Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
Anhaltspunkte oder Indizien haben. Sonst stehen auch wir doof da.“
E s hatte nach dem Erfolg im Sommer, wo sie Hesse nach der aufregenden Jagd gefasst hatten, viel Lob, aber auch Kritik von anderen Ermittlern im Dezernat gegeben. Besonders vom Leiter eines der anderen Teams, Hauptkommissar Lessenich, hatte es einige Sticheleien gegeben. Es hätte auch ein Maulwurf den Hesse finden können. Womöglich sogar schneller, hatte er gesagt. Hell war darauf gar nicht eingegangen. Er hatte den Kollegen, auf der Dienstbesprechung aller Teamleiter, einfach ignoriert. Lessenich spielte sonntags manchmal Golf mit dem Oberstaatsanwalt, und beide waren in der gleichen Partei aktiv.
„ Meinst Du, Lessenich fängt dann wieder an, zu meckern?“
„ Lessenich kann mich am Arsch lecken“, sagte Wendt, „Der soll seine eigenen Fälle lösen und uns in Ruhe lassen.“
„ Stimmt, wir haben immer die ausgesprochen brutalen Verbrechen. Er hat dagegen ständig die ‚netten‘ Fälle. Bandenkriminalität, normale Morde oder Einbruchserien.“
„ Genau, wir haben die Fälle mit besonderem öffentlichem Interesse. Da ist der Fokus, vor allem auch der Presse, ganz anders drauf gerichtet. Den Druck kennt er gar nicht.“ Er stand auf, denn die Kaffeemaschine hatte mit einem intensiven Broddeln kundgetan, dass der Kaffee fertig gebrüht war.
„ Auch einen?“
„ Gerne“, antwortete Meinhold und reichte ihm ihre Tasse. Die war zwar noch ungespült, doch war es ihr gerade egal.
„ Ich meine, wir haben jetzt auch wieder einen Fall, der bestimmt wieder in den Medien Beachtung bekommt“, sagte sie und nahm einen kleinen Schluck von dem heißen Kaffee. Wendt setzte sich wieder an den Tisch und machte es sich bequem.
„ Hmh, klar. Wenn wir Erfolg haben, dann sind wir die Polizisten, die diese schweren Straftaten aufklären. Tun wir es nicht, sind wir die großen Deppen. So ist es nun mal.“
Meinhold legte die A kte zur Seite. Ihr Blick war grüblerisch. „Sag mal, wo werden hier bei uns eigentlich Asiatinnen als Arbeitskräfte eingesetzt?“
„Ü berall, wo kleine, gelbe Hände etwas fleißig herstellen können“, witzelte er. Meinhold grinste.
„ Nein, mal ernsthaft“, sagte sie, und das kleine Grinsen verschwand wieder.
Wendt antwortete: „ Klassisch sind Chinarestaurants und Wäschereien.“
„ Was sagt der Obduktionsbericht über die Hände der Toten?“, fragte sie und nahm die Akte wieder in die Hand. Sie studierte den Bericht.
Wä hrend sie las, hörte sie Dr. Beisiegel sprechen. Die Sprache der Gerichtsmedizinerin in ihren Berichten unterschied sich doch arg von ihrem normalen Umgangston. Dort stand, dass an den Händen der Toten keine einer bestimmten Tätigkeit zuzuordnenden Schwielen gefunden worden seien. Sie wären aber mit großer Sicherheit Arbeiterinnen. So hatte sie es auch am Vortag berichtet, erinnerte sie sich jetzt.
Sie wiederholte das Gelesene laut. Wendt hö rte zu.
„ Ja, ich hoffe, die Forensikerin aus Frankfurt wird ein brauchbares Ergebnis bringen. Sie müsste eigentlich heute ankommen. Ich rufe mal Dr. Beisiegel an“, sagte er und griff zum Telefon.
Dort wurde ihm berichtet, dass Dr. Pü tz bereits an der Arbeit sei. Sie sei schon früh angekommen, und habe sich direkt an die Arbeit gemacht.
„ Die ist schon da“, sagte Wendt, nachdem er das Gespräch beendet hatte.
„ Gut, vielleicht hilft uns das ja weiter. Dann können wir auch Bilder an andere Dezernate schicken. Vielleicht kann uns dort jemand Auskunft geben.“
„ Wir können auch vorher schon mal eine Anfrage rumschicken. Kann ja nichts schaden, wenn die wissen, dass wir hier drei Tote haben, deren Herkunft unklar ist.“
„ Du hast manchmal hinreißende Ideen, Jan-Phillip. Du bist eben doch ein guter Polizist“, sagte sie lachend.
„ Warum ist er ein guter Polizist?“, fragte Klauk, der in diesem Moment seinen Kopf durch die Türe schob, „Ihr seid ja alle hier.“
„ Ja, hier bei der Arbeit“, sie lachte wieder, „Und wo warst Du heute den ganzen Morgen über?“
Klauk sah wie immer gut aus. Sein e Locken lagen wirr auf seinem Schädel, wie immer. Seine Augen aber saßen hellwach und geistesgegenwärtig hinter seiner Hornbrille.
„ Ich war beim Arzt. Hell wusste Bescheid“, sagte er.
„ Arzt? Was Schlimmes?“, fragte Wendt ohne Umschweife.
„ Nein“, antwortete Klauk, „Nur eine Nachsorge beim Zahnarzt. Alles in Ordnung. Gibt’s was Neues?“
„ Nicht wirklich. Was hat die Befragung bei der UN
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