Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
ihm gestanden. Nein, sein Vater war kein Alkoholiker. Der Cognac und der locker um seinen Hals geschlungene Seidenschal gaben ihm etwas Aristokratisches. So sah er sich. So hätte er seinen Sohn auch gerne gesehen. Als selbstgefälligen Snob.
Seine Mutter hatte Tränen in den Augen, als er sich von ihr mit einem flüchtigen Kuss auf die Stirn verabschiedete. Ihre Hände streiften sich kurz, dann verließ er ohne ein weiteres Wort an seinen Vater zu richten, das Haus.
Diese Begegnungen mit seinen Eltern kosteten Klauk immer wieder Nerven. Er aß sein Müesli und stellte die Schüssel mit einem Rumms in die Spüle.
Auf dem Weg zum Bad schlug er ein paarmal wild auf den Punchingball ein, der im Wohnzimmer stand. Der letzte Schlag wurde von einem lauten Schrei begleitet. Der Punchingball federte zurück. Klauk wich ihm geschickt aus.
*
Die Neuigkeiten der Nacht brachten die bisher eher zähen Ergebnisse der Ermittlungsroutine in Gang. Hell fühlte sich frisch, hatte eine Dusche genommen und wurde dann von Wendt informiert. Schon wieder saßen sie im Besprechungsraum, eine Fliege surrte am Fenster. Gemurmel, Papiergeraschel. Wendt nestelte am Beamer herum. Dann endlich fiel das Bild des Opfers auf die Projektionsfläche. Lohse noch lebend als Portrait, lächelnd. Dann Lohse neben zwei weiteren Männern, die alle Hunde an der Leine hatten.
Wendt räusperte sich. „Robert Lohse. Geboren am 12. März 1969 in Köln.“ Er klickt wieder auf das erste Bild mit dem Portrait zurück. „Ich habe gestern Abend bei Facebook nach dem Namen gegoogelt. Dabei ist herausgekommen, dass Lohse sehr aktiv in der Zoophilenszene vertreten ist. Für alle, die das nicht kennen, damit ist Sex mit Tieren gemeint. Es gibt eine Gruppe dort, die sich öffentlich dazu bekennt. Da ist Lohse sehr aktiv.“
„Wo ist Lohses Hund? Ist das sein Hund, auf dem anderen Bild“, fragte Hell.
„Eher nein. In seiner Wohnung sah es nicht danach aus, als wäre er Hundehalter.“
Meinhold strich sich eine Locke aus dem Gesicht und versuchte die Zornesfalten auf ihrer Stirn im Zaume zu halten. Schwein mieses, dachte sie und ermahnte sich direkt sachlich zu bleiben.
„Es gibt aber sehr viele User, die diese Zoophilen angreifen“, fuhr Wendt weiter, „Einige sparen auch mit Drohungen nicht. Vielleicht haben wir hier eine Spur, ich bleibe dran.“
„Wer sind die anderen beiden auf dem Foto?“
„Der linke heißt auf Facebook nur ‚Huli Kö‘. Zu dem anderen haben wir noch keinen Namen, nur dieses Bild.“
„Ich nehme mir nachher das Buch vor, vielleicht sind sie dort auch zu finden“, sagte Meinhold. Sie zupfte sich ihr T-Shirt zu Recht, weil sie das Gefühl hatte, ihr Dekolleté wäre doch zu freizügig.
„Ja, machen Sie das. Wendt kümmert sich um den Pfeil, dann weiter um die Facebook-Geschichte. Es kann ja sein, dass Lohses Tod mit den Drohungen dort zu tun hat.“
„Ich fahre gleich zu Lohses Arbeitsstätte“, sagte Klauk, „Er arbeitete in einer Metallfirma.“
„Gut, ich gehe in die KTU und schaue denen mal auf die Finger. Die haben Decken, Laken, Matratzen und Kissen aus Lohses Wohnung eingetütet. Vielleicht gibt es dort Spuren. Treffpunkt hier wieder zur Mittagszeit.“
Das waren reale Sachen, mit denen er sich auskannte. Das Internet und seine Labyrinthe war nicht Hells Sache. Daher war er froh, dass er Wendt hatte. Der würde sich da schon durchbeißen. Hell ging ruhig rüber in sein Büro. Auf seinem Tisch lag eine Mappe mit den Tatortfotos. Er blätterte sie durch und legte die Mappe weg. Das pralle Sonnenlicht schien durch die nachlässig geschlossene Jalousie hindurch. Auf Hells Tisch zauberte es ein hübsches Streifenmuster.
Es gab Dinge, die mochte Meinhold nicht. Die ihr nun bevorstehende Aufgabe gehört dazu. Sie erinnerte sich an die heftige Reaktion, die ihr beim Betrachten des Buches passiert war. In ihrer Hand hielt sie den Plastikbeutel mit dem Buch, was sie jetzt von der KTU in ihr Büro trug. Der Beutel war noch wie ein Schutz gegen die Bilder. Langsam schlenderte sie über den hell erleuchteten Flur der KTU. Fuhr mit dem Aufzug in die zweite Etage. Sie warf das Buch auf ihren Tisch, holte sich eine Tasse, öffnete linkisch ein Milchdöschen mit Kaffeesahne, schüttete sich Kaffee ein und rührte um. Ihr Blick war die ganze Zeit auf das Buch gerichtet. Sie zog den Stuhl heran, setzte sich, nahm den Beutel und riss ihn mit einem Ruck auf. Der Inhalt plumpste auf die Tischunterlage. Ein Schluck
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