Oliver Hell - Das zweite Kreuz
Sebastian“, sagte Hell und schüttelte energisch den Kopf.
„ Ist es womöglich wieder ein Hinweis? Dann müssen wir abwarten, was die Partikelproben der KTU ergeben.“
„ Und? Weiter?“
„ Du meinst, was passiert ist? Ich weiß, was Du meinst. Es ergibt keinen Sinn. Der Täter startet in der Garage, überrascht die Frau. Die Frage ist, wobei? Und dann hat er sie über die Straße weggebracht? Warum geht er das Risiko ein, auf der Straße gesehen werden?“
In diesem Moment schoss ein seltsamer Gedanke durch Hells Gehirn.
„ Sebastian weißt Du was? Bitte check doch bei dem A-Benz den Halter. Ich habe da so ein Gefühl.“
Klauk schaute konsterniert. „Du denkst, er hat die Autos getauscht?“
„ Bitte überprüf den Halter.“
Klauk zückte sein Handy und ging in die Garage. Es dauerte. Hell wurde bereits ungeduldig, als er ihn mit dem Handy am Ohr wieder auf ihn zukommen sah.
„ Der Wagen ist zugelassen auf Rosalie Lindemann. Tut mir leid Chef.“
„ Und was ist mit dem anderen Fahrzeug, Sebastian? Wenn ich es richtig gesehen habe, dann hat es keine Nummernschilder.“
„ Das Auto sieht aus, als wäre es jahrelang nicht mehr bewegt worden.“
Hell schaute Klauk an und setzte sich in Bewegung. Er ging in die Garage. Das Auto war ein Mercedes aus den siebziger Jahren. Ein Strich/Acht, wie er in der Klassikersprache genannt wurde. Cremeweiß. Blaue Innenausstattung. Das Fehlen der Kopfstützen wies ihn als ein Modell vor Neunzehnhundertdreiunsiebzig aus.
„ Mach bitte das Tor auf“, sagte Hell. Klauk öffnete das Garagentor. Sofort sah er, was sein Chef meinte. Vor der Garage gab es Reifenspuren im Schnee.
„ Wie kann das sein? Wie kann das Auto gefahren sein? Schau dir die Karosse an. Der Staub darauf ist beinahe ein Zentimeter dick.“
Damit übertrieb er zwar, doch lag auf der ganzen Lackschicht ein durchgehender Pelz aus Staub. Sogar die Scheiben waren mit einer Schicht bedeckt.
Klauk bückte sich und schaute unter den Mercedes.
„ Nichts. Das Auto ist trocken. Es gibt keine Reifenpuren hier in der Garage. Ich meine, wenn er durch den Schnee gefahren ist, dann muss doch hier Wasser sein. Nichts. Kein Wasser, keine Spuren.“
Hell überlegte.
„ Was glaubst Du, wie lange man braucht, um ein Auto zu trocknen?“
„ Warum sollte jemand das tun?“
„ Sebastian, diese Frage stellen wir uns nun schon zum x-ten Mal. Wie lange?“ Hell hockte vor dem Mercedes und schaute sich die Scheinwerfer an. Keine Spur von Salz oder Wasser war zu sehen. Die hohen Pagodenscheinwerfer sahen ebenso wie der restliche Wagen aus, als lägen sie seit Jahren in einem Dornröschenschlaf.
„ Stunden, denke ich. Vor allem, hier drinnen putzt er alles sauber, hat, wie es aussieht, sogar Staub dabei, um den Wagen wieder einzustauben. Und draußen lässt er die Reifenspuren sichtbar in der Auffahrt?“
Mit einem Ruck stand Hell auf.
„ Ich sage dir, das sind alles Hinweise. Nur verstehen wir sie noch nicht. Also müssen wir alles daran setzen, sie zu entschlüsseln. Auf, worauf warten wir? Die Sache fängt an, mir zu gefallen. Finde bitte heraus, auf wen der Mercedes zugelassen war.“
Noch immer vermochte Hell seinen Kollegen Klauk zu überraschen. So wie jetzt in diesem Moment. Hell rauschte gerade an ihm vorbei. Auf seinem Gesicht hatte er diesen Ausdruck, den er schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Der Spürhund hatte eine Fährte aufgenommen.
*
Die Vernehmung der Zugehfrau hatte nichts Neues erbracht. In Wahrheit wusste sie nicht wirklich viel über ihre Chefin, obwohl sie schon seit Jahren für sie tätig war. Sie sei eine charmante Dame, die sich nicht beklagen würde, hatte sie gesagt. Auf die Frage Hells, ob sie vor irgendjemand Angst gehabt hätte, sagte die Frau: „Nein, sie war eine starke Frau. Ihr machte nichts Angst.“
Die Ehe sei kinderlos geblieben, es wäre ab und zu mal eine Schwester vorbeigekommen. Aber nie, wenn sie anwesend war, meist am Wochenende, dann sei sie wieder abgereist. Von ihr hatte sie dann immer einige Tage erzählt, dann hatte sie wieder das Thema gewechselt.
Hell wollte auch wissen, wem der alte Mercedes in der Garage gehörte. Sie hatte verwundert getan und gefragt, was für einen Mercedes er meine. Es sei nur immer der neue Wagen in der Garage gestanden.
In diesem Moment hatte Hell die Befragung unterbrochen und sich an Klauk mit den Worten gewandt: „Sagt bitte der KTU, sie sollen den Wagen versiegeln und in einem Transporter abholen. Ich will
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