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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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einfach aufgetaucht, hatte mit seinem BKA-Ausweis herumgefuchtelt und sich den Stand der Planungen darlegen lassen. Sofort hatte dieser Müller erklärt, dass er in die Kanalisation mitkommen würde. Dass er an der Operation teilnehmen würde heute Nacht. Nur als Nachhut. Selbstverständlich.
    Nein, er würde die Beamten der GSG 9 nicht behindern. Ja, er sei mit dieser Art polizeilichen Vorgehens vertraut. Nein, er sei nicht persönlich von der Geiselnahme betroffen. Ja, er sei im Umgang mit der Ausrüstung geschult. Ja, er sei sich des Risikos bewusst.
    Wenn der Müller heißt, bin ich der Kaiser von China, dachte Hartmut Rainer.
    *
    Es hatte ewig gedauert, bis sie Hirschmoser endlich erreicht hatte. Amelie Karmans Wangen glühten. Das konnte nicht sein. Das war nicht möglich.
    »Aber wenn ich’s Ihnen doch sag. Mei, Sie können mir ruhig glauben. Ich lüge Sie doch nicht an. Sie sind doch das Gschbusi vom jungen Vogel. Aber sagen Sie nicht, dass Sie das von mir haben«, hörte sie Hirschmosers Stimme.
    Das war eine Geschichte, wie man sie im Leben nicht oft bekam, das wusste sie. Konnte sie Hirschmoser glauben? Allerdings war dem Mann kaum die Phantasie zuzutrauen, sich so etwas auszudenken.
    »Und sonst weiß niemand davon? Könnte irgendjemand das bestätigen?«, fragte sie.
    »Bei der Nachrichtensperre? Aber die werden es Ihnen schon noch bestätigen.«
    »Ich meine nur, das ist ganz schön starker Tobak, den Sie mir da auftischen, Herr Hirschmoser. Zweitausend Tote im Zelt der Fischer-Liesl. Mit Giftgas ermordet. Die Leichen werden in den Kühlhäusern von Schlachthöfen gelagert. Das ist ja wie im Krieg. Können Sie sich vorstellen, was da los ist, wenn wir das melden?«
    »Das werden wir dann ja sehen.« Hirschmoser gluckste. »Und ich habe bei Ihnen etwas gut, gell, Frau Karman? Denken Sie dran!« Seine Stimme hatte einen anzüglichen Unterton bekommen. Eine Welle des Abscheus lief durch ihren Körper.
    Was für ein unangenehmer Mensch.
    Nachdem Amelie sich von Hirschmoser verabschiedet hatte, saß sie mehrere Minuten fast unbeweglich auf ihrem Schreibtischstuhl.
    Ihre Gedanken rasten.
    Zweitausend Tote im Zelt der Fischer-Liesl.
    Mit Giftgas ermordet.
    Konnte sie diese Nachricht bringen?
    Würde sie damit Werners Leben in Gefahr bringen?
    Bislang wusste niemand außer ihr davon. Diese Meldung war eine echte Sensation. Das würde ihr in Hamburg viele Punkte einbringen. Wie es Werner wohl ging? Offiziell hieß es, allen Geiseln in den Zelten gehe es gut.
    Doch das stimmte nicht. Hoffentlich war ihm nichts passiert. Hoffentlich passierte ihm auch weiterhin nichts, denn wenn diese Verrückten in dem einen Zelt die Menschen vergasen konnten, dann vielleicht auch in jedem anderen. Angst kroch ihren Nacken hoch. Sie mochte sich ein Leben ohne ihren geliebten Werner nicht vorstellen.
    Gerade deshalb musste sie etwas tun.
    Sie würde die Geschichte schreiben. Dann könnten die Verantwortlichen sich nicht mehr hinter ihrer Nachrichtensperre verkriechen. Dann müssten sie zugeben, was auf der Theresienwiese passierte.
    Sie brauchte unbedingt Klarheit.
    Das war das Wichtigste.
    *
    »Dieses Gerät ist Ihre einzige Möglichkeit, mit Poseidon Kontakt aufzunehmen. Übrigens die einzige Möglichkeit, die es im gesamten Kanzleramt gibt. Das ist ein sogenanntes Cryptophone.« Der Verteidigungsminister öffnete einen Holzkasten, der mit Schaumstoff ausgelegt war. Er entnahm dem Kasten ein Mobiltelefon, das aussah wie ein kleiner, tragbarer Organizer, ein PDA.
    »Die Geräte sind abhörsicher. Das funktioniert jedoch nur, wenn die Geräte sich gegenseitig erkennen.« Der Verteidigungsminister holte tief Luft. »Um zwölf wollte Poseidon anrufen.« Sein ausgestreckter Arm wies auf die mittlere der Wanduhren. »Berlin«, verkündete die Messingtafel über der Uhr. »In wenigen Minuten ist es so weit.«
    Der Bundeskanzler sah den Minister an. Die beiden Männer waren allein im Büro des Regierungschefs. »Sagen Sie mal, was hat es mit Poseidon eigentlich auf sich? Wie konnten dieser Mann und seine Abteilung geheim bleiben?«
    »Also, ich habe von der Existenz von Poseidon und der Abteilung A&Ω aus dem Brief erfahren, den mein Amtsvorgänger mir auf dem Schreibtisch hinterlassen hat. Darin empfahl mir mein Vorgänger, das Budget und die Struktur der Abteilung genau so zu belassen, wie sie sind. Und mit niemandem darüber zu sprechen. Daran habe ich mich gehalten. Das erschien mir das Beste. Die operativen Vorteile liegen auf der

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