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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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Schweigen!
    Der Harri und der Florian rieten mir, der Erbswurstsuppe einfach kommentarlos den Liebesdienst aufzukündigen.
    Aber so gemein wollte ich doch nicht sein! Außerdem hätte sich die Erbswurstsuppe sicher damit nicht zufriedengege-ben!
    Ich fragte meine Schwester Doris um Rat, weil die für komplizierte Liebesangelegenheiten eine echte Sachver-ständige ist. Die Doris erklärte mir, ich dürfe die arme Ulli absolut nicht seelisch verletzen. Wenn die erste Liebe schiefläuft, sagte die Doris, kann das bei einem Mädchen ein lebenslanges Mißtrauen in Partnerschaftsbeziehungen zur Folge haben. Sanft, sehr sanft, sagte die Doris, müsse ich der Ulli das Ende unserer Affäre beibringen.
    Die human beste Lösung, sagte Doris, wäre es, wenn ich warten würde, bis die Ulli Ullermann zu einem anderen Knaben eine tiefe Zuneigung faßt. Ewig, tröstete mich Doris, halten erste Lieben ja ohnehin nicht an. Und spätestens über die Sommerferien hin, meinte Doris, werde die Sache garantiert im Sande verlaufen.
    Ich fand die Idee von Doris gar nicht übel, aber bloß passiv warten und bis zum Sommer leiden wollte ich nicht. Und hundert Prozent sicher, daß die Erbswurstsuppe spätestens in den Ferien einem anderen Knaben ihr Herz schenkt, war ich mir auch nicht, weil sie mir schon mehrere Male mitge-teilt hatte, daß sie auf "absolute Treue auf ewig" steht.
    So versuchte ich einen zu finden, der sich der Erbswurstsuppe annimmt, damit sie schneller in Liebe zu ihm ent-flammen kann. Der Harri und der Florian weigerten sich, obwohl ich sie inständig um den Gefallen bat. Der Sepp
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    und der Jo, die zwei Top-Charmeure unserer Klasse, fielen von vornherein aus; der Sepp kümmert sich um jemanden, der so ausschaut wie die Erbswurstsuppe nicht, der mag nur große blonde Mädchen, und der Jo ist ein Baby-Bel-ami, der sucht sich seine Bräute immer in den zweiten Klassen.
    Ich verfiel auf den Axel, meinen Pultnachbarn. Ich fand, er und die Erbswurstsuppe würden ein gutes Paar abgeben.
    Und geizig wie er ist, dachte ich mir, gibt er die Ulli, wenn er sie hat, auch nimmer her. Ich fing die Sache gar nicht unschlau an. Am Tag nach der Plakataktion quer durch unser Haus startete ich die Sache. Da hatte ich nämlich irgendwie neuen Auftrieb. Wahrscheinlich deshalb, weil mich meine Familie in Ruhe ließ. Man könnte auch sagen: Sie straften mich mit Verachtung. Aber das kommt aufs gleiche heraus. Nach der Schule kaufte ich zwei Kinokarten. Dann rief ich die Erbswurstsuppe an und sagte, ich sei gerade am Kino vorbeigekommen und habe Karten gekauft und wünschte nichts sehnlicher, als mit ihr den Film zu sehen.
    Natürlich war die Erbswurstsuppe bereit. Am liebsten wäre sie sofort zu mir geeilt, aber ich sagte, das sei leider unmöglich, ich müsse vorher noch zur Oma ins Geschäft, weil ein Verkäufer erkrankt sei und die Oma heute florierenden Geschäftsgang habe. Ich vereinbarte mit der Erbswurstsuppe als Treffpunkt die Ecke beim Kino, zehn Minuten vor Beginn der Vorstellung.
    "Aber komm pünktlich", ermahnte mich die Erbswurstsuppe. "Ich steh nicht gern allein vor dem Kino, da quat-schen einen immer lauter Idioten an!" Ich versprach, pünktlich zu sein.

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    Den Nachmittag verbrachte ich beim Harri. Der Florian war auch dort. Beide fanden meine Aktion "Superspitze". Gegen viertel sechs ging ich nach Hause. Außer Tante Fee war noch niemand daheim. Mit Genugtuung stellte ich fest, daß meine Anschläge, auch die total verdreckten, nicht entfernt worden waren. Dann rief ich den Axel an. Ich stöhnte in den Hörer, daß ich den grünen Dünnschiß und eine Kinokarte habe und daß er diese Karte - gratis - haben könne, weil ein Durchfall-kranker im Kino nichts verloren hat. Als der Axel "gratis" hörte, sagte er gar nichts mehr, legte den Hörer auf und kam angewieselt. Der Axel wohnt nur drei Häuser weiter.
    Ich erwartete ihn an der Gartentür. Als ich ihm die zwei Kinokarten in die Hand drücken wollte und er vernahm, für wen die zweite Karte gedacht war, zog er seine gierige Raffhand blitzschnell zurück.
    "Nicht mit mir, Bruder", sagte er. "Glaubst, ich buckle mir deinen Ullermann-Rucksack freiwillig auf?"
    Anscheinend hatte der Axel allerhand von dem, was meine Beziehung zur Erbswurstsuppe ausmachte, mitbekommen.
    Damit hatte ich nicht gerechnet!
    Der Axel lehnte sich ans Gartentürl, grinste und erklärte, er wäre ja bereit, mit mir einen Erbswurstpakt zu schließen.
    Unter gewissen Umständen könnte er sich dazu

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