Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
völlig unauffällig, keine Frauenbesuche. Manchmal kamen ein paar Freunde vorbei. Das passt ja, schließlich stand er ja nicht auf Frauen.“
Wendt heftete ein paar Bilder und eine eilig gezeichnete Karte vom Tatort auf die Pinnwand. Bunte Striche, stilisierte Bäume, der Fundort als Kreuz. „Bist du fertig“, fragte er Klauk. Der nickte.
„Die Kollegen haben das ganze Gelände bis zur angrenzenden Weide untersucht. So wie Sie es wollten, Chef. Dabei fanden sie dort die gleichen Fußabdrücke, wie sie auch von den Schuhen des Toten abgenommen wurden. Er war vorher dort. Man fand auch noch Abdrücke einer weiteren Person. Die sind aber nicht brauchbar. Derjenige hatte seine Schuhe mit einem Sack oder Leinen umwickelt. Clever, so kann man nur die Größe ahnen, aber nichts wirklich zuordnen. Sie haben die Stelle gefunden, wo er das Opfer mit dem Pfeil getroffen hat. Die ist hier.“ Er zeigte mit dem Finger auf die Karte. „Hier ist der Fundort der Leiche. Dazwischen sind circa 20 Meter.“
Zwanzig Meter um sich damit abzufinden zu sterben, dachte Meinhold.
„Hat man auch verletzte Tiere gefunden“, fragte sie ihren Kollegen. Sie musste die Frage stellen, dachte Wendt. Sonst keiner.
„Nein, davon hat niemand etwas gesagt.“
„Hat man Spuren eines Kampfes gefunden?“ Wer lässt sich einfach mit einer Armbrust einen Pfeil in die Brust schießen, ohne sich zu wehren, grübelte Hell.
„Nein, auch davon steht nichts im Bericht.“
„Was sagt die KTU zum Schusskanal?“
„Sie gehen davon aus, der Täter ist gleich groß wie das Opfer. Die genauen Ergebnisse haben wir morgen vorliegen.“
Wendt lutscht auf einem Fisherman’s herum und schaute in die Runde. Der Täter band sich Leinen um die Schuhe um keine Spuren zu hinterlassen und war so groß wieder sein Opfer. Bisher waren das nur dürftige Splitter und Schlaglichter auf einen Gegner, der nichts Gutes für die Ermittlung ahnen ließen.
Die Zeiger der Armbanduhr standen auf halb sieben. Hell beendete die ganze Besprechung, nachdem er Klauk ermunterte, weiter im Leben Lohses zu schnüffeln und Wendt damit beauftragt hatte, sich am nächsten Tag um den Pfeil zu kümmern und schickte die Kollegen nach Hause.
Sie verabschiedeten sich auf dem Flur. Meinhold blieb noch einen Moment stehen. „Sie sind ok“, fragte Hell.
„Ja, ich bin ok“, sagte sie, „Es war nur dieser Moment, indem ich verstand, dass dieser Mann ein Perverser ist und dann diese Bilder. Ich kümmere mich um die Analyse des Buches, wenn ich darf.“
„Ja. Gut. Aber nur so lange, wie es für Sie geht.“
Meinhold nickte dankbar und ging den Flur entlang. Hell resümierte. Sie hatten es mit einem intelligenten, gut orientierten und vorsichtigen Killer zu tun. Und er wollte, dass sein Tun bekannt wurde, daher suchte er den Kontakt zur Presse. Er setzte sich in seinen Wagen, fuhr nach Hause, legte sich in seinen Kleidern auf das Bett und schlief bis zum nächsten Morgen.
*
Sebastian Klauk stand vor seinem Kühlschrank und holte eine Milchflasche heraus. Er schraubte den Verschluss auf und trank einen Schluck. Danach goss er etwas in die Schüssel mit dem Müesli. Er stellte die Flasche zurück in den Kühlschrank und gab der Türe mit dem Fuß einen Schubs. Er stellte sich an die Anrichte in seiner Singleküche. Er mochte nicht sitzen. Der vergangene Abend hatte ihn wieder aufgewühlt. Ein Besuch bei seinen Eltern. Wider besseres Wissen hatte er sich von seiner Mutter breitschlagen lassen. Mit einem mulmigen Gefühl war er schon die Auffahrt zum Haus seiner Eltern hinaufgefahren und hatte sein Auto vor dem hell erleuchteten Eingang abgestellt.
Seine Mutter hatte ihn mit weit geöffneten Armen und strahlendem Gesicht empfangen. Es war auch nicht seine Mutter, der er aus dem Weg ging. Es war sein Vater. Der hatte sich für seinen Sohn eine andere Karriere gewünscht. Polizist. Kriminalpolizist. Das war nicht standesgemäß. Für Klauk war seine Berufswahl eine Entscheidung gewesen, die er gegen seinen Vater getroffen hatte.
Sticheleien, Streit, böse Worte. Klauk hatte nach kurzer Zeit das Haus wieder verlassen. Es war wie immer. Sein Vater konnte auch nach Jahren nicht verkraften, dass sich sein Sohn gegen seine Pläne entschieden hatte und auf die Polizeiakademie gegangen war.
„Was ist das für ein Lebensentwurf? Erfüllt es dich in der Gosse nach Mördern, Dieben und anderem Gelump zu suchen? Wer hat dir das vorgelebt?“
Wie immer hatte er mit einem Glas Cognac vor
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