Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
Assistent war überfordert. Französisch verstand er nicht.
Er gab Lacro ein Zeichen, zu ihm zu kommen. Der tat bereitwillig, was der Mann von ihm forderte. In seinem Kopf ratterten die Gedanken. Die Kiste mit seinen Habseligkeiten stand bereits am Ende des Laufbandes. Ebenso wie sein Trolly. Wie erwartet hatte es hier keine Probleme gegeben.
Als der Assistent mit dem Abtasten begann, näherten sich vom Duty-Free-Bereich aus zwei Bundespolizisten. Noch sprachen sie locker miteinander. Doch dann sah der eine den Mann in Uniform neben der Torsonde stehen und machte seinem Kollegen ein Zeichen.
Bleib ruhig, sagte sich Lacro. Lächele! Doch in dem Moment fuhr die Handsonde über seine Brust.
Piep!
Zurück.
Piep!
*
Die beiden Bombenräumer mit den Metalldetektoren hatten den direkten Umkreis um das Boot sondiert und für sicher befunden. Die Endoskop Kamera wanderte in der Hand des Spezialisten um das komplette Boot herum. Erst danach gab er Entwarnung. Zwischen Boot und Erde gab es keine Drähte, die auf eine selbstgebastelte Sprengfalle hinwiesen. Der Leiter des Teams trat mit zu seinen Männern und gemeinsam hoben sie das Boot an und kippten es über die Längsseite um.
Dort lag ein Mensch, zusammengekauert. Gefesselt an Händen und Füßen. Um den Kopf waren zwei Handgranaten mit Klebeband befestigt.
Aber noch viel auffälliger war das Schild, was der Mann auf der Brust trug. Ein DIN A4 Blatt mit Aufschrift. Der Leiter las es.
Mein Name ist Demian Roberts. Dies nur für den Fall, dass ich nicht mehr weiß, wer ich bin.
Konnte es möglich sein, dass er den Verstand verloren hatte? Der Mann schien nicht bei Bewusstsein. Wie fühlte sich wohl jemand, dem man Handgranaten an den Kopf band? Wie lange konnte man damit klar bleiben, ohne durchzudrehen? Er wischte den Gedanken weg.
Das war nicht ihre Aufgabe. Um den Gemütszustand des Opfers sollten sich andere Kümmern. Der Bombenspezialist bückte sich neben den Mann. Mit kritischem Blick betrachtete er die Granaten. Erst rechts, dann links. Die Taschenlampe half ihm, alles sehr genau in Augenschein zu nehmen.
Mit Bedacht zog er ein Messer aus der Tasche, schnitt das Klebeband durch und ließ die Granaten wie Eier in seine Hand fallen. Die Mitglieder des Teams schauten ihm entgeistert zu.
Eine davon hielt er hoch und schüttelte sie. Man hörte ein leises, scharrendes Geräusch.
„ Sand. Da ist Sand drin. Die Dinger sind aus der Scherzartikelabteilung. Da hat uns einer gehörig verarscht. Und den armen Kerl hier gleich doppelt.“
Alles passierte in Zeitlupe. In dem Keller. Vor dem Spiegel. Wäre Roberts noch bei Sinnen gewesen, so hätte er bis drei gezählt. Nichts wäre passiert. Keine Explosion. Sein Kopf wäre nicht in tausend blutige Fetzen gerissen worden. Er wäre weiter an dem Stuhl gefesselt gewesen, doch in der Gewissheit, dass er irgendwann gerettet werden würde. Doch sein Geist hatte sich in eine Zwischenwelt geflüchtet, in der es keine Handgranaten, keinen Keller und keinen Spiegel mehr gab. Dafür Wasser und eine andere, fürchterliche Bedrohung.
Als er jetzt die Augen aufriss und wirr um sich blickte, wiederholte er nur schreiend ein um das andere Mal ein Wort:
Schlangen!
*
Das Herz in seiner Brust schlug laut und vernehmlich. Er verstand seine Botschaft. Sei auf alles gefasst! Sein wachsam! Rette dich, wenn es sein muss! Aber bleib solange ruhig, wie es nötig ist.
Die beiden Bundespolizisten musterten ihn. Sie schienen es nicht eilig zu haben. Lacro hatte blitzschnell beschlossen, kein Wort Deutsch mehr zu verstehen. Das half ihm vielleicht.
Er verfluchte seine Dämlichkeit. Oder besser gesagt, seine Sentimentalität. Sein Talisman hatte ihn verraten. Der Talisman, den er schon während seiner Zeit als Söldner, aber auch bei seinen weiteren Einsätzen immer trug. Eine Gewehrpatrone. Ohne Schwarzpulver, völlig harmlos. Aber ein Gegenstand, der nicht mit an Bord eines Flugzeuges durfte.
„ Sie haben dort etwas unter ihrem Hemd“, hatte der Sicherheitsmitarbeiter gesagt.
„ Comment?“
„ There is something under your shirt“, versuchte er es auf Englisch.
Lacro hatte sich an die Brust gefasst und so getan, als wäre er überrascht.
Dann hatte er langsam die Krawatte beiseitegeschoben, das Hemd aufgeknöpft und die Kette mit der Patrone hervorgezogen. Dabei passte er auf, dass der frische Verband auf seiner Schulter nicht zu sehen war.
„ Sie haben da einen gefährlichen Gegenstand, der nicht mit an Bord eines
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