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Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Titel: Oliver Hell - Das zweite Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
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will, sie kann uns helfen, ihn zu verstehen.“
    „ Was auch feststeht, ist: Er muss den Brief bereits gestern eingeworfen haben, um sich sicher zu sein, dass er heute bereits bei uns ankommt“, sagte Rosin.
    „ Also hat er die Frau entweder schon gestern entführt, oder er ist so abgezockt, dass er es sich nicht vorstellen kann, zu versagen. Er weiß, dass die Entführung klappt. Wisst ihr, was ich meine?“
    „ Er hat bereits einmal Erfolg gehabt.“
    „ Ein Profi?“ Hell schob die Unterlippe vor. Er war nicht davon überzeugt. Nein, es war kein Profi. Nur jemand mit einem Plan. Das Telefon klingelte erneut.
    „ Hell.“
    Es war Heike Böhm. Sie teilte ihm mit, dass sie keine Fingerabdrücke auf dem Brief, ebenso keine auf den anderen Gegenständen gefunden hätten.
    „ Was war in dem Beutel?“, fragte Hell.
    „ Wieder ein Relikt aus der Vergangenheit, oder besser gesagt, gleich mehrere.“
    „ Inwiefern?“ Er zog die Augenbrauen hoch.
    „ Wir haben eine Kondomverpackung gefunden. Darin waren aber keine Kondome, sondern eine weitere Verpackung mit falschen Fingernägeln. Noch ungebraucht. Beide Produkte wurden in den neunziger Jahren verkauft und sind heute nicht mehr erhältlich. Keine Ahnung, was uns das sagen soll, Kommissar Hell“, sagte sie und hoffte auf eine Erklärung.
    Die erhielt sie nicht. Oliver Hell hatte nicht einen Schimmer einer Ahnung. „Vielen Dank, Frau Böhm.“
    Er wiederholte, was er soeben erfahren hatte.
    „ Kondome? Falsche Fingernägel? Wer hebt so etwas so lange auf?“, fragte Klauk.
    „ Ich frage mich eher, was er uns damit sagen will. Die Holzspäne waren ein Hinweis auf den Beruf des ersten Entführungsopfers. Welche Berufsgruppe nutzt Kondome und falsche Fingernägel?“
    „ Nutten“, entfuhr es Klauk.
    „ Nutten? Geht das nicht ein wenig zu weit? Wir wissen noch nicht, wer entführt wurde, aber wir spekulieren schon über ihre Vergangenheit“, sagte Rosin und schob ihren Stuhl einen halben Meter zurück. Als wolle sie auch bildlich Abstand nehmen.
    „ Du hast gefragt“, sagte Klauk.
    Wieder klingelte das Telefon. Hell notierte sich etwas auf dem Block, der vor ihm lag.
    Noch bevor er das Mobilteil schwungvoll abgelegt hatte, sagte er: „Bingo. Diesmal ist es ein Treffer. Eine Hauswirtschafterin hat ihre Chefin als vermisst gemeldet. Die Frau heißt Maria Jakobs und ist vierundsechzig Jahre alt. Die Bereitschaft ist vor Ort. Man schickt mir ein Foto der Vermissten.“
    *
    Hell hatte noch Seib an der Strippe. „Bist Du so nett und vergleichst das Foto, was ich dir schicke, mit dem, was ihr schon auf dem Tisch liegen habt? Danke!“
    Eine halbe Stunde später schloss er behutsam die Türe hinter sich. Auf dem Sofa im Wohnzimmer der Villa saß immer noch völlig aufgelöst die Hauswirtschafterin.
    „ Seit Jahren komme ich jeden Montag und jeden Mittwoch hierher. Immer ist Frau Lindemann zuhause. Heute ist es das erste Mal, dass sie nicht hier war. Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte“, sagte sie zu Rosin, die neben ihr auf dem Sofa hockte.
    Hell ging durch die nächste Türe und schaute in ein großzügiges Esszimmer. Moderne Eichenmöbel standen dort. Schlicht. Ohne Schnörkel. Gelaugt und gebeizt. Keine Möbel, wie man sie bei einer über Sechzigjährigen erwartet hätte.
    „ Hat Ihnen Frau Lindemann vielleicht gesagt, dass sie heute nicht daheim ist und sie haben es nur vergessen? Entschuldigen Sie bitte, ich muss das fragen“, hörte er Rosin sich entschuldigen.
    „ Nein, junge Frau. Ich bin zwar auch schon über sechzig, aber ich kann mich gut an Absprachen erinnern.“ Ihre Reaktion war sehr sanft. Mit weit aufgerissenen Augen saß sie dort, hielt ein Taschentuch in der Hand.
    Keiner hatte ihr das Foto mit dem Gesicht ihrer Chefin gezeigt. Nicht nur, um die nette Dame zu schützen, die sicher einen Schock erlitten hätte. Nein. Man brauchte es nicht. Im Wohnzimmer hing ein Porträt an der Wand. In Öl gemalt hing dort die Hausherrin. Selbst wenn man auf dem Foto nur ihre Augen sehen konnte, es bestand kein Zweifel. Auf dem Foto war Rosalie Lindemann zu sehen. Wie groß war der Unterschied zwischen dem selbstsicheren, leicht spöttischen Blick in Öl und dem angstverzerrten Blick auf dem Foto.
    Draußen vor dem Haus drängten sich noch sensationslüsterne Nachbarn und schon Vertreter der Presse. Die Villa der Familie Lindemann stand im Bad Godesberger Villenviertel. Rosalie Lindemann war seit einigen Jahren Witwe. Im Gegensatz zu Olbrichs

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