte wissen, wie weit die Analyse der Flugroute gediehen war. Hatten sie bereits Landezonen identifizieren können?
Als er den Raum betrat, sah ihn Stefan Meier mit weit aufgerissenen Augen an. »Können Sie hellsehen, Herr Müller?«
Härter schüttelte kurz, aber energisch den Kopf. »Nein, wie kommen Sie darauf?«
»Ich wollte Ihnen gerade eine Nachricht schicken. Wir haben das Mobiltelefon der Geisel geortet.«
Jetzt war es Härter, der die Augen aufriss. »Wann? Und wo befindet sich die Geisel?«
»Vor fünf Minuten hat sich ihre SIM-Karte bei ihrem Netzbetreiber registriert. Ich habe das Telefon sofort für eingehende Anrufe gesperrt. Die IMEI-Nummer des Telefons kennen wir nicht. Zumindest haben die mir zugänglichen Datensätze nichts ausgespuckt. Wahrscheinlich ein Telefon, das als Prepaid verkauft wurde, bevor es Vorschrift wurde, dass auch bei Prepaid-Verträgen Ausweispapiere …«
»Wo?«, unterbrach ihn Härter ungeduldig.
Stefan Meier zwinkerte dem BKA-Mann zu. »Das werden Sie nicht …«
»Wo?«
»Auf Sylt.«
»Auf Sylt?«, echote Härter verblüfft.
»Auf Sylt!«, bestätigte Meierinho.
Härter rief sich die Flugroute ins Gedächtnis. Das Flugzeug war an der deutschen Küste entlang bis nach Dänemark geflogen. Es konnte sein. Auf Sylt. Die Königin der Nordsee-Inseln. Deutsches Gebiet. Ganz schön dreist. Aber denkbar.
»Bewegt sich das Signal?«
»Bislang nicht. Es befindet sich in einer Mobilfunkwabe irgendwo im Süden der Insel. Genaueres kann ich noch nicht sagen. Die Triangulation läuft noch. In ein paar Minuten kennen wir die Position des Telefons bis auf wenige Meter genau.« Während Meierinho sprach, ließ er seinen Bildschirm nicht aus den Augen. Jeden Moment konnte die Berechnung der genauen Position abgeschlossen sein.
In Härters Kopf nahm eine Operation Gestalt an. Noch war der Spannungsfall nicht aufgehoben. Er griff zum Telefon, um zunächst seinen Stabschef anzurufen. Dann würde er mit dem Bundeskanzler sprechen. Der würde als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt die Entscheidung über die Anwendung unmittelbarer Zwangsmittel treffen müssen. Kapitän zur See Wolfgang Härter war froh, dass er diese Entscheidung nicht selbst treffen musste.
Im Geiste hielt er Heerschau ab. Eine Kompanie KSK war noch in München. Verlegung auf dem Luftweg. Landung auf dem Gelände der Marineversorgungsschule in List, dem nördlichsten Ort der Insel. Das SEK Schleswig-Holstein war vermutlich am schnellsten dort. Die Kampfschwimmer aus Eckernförde waren auch nicht weit weg. Waren die Männer der GSG 9 noch in der Luft? Oder waren die in Reykjavik gelandet?
Meierinhos Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen.
»Da! Wir haben die
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