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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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Bauleiter kam auf ihn zu. Es roch nach frischem Holz.
    »Ah, Herr Hirschmoser. Willkommen auf der Wiesn!« Der Bauleiter beschrieb mit dem ausgestreckten rechten Arm einen Halbkreis über die Theresienwiese. »Die Herren vom Baureferat sind eben angekommen. Folgen Sie mir bitte.«
    Nach wenigen Schritten griff Hirschmoser in seine Hosentasche, um ein großes, rot-weiß kariertes Taschentuch zutage zu fördern. Er wischte sich den Schweiß aus Nacken und Gesicht.
    Der Inspekteur des städtischen Bauamtes trug den bayerischen Allerweltsnamen Huber. Das Gesicht kam Hirschmoser bekannt vor, als sie sich begrüßten. Schließlich fiel es ihm wieder ein. Er hatte den Mann einmal auf der Pferderennbahn getroffen.
    Einer von Hubers Mitarbeitern war gerade dabei, mit einem Messgerät einen Sicherungskasten zu überprüfen. Ein anderer hatte einen Zollstock in der Hand und kontrollierte die Maße eines Balkens.
    »Sieht ja alles ganz fabelhaft aus, Herr Hirschmoser«, sagte Huber. Er klopfte gegen eine Wand aus Spanplatten. »Meine Mitarbeiter schauen sich jetzt alles in Ruhe an, aber meinem ersten Eindruck nach leisten Ihre Leute hier hervorragende Arbeit.«
    Malow steuerte direkt auf den Bauleiter zu, wohl um etwas mit ihm zu besprechen. Er hatte den Plan mit den Spülwasserleitungen in der Hand. Da entdeckte er Sepp Hirschmoser.
    »Oh, Herr Hirschmoser. Ich freue mich, Sie zu sehen. Wir kommen gut voran. Wenn es etwas zu beanstanden gibt, können Sie jederzeit mit mir reden. Ich hoffe, Sie sind mit unserer Arbeit zufrieden.« Sein osteuropäischer Akzent war nicht zu überhören.
    Hirschmoser wandte sich an Huber.
    »Herr Huber, darf ich vorstellen? Mein Vorarbeiter, der Herr Malow. Ein Pfundskerl, wenn Sie mich fragen.« Die beiden Männer gaben sich die Hand. Dann ging Malow weiter zum Bauleiter, der nur wenige Schritte entfernt stand.
    Seine Gedanken wanderten kurz zu der jungen Frau auf dem Foto. Zu der jungen Frau mit der schlanken, aber dennoch weiblich geschwungenen Figur. Die Aufnahme trug er immer bei sich. In seiner linken Brusttasche. Direkt über dem Herzen.
    Ich komme dir näher.
    Jeden Tag.
    Immer näher.
    »Ich habe das Gefühl, Herr Hirschmoser«, hörte er Huber in seinem Rücken sagen, »dass das heuer eine Bomben-Wiesn wird.«
    Da hast du verdammt recht, dachte Malow, während er den Plan mit den Spülwasserleitungen ausrollte.
    *
    Am späten Abend dieses Tages fuhr Werner Vogel in seinem offenen Cabrio über die Theresienhöhe. Er war auf dem Weg nach Hause. Leider allein. Amelie war in Hamburg. Ihr Chef, der Leiter der lokalen Redaktion, hatte sie zur zentralen Konferenz mitgenommen. Sie sollte dem Chefredakteur vorgestellt werden. Dem Mann, der über die Inhalte der größten deutschen Boulevardzeitung zu entscheiden hatte. Dem Mann, der darüber bestimmte, was Millionen Deutsche jeden Morgen lasen.
    Werner hatte lange im Büro gearbeitet. Jetzt war es elf Uhr abends, Zeit für ein Bier vor dem Schlafengehen. Er würde im »Klenze 66« vorbeischauen. Vorher wollte er Meierinho anrufen. Vielleicht käme sein Freund ja noch. Vielleicht war der aber auch schon da.
    Sein Blick glitt nach rechts, auf die Theresienwiese. Im Licht einiger Scheinwerfer wurde dort noch immer gearbeitet. Er sah das blaue Gleißen eines Schweißgerätes. Die armen Schweine, dachte er. Die haben offensichtlich einen mörderischen Termindruck. Die hängen wohl hinter ihrem Zeitplan.
    Da täuschte sich Werner Vogel.
    Die Männer waren genau im Zeitplan.
    In ihrem eigenen, wohlgemerkt. Sie lagen weit vor dem offiziellen, den der Bauleiter von Josef Hirschmoser ausgearbeitet hatte.
    Ihr eigener Zeitplan sah allerdings auch eine ganze Menge zusätzliche Arbeit vor, von der Sepp Hirschmoser und sein Bauleiter nichts ahnten. Und Malow und seine Männer hatten noch viel zu tun.
    Heute Abend wurden einige Balken ausgetauscht. Die Balken, die sie einsetzten, waren zuvor in der Halle der Import-Export-Firma bearbeitet worden. Diese Veränderungen waren von außen nicht sichtbar.
    Auch die Verbindungen der Balken wurden mit zusätzlichen Stahlstiften verstärkt. Und die Eisenwinkel waren wesentlich dicker und stabiler, als der Plan es vorsah. Hohlräume in den Holzböden wurden mit einem speziellen Kunststoff ausgekleidet, der für Metalldetektoren undurchdringlich war.
    Eine andere Gruppe von Männern war damit beschäftigt, Glasfaserkabel zu verlegen. Der offizielle Plan sah an diesen Stellen, wenn überhaupt, nur herkömmliche Telefonkabel

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