Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
stand in der Mitte eines Zimmers mit Blick auf die Straße ein Teleskop. Er richtete es auf die Wohnung gegenüber aus und beobachtete, wie dort zwei Männer im Obergeschoss mit dem Auspacken von Kisten beschäftig waren. Sie trugen Sachen in angrenzende Räume, falteten leere Umzugskisten zusammen. Eine Stunde verging.
Einer der Männer trug die Umzugskartons zu seinem Kombi und legte sie in den Kofferraum. Der Mann kehrte wieder zurück und sie schoben gemeinsam einen Schrank rechts neben das Fenster. Dann fingen sie an zu diskutieren. Jochheim sah einen der Männer wild gestikulieren, während der andere für ihn unsichtbar blieb. Vereint schoben sie den Schrank wieder in die Mitte des Raumes. Dann wanderte der Schrank links neben das Fenster, um kurze Zeit später wieder in der Mitte des Raumes zu landen. Sie konnten sich nicht einigen. So sah es aus.
Der Schrank blieb dort stehen und die Männer tauchten einige Zeit später im Untergeschoss auf. Sie hatten beide eine Flasche Bier in der Hand und prosteten sich lachend zu. Sie hatten anscheinend genug gearbeitet für diesen Tag.
Alles im grünen Bereich, dachte Jochheim. Keine Gefahr. Beruhigt sah er eine Viertelstunde später, wie der Opel Insignia mit dem Bonner Kennzeichen langsam durch die Straße fuhr und an der Ecke verschwand.
Jochheim setzte sich an seinen Küchentisch und überlegte, wie er weiter vorgehen sollte.
*
Es war fünf Minuten vor halb fünf. Um viertel vor hatte er noch ein letztes Meeting für den Freitag anberaumt. Hell saß in seinem Büro und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Doch es gelang ihm nicht. Die Ereignisse des Tages kreisten in seinem Kopf herum. Die Ermittlungsergebnisse, der Streit mit Überthür, das Verschwinden von Demian Roberts und seine unterkühlte Reaktion darauf. Er versuchte, sie in eine sinnvolle Reihenfolge zu sortieren. Es gelang ihm nicht. Er legte seine Beine auf den Stuhl neben sich und machte für ein paar Augenblicke die Augen zu. Sofort schlief er ein.
Er wurde auch nicht wach, als sich kurze Zeit drauf leise die Türe zum Besprechungszimmer öffnete und jemand auf Zehenspitzen bis an seine Bürotüre trat.
Er wachte erst auf, als Rosin ihn sanft an der Schulter rüttelte.
„ Chef, ist Ihnen nicht gut?“
Er fuhr zusammen, nahm sofort die Füße vom Stuhl und setzte sich auf. Erschrocken schaute er Rosin an. „Nein, es ist alles gut. Mir geht es gut.“
„ Wirklich? Sie schienen ganz weit weg zu sein.“
„ Nein, ich hatte nur kurz die Augen geschlossen und bin wohl eingeschlafen.“ Er stand auf und reckte sich.
„ Habt ihr was Neues?“
„ Hmh, schon. Saskia Henrichs hat zugegeben, ein Verhältnis mit Lars Königer gehabt zu haben.“
„ Ist das so?“, fragte Hell, dem die Tragweite des Satzes anscheinend nicht klar war.
„ Ja, das ist aber nicht alles. Sie hat mir glaubhaft berichtet, dass er sich von seiner Frau scheiden lassen will … beziehungsweise wollte.“
Hell blickte auf. „Dann hatte nicht die Geliebte, sondern die Ehefrau ein Motiv. Das ist ja wirklich eine Neuigkeit.“
Rosin bemerkte, dass Hell die Nachricht aufnahm, als wäre es eine Schlagzeile in einer Klatsch-Zeitung.
„ Ich berichte die Details, wenn die anderen anwesend sind, ok?“
„ Ja, mach das Lea“, antwortete Hell lapidar.
Hell verstummte. Seine Worte kamen Rosin fremd vor. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Er stand dort und starrte auf die Kaffeemaschine. Doch dann wurde sie in ihrer Sorge unterbrochen, als Klauk und Meinhold das Büro betraten.
„ Ihr werdet es nicht glauben“, sagte Meinhold lauthals, als die im Türrahmen von Hells Büro stand, „Der Königer hat seine Scheidung eingereicht. Ich habe die Unterlagen des Scheidungsanwalts in seinem Tresor gefunden. Zusammen mit einem Brillantring für eintausendfünfhundert Euro.“
Hell blickte sie an. „Dann hat Saskia Henrichs ja nicht gelogen“, sagte er. Mehr nicht.
Meinhold stutzte, weil ihre Neuigkeit anscheinend keine Neuigkeit mehr war. Rosin klärte sie auf. „Henrichs hat mir berichtet, dass sie ein Verhältnis mit Königer hatte. Was dein Schreiben vom Anwalt ja nun untermauert.“
Meinhold nickte.
„ Was gab es sonst noch? Hat die KTU schon etwas herausgefunden?“, fragte Hell.
„ Nein, in dem Büro stehen geschätzte zehn Meter nur Aktenschränke. Da brauchen die Wochen für, bis sie das alles durchgearbeitet haben.“
„ Wir haben aber keine Wochen“, polterte Hell los. Als er bemerkte, dass er sich im Ton
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