Oktoberfest
zweite Lastzug durch das Tor.
Die Männer in den blauen Anzügen arbeiteten zügig. Es dauerte keine zwanzig Minuten, und alle vier Container standen auf dem Boden. Zwei nebeneinander in der rechten hinteren Ecke, zwei in der vorderen rechten Ecke.
Der Vorarbeiter verabschiedete sich von den Fahrern. »Nochmals vielen Dank für die pünktliche Lieferung. Wir werden Sie weiterempfehlen.«
Nachdem auch die vierte Zugmaschine das Gelände verlassen hatte, schlossen die Männer das Rolltor. Das Gelände war nun von außen nicht mehr einzusehen. Auch die Hallentore wurden geschlossen. An der Decke flammten zusätzliche Neonröhren auf. Einer der Männer zog die Plane von einem kleinen Gabelstapler und rollte mit surrendem Elektromotor auf den ersten Container zu. Zwei andere Männer öffneten die Türen, und es wurden Maschinenteile, Gasflaschen und Holzkisten sichtbar.
Die Gasflaschen waren mit nichts weiter als einem schwarzen Kreuz gekennzeichnet. Auf den Kisten war ein Firmenemblem zu erkennen.
Darunter befand sich ein Schriftzug: »Heckler & Koch«.
Keine Bananen.
*
Härters Ermittlungen verliefen im Sande. Er fand zwar heraus, dass Hauptmann Lohweg einige Unteroffiziere bestochen hatte. Diese Unteroffiziere waren sofort von Feldjägern in Gewahrsam genommen worden. Auf sie wartete ein Militärgericht. Die Verhöre ergaben jedoch nichts, was verwendbar gewesen wäre. Lohweg war alleinstehend gewesen, ein Einzelgänger.
Seine alte Mutter war völlig schockiert, als sie vom Verschwinden ihres Sohnes erfuhr. Die näheren Umstände wurden ihr gar nicht erst mitgeteilt.
Die Ermittlungen in der Halbwelt von Prizren endeten ebenfalls ergebnislos. Härter hatte starken Druck ausgeübt, hatte Razzien in den entsprechenden Lokalen durchführen lassen. Viele Verdächtige wurden vorübergehend festgesetzt.
Er selbst hatte verdeckt gearbeitet.
Wie immer.
Einige der übelsten Schläger von Prizren hatten persönlich Bekanntschaft mit Kapitän Härter gemacht. Äußerst unangenehme Bekanntschaft. Keiner seiner Gegner würde die eigene, totale Niederlage je vergessen. Einer von ihnen würde nicht einmal mehr ohne Krücken laufen können. Dieser Mann hatte ein Messer gezogen. Das hätte er besser bleiben lassen. Wolfgang Härter zertrümmerte ihm in Abwehr des Angriffs mit einem einzigen gezielten Tritt den Beckenknochen und das rechte Hüftgelenk.
Stahlkappenschuhe.
Offener Bruch.
Dauerhafte Schädigung des Gegners billigend in Kauf genommen.
Ein paar Zuhälter und Drogenhändler waren bei dieser Gelegenheit ausfindig gemacht worden. Man hatte sie der örtlichen Justiz übergeben. Ein Kinderpornoring war aufgeflogen. Das organisierte Verbrechen vor Ort war ordentlich durchgeschüttelt worden. Aber dabei war nichts herausgekommen, was Härter weitergeholfen hätte.
Auch aus den Sachen von Hauptmann Lohweg ergaben sich keine Anhaltspunkte. Schließlich fanden sie ein Flugticket nach Brasilien, das an der Unterseite seines Spinds festgeklebt war. Kaspar Lohweg hatte offensichtlich vorgehabt, zu desertieren.
Hinweise, die auf seinen jetzigen Aufenthaltsort oder auf den Verbleib der gestohlenen Waffen und technischen Ausrüstung hätten schließen lassen, fanden sie nicht.
So blieb Kapitän Härter nichts weiter zu tun, als einen Bericht zu schreiben. Diesen ergänzte er um ein Gefährdungsprofil und eine Risikoabschätzung. Er kam in diesen Berichten einerseits zu dem Schluss, dass die Waffen und die Ausrüstung in den Händen von militärisch ausgebildetem Personal eine ungeheure Bedrohung darstellten.
Andererseits schwächte er diese Einschätzung wieder ab, denn die Geräte allein würden nichts nützen. Es brauchte eine ganze Menge weiterer Ausrüstung, wenn man die Technologie adäquat einsetzen wollte. Ein Chiffriergerät beispielsweise, das die Freund-Feind-Kennungen von NATO-Flugzeugen entschlüsseln konnte, war ohne ein modernes Radargerät nichts wert.
Am Ende des Berichts sprach er noch die Empfehlung aus, verbündeten Geheimdiensten eine Liste zukommen zu lassen, mit den Seriennummern der gestohlenen Waffen und Geräte. Damit man informiert würde, wenn Teile des Diebesgutes irgendwo auftauchten.
Drei Wochen später wurde die Leiche von Hauptmann Lohweg gefunden. Pioniere entdeckten sie bei Minenräumarbeiten. Völlig verbrannt. Die Identifikation erfolgte durch die Unterlagen des Zahnarztes. Die genaue Todesursache war nicht mehr feststellbar.
Einen Hinweis allerdings fanden sie dennoch.
Jemand
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