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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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regelmäßig aus. Niemandem fiel auf, dass ständig Soldaten in der Kaserne fehlten. Die Papiere, die sie für ihre Reisen benutzten, stammten aus der ausgezeichneten Fälscherwerkstatt der Speznas-Verbände. Die Visa für die Einreise nach Deutschland waren kinderleicht zu bekommen. Seine Männer würden ihm folgen, wohin er sie auch führte.
    Und er würde sie führen.
    Mitten ins Feuer.
    In vier Wochen würde er eine Geländeübung mit seiner Kompanie beginnen. Das machten sie in regelmäßigen Abständen. Turnusmäßig. Zu diesem Zweck unterhielt Oleg Blochin ein eigenes Camp im Nirgendwo, in der Nähe der polnischen Grenze. Seine Männer nannten es den »Spielplatz«.
    Dieses Camp war nach wie vor gut ausgestattet. Dafür hatte er immer gesorgt. Unterkünfte für einhundertfünfzig Mann, Verpflegung, Waffen, Munition, Fahrzeuge, Treibstoff, sogar eine Yakovlev Yak-42D, ein Transportflugzeug, standen dort bereit. Er und seine Männer waren operationsfähig.
    Immer noch.
    Er las den Bericht, den die Techniker um Oberst Okidadse ihm übermittelt hatten. Auch das Problem der Übernahme der Videokameras war mittlerweile gelöst. Okidadse war mit der ganzen westlichen Technik bestens zurechtgekommen. Wir sind die Elite, wir sind Speznas, dachte er. Trotz allem, das sind wir.
    Immer noch.
    Er klappte die Akte zu, um sie in seinen Tresor zu legen. Als er zu dem Panzerschrank ging, summte er leise eine Melodie.
    In München steht ein Hofbräuhaus.
    Immer noch.
    *
    Zehntausende von Schaulustigen säumten die Straßen der Münchner Innenstadt. Es war bestes Spätsommerwetter. Weiß-blaue Fahnen wehten vor einem weiß-blauen Himmel. Die ganze Stadt hatte sich herausgeputzt. Sogar an den Wagen der Straßenbahnen wehten weiß-blaue Wimpel. Mit dem traditionellen Einzug der Festwirte begann auch dieses Jahr das Oktoberfest.
    Vorneweg ritt, in schwarz-gelbem Gewand, das Münchner Kindl auf dem Kaltblüterhengst Schorsch. Es folgten in langer Reihe die sechsspännigen Brauereiwagen, die Wagen der Festwirte und die Kutschen der Münchner Prominenz. Auch die Schäffler in ihren historischen Trachten fehlten nicht.
    Sechzehn Tage lang würde in der sonst so beschaulichen bayerischen Landeshauptstadt der Teufel los sein. Gut sechs Millionen Besucher würden während dieser Zeit auf die Festwiese kommen.
    Romberg und Vogel fuhren in der Kutsche von Josef Hirschmoser mit. Sie winkten den begeisterten Menschen zu, die klatschten und zurückwinkten. Die Blaskapelle, die ihrem Wagen voranschritt, spielte gerade den Bayerischen Defiliermarsch.
    Sicher schon zum zehnten Mal.
    Alle Bierzelte waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Mehr als einhunderttausend Gäste aus aller Welt warteten auf ihre erste frische Maß mit Oktoberfest-Bier. Der Ausschank würde aber wie jedes Jahr erst beginnen, nachdem der Münchner Oberbürgermeister das erste Fass angezapft hätte.
    So fuhren die geschmückten Pferdewagen den Altstadtring entlang, am Stachus und am Hauptbahnhof vorbei, über den Bavariaring, Richtung Festgelände. An der Theresienwiese angekommen, bog der Umzug in die Wirtsbudenstraße ein. Die Statue der Bavaria, der Schutzpatronin Bayerns, blickte milde auf das Treiben zu ihren Füßen.
    Romberg und Vogel kletterten vom Wagen, als dieser vor dem Schattenrummel-Zelt hielt. Sie machten sich auf den Weg zu ihren reservierten Plätzen. Auf der Bühne war bereits alles vorbereitet. Die Honoratioren Münchens waren versammelt.
    Mächtig stolz waren sie gewesen, als Hirschmoser sie eingeladen hatte. Sie gehörten jetzt zu den sprichwörtlichen »oberen Zehntausend« in München. Hirschmoser eilte davon. Die Geltungssucht beflügelte seinen Gang. Der kapitale Gamsbart, der seinen grünen Filzhut zierte, wippte im Takt seiner hastigen Schritte. Er wollte den Oberbürgermeister und den Ministerpräsidenten begrüßen.
    Der Oberbürgermeister trieb mit drei Schlägen den Zapfhahn in den »Hirschen«, wie die großen Zweihundert-Liter-Holzfässer genannt werden. Er hob den ersten Krug Wiesn-Bier in die Höhe.
    »O’zapft is’!«, erschallte sein Ruf. In diesem Moment setzten sich in den vierzehn Zelten des Oktoberfestes die Bedienungen in Bewegung. Es würde einige Zeit dauern, bis alle Gäste ihre Maß vor sich hatten, aber der Startschuss war gegeben.
    »Auf eine friedliche Wiesn!«, rief der Oberbürgermeister und prostete dem Ministerpräsidenten zu. Das Bayerische Fernsehen übertrug das Ritual wie jedes Jahr live. Das Blitzlichtgewitter

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