Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
„Ich habe mich erkundigt, er besitzt keinen Waffenschein. Also dürfte er auch keine Waffe besitzen.“
„ Und der Abschiedsbrief liefert uns auch kein Motiv. Eher nur noch mehr Fragen. Woher kannte er die beiden Männer? Warum tötete er sie? Und warum tötete er sie auf so unterschiedliche Weise“, murmelte Meinhold vor sich hin, während sie aus dem Fenster schaute, „Der Mann war Doktor, kein experimentierfreudiger Killer.“
„ Ja, wir haben einen geständigen Mörder, der uns aber nichts mehr verraten kann. Der finale Punkt einer Ermittlung ist ein Anfang für eine weitere Ermittlung. Kann dieser Mann, der dort im Schlafzimmer gelegen hat, wirklich der kaltblütige ‚Oskar‘ sein?“
Rosin schüttelte den Kopf.
Hell bremste den Mercedes ab. „Wir sind alles Idioten. Wir haben zwar die Untermieterin und die direkten Nachbarn befragt, aber hat einer von euch an die Nachbarn gedacht, die weiter entfernt wohnen? Der Schuss, der Winkmüllers Schädel zerfetzt hat, muss einen fürchterlichen Lärm gemacht haben. Ich werde weitere Nachbarn befragen. Wir haben keine genaue Tatzeit, nur eine Ungefähre. Das nervt mich gewaltig!“
Er wendete. Dann fuhr er zurück und parkte erneut vor dem Haus. „Und was ist mit der Pressekonferenz, die Überthür anberaumt hat?“, fragte Meinhold.
„ Sein Problem“, sagte Hell und stieg aus, „Ihr könnt ins Präsidium fahren. Sebi, Du kannst Überthür zur PK begleiten, Du warst ja in der Wohnung von Roberts dabei. Ich schaue mich hier noch etwas um.“ Er machte eine abwehrende Handbewegung und ließ die Fahrertüre offen stehen.
Meinhold stieg aus und wechselte die Seite. Ihr Blick ruhte noch einige Sekunden auf ihrem Chef, der schon mit schnellen Schritten die Straße hinaufging.
*
Im Flur stapelten sich die Kisten der KTU. Links war die Küche, sie warf einen Blick hinein, doch sah sie niemanden. Als sie den Flur entlang schaute, sah sie gerade einen Tatortermittler in einem Raum verschwinden. „Hallo, Gerichtsmedizin, wo finde ich den Toten?“
„ Treppe rauf und dann den Gang entlang“, rief ihr jemand aus der Küche zu. Eine weibliche Stimme. Heike Böhm erschien in der Tür.
„ Ach Sie sind es, Dr. Beisiegel. Der Tote ist oben im Schlafzimmer. Kein schöner Anblick. Entschuldigung, aber wir haben viel zu tun.“ Sie machte eine kleine Geste, verschwand wieder in der Küche. Dr. Beisiegel fiel auf, das nur noch Tatortermittler im Haus waren, keine Kripo mehr.
„ Ist die Kripo schon weg?“, rief sie Heike Böhm hinterher.
„ Ja. Als ich ankam, war schon keiner mehr da. Hell und seine Leute waren hier, die sind aber dann gefahren, soviel wie ich weiß.“
„ Danke“, sagte die Ärztin und ging zum Fuß der Treppe. Sie blickte die Treppe hinauf und schickte ein kleines Gebet voraus. Bei einem Fall von Selbsttötung tat sie das immer. Dann schulterte sie erneut den schweren Koffer und setzte den ersten Fuß auf die Stufen. Langsam nahm sie Stufe für Stufe und oben angekommen, orientierte sie sich neu. Schließlich hatte sie das Schlafzimmer erreicht. Von hier kam das Licht. Sie starrte auf das Bett. Der Tote saß mit dem Rücken gegen das Kopfteil des Bettes gelehnt. Seine Augen starrten ins Leere. Er war angezogen. Überall war Blut. In seiner Hand lag noch die Waffe. Er hatte sich in den Kopf geschossen. Durch den Mund. Die Wand hinter dem Bett war voller Blut, Knochensplitter und Gehirnmasse.
Sie trat näher. Dann erkannte sie, dass beinahe der komplette Hinterkopf des Toten fehlte. Ihr Blick fiel auf die Waffe. Groß und silbern lag sie in der Hand des Mannes. Todbringend. Konnte ein Schuss aus dieser Waffe eine solche Verletzung verursachen?
Wo war das Projektil? Es konnte sich nur in der Wand zwischen all dem Blut und Hirn verbergen. Aber das gehörte nicht zu ihrer Aufgabe. Die Kollegen der KTU würden sie finden. Sie stellte den Koffer ab und streifte sich die Handschuhe über. Sie maß die Lebertemperatur, schaute sich die riesige Austrittswunde genauer an.
Plötzlich hörte sie ein Räuspern hinter sich. Sie wandte sich um. An dem Türpfosten lehnte Hell.
„ Die junge Frau, die ihn fand, sprach von einem Massaker“, sagte er.
„ Kann ich nachvollziehen, wenn ich mir das so anschaue“, antwortete Dr. Beisiegel.
„ Ich hatte gehört, ihr wärt schon weg“, sagte Sie.
„ Ich bin noch da, wie Du siehst.“
Hell hatte in der Nachbarschaft einen Treffer gelandet. Eine alleinstehende Dame hatte in der Nacht ihren Hund
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