Oktoberfest
an.
Heller Fels.
»Wir werden die Stellung schon halten, General. Bislang hat der Gegner reagiert, wie wir das vorausgesehen haben. Ich glaube nicht, dass wir bei der Vorbereitung der Verteidigungsanlagen etwas übersehen haben. Die können kommen.«
»Je später, desto besser. Wir können unmöglich voraussagen, wie sich die Geiseln in den Zelten verhalten, wenn in ihrer unmittelbaren Nähe ein Feuergefecht losbricht. Das wird sich alles finden. Ist es nicht immer so bei Operationen? Viel Glück, Polkownik. Sie haben das Kommando.«
Während der letzten Worte hatte Blochin sich abgewandt und begann, die Treppe aus dem Kühllaster herabzusteigen. Die Sohlen seiner Kampfstiefel knallten auf den Stahl der Stufen.
»Machen Sie sich keine Sorgen, General. Schlafen Sie gut.«
11:30 Uhr
»Genau das meine ich, Herr Verteidigungsminister.« Härter sprach ruhig in sein GSMK-Cryptophone. »Genau deshalb glaube ich ja, dass ein Externer viel besser geeignet ist. Irgendjemand aus der militärischen Forschung. Jemand, den niemand auf dem Schirm hat. Jemand, bei dem es unmöglich vorauszuahnen war, dass wir ihn einsetzen würden. Auf keinen Fall jemanden von der Fernmeldeschule in Feldafing. Das wäre antizipierbar. Dieser ganze Angriff stinkt zum Himmel. Wir müssen noch vorsichtiger sein als sonst. Sie wissen doch, Herr Minister: Esse non videtur.« Der Minister entgegnete etwas.
»Natürlich nicht irgendjemand. Sie verstehen schon, was ich meine. Den besten Mann in Sachen Kommunikationssicherheit. Einen Kryptologiecrack. Den brauche ich. Ja, genau. Ich erwarte Ihren Rückruf. Nein, ansonsten kann ich über den Stand der Ermittlungen nichts Neues sagen.«
»Auf Wiederhören, Poseidon.«
»Auf Wiederhören, Herr Minister.«
Härter ließ das Telefon in die Außentasche seines Jacketts gleiten und sah über die Theresienwiese. Er war den Hügel zur Theresienwiese hochgegangen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Er sah auf die Wirtsbudenstraße. Das erste Zelt auf der linken Seite, die Fischer-Liesl, war noch immer von hohen Sichtschutzzäunen umgeben.
Seine Augen glitten über das Festgelände. Sanitäter, Polizisten und THW-Mitarbeiter liefen geschäftig umher. Es hatte in der Nacht keine größeren Probleme gegeben. Die Geiseln in den Zelten verhielten sich ruhig und besonnen. Wie lange noch? Hoch über dem Dach des Benediktiner-Zeltes rotierte die Radarantenne. Russische Herkunft. Seine Abteilung hatte das inzwischen bestätigt. Das hatte aber noch nicht viel zu bedeuten. Russische Waffen waren weltweit im Handel.
Härter ging seine eigenen Profilpunkte im Geiste nochmals durch. Wer konnten die Täter sein? Auf jeden Fall militärisch ausgebildet. Daran konnte es keinen Zweifel geben. Die kompromisslose Brutalität deutete darauf hin, dass es sich vermutlich sogar um Soldaten mit Kampferfahrung handelte.
War das ein privates Unternehmen?
Oder war hier irgendein Staat im Spiel, der seinen Haushalt aufbessern wollte?
Steckte irgendeine Börsenspekulation dahinter?
Er machte sich eine Notiz in seinem Moleskine. Seine Leute sollten den Diamantenmarkt durchleuchten. Wem würde eine plötzliche Knappheit nützen? Cui bono? Einfachste Regel, dachte Wolfgang Härter grimmig.
Folge dem Geld.
Das wirklich irritierende Element des Profils war die Qualität der Kenntnis, die der Gegner vom Oktoberfest hatte. Warum kannten sich die Täter mit der deutschen Behördenstruktur so gut aus? Wie war das Gas in die Zelte gelangt? Mittlerweile hatte die Polizei in den Balken aller Zelte getarnte Bohrlöcher entdeckt. Waren auch in allen Bohrlöchern Ventile? Nun, davon mussten sie ausgehen. Zweifelsfrei ein logistisches Husarenstück.
Und noch eine wichtige Frage: Wo kamen die Täter her? Der Söldnermarkt war im Moment leergefegt. Der Bedarf war vor allem im Irak und in Afghanistan sehr groß. Die besten arbeiteten für die Firma Blackwater Security und verdienten sich eine goldene Nase. Oder einen schmucklosen Sarg. Manchmal auch nur ein namenloses Grab an einem unbekannten Ort.
Und manchmal Schlimmeres.
Es war noch gar nicht lange her. Ziemlich genau ein halbes Jahr. Er hatte die Bilder vom 31. März noch sehr deutlich im Kopf. Bilder aus Falludscha im Irak. Verbrannte und verstümmelte Leiber, die von Aufständischen wie Trophäen zur Schau gestellt wurden.
Arme Schweine!
Außerdem wurde der Markt für PMC-Personal von den Geheimdiensten ständig im Auge behalten. Es war kaum denkbar, dass es gelungen sein konnte,
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