Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
dass die Ermittler ihr sowieso auf die Schliche gekommen wären. Es hätte unangenehme Fragen gegeben, womöglich einen Besuch zuhause. Das wiederum hätte ihren Mann aufgeschreckt. Was sie auf jeden Fall vermeiden wollte. Der arme Ehemann wusste nichts von den Plänen seiner Frau. Für ihn war ihre Ehe zwar in einer Krise, aber er ahnte nichts von den Aktivitäten seiner Frau.
Also nahm sie ihren Mut zusammen und fuhr zur nächsten Polizeidienststelle um dort eine Aussage zu machen.
Hell erhielt einen Anruf von der Dienststelle um halb zehn. Eine Stunde später saß Lydia Laws vor ihm im Verhörraum. Wenn man nur ihr Äußeres betrachtete, war sie eine angenehme Erscheinung. Braunes, kurz geschnittenes Haar, dunkle Augen, die etwas spöttisch dreinblickten. Ein feines, ebenmäßiges Gesicht. Doch bereits die ersten Worte, die die junge Frau von sich gab, zeigten Hell, dass er eine Frau vor sich hatte, deren innere Schönheit weit hinter ihrer Äußeren zurückblieb.
„ Sollte mein Mann etwas von dem Abend im Maritim-Hotel erfahren, hetze ich Ihnen meinen Anwalt auf den Hals. Was soll ich hier? Ich habe den Polizisten doch schon gesagt, wo ich war und das Jan Schnackenberg mein Begleiter war. Was also soll ich jetzt auch noch bei Ihnen?“
Hell musste sich zurückhalten. Schon oft hatte er solche Frauen verhört. Er achtete darauf, dass seine Stimme klar und bestimmt klang. Innerlich war er aufgewühlt. Er ließ sich nicht gerne drohen.
„ Frau Laws, eines lassen sie uns direkt feststellen: wir lassen uns nicht drohen. Wir ermitteln in einem Mordfall. Sie sind die Letzte, die Jan Schnackenberg lebend gesehen hat. Also können wir uns auf einer Ebene treffen, die dem Tod des Mannes angemessen ist?“
Ihre Lider flackerten. Die Lippen spannten sich. Hell vermutete, dass sie sich nun zurücknahm. Er hatte ihr klargemacht, dass sie keinen dummen Bullen vor sich hatte.
„ Was wollen Sie von mir wissen?“, stieß sie hervor.
„ Wann und wo haben Sie sich von ihrem Begleiter verabschiedet, Frau Laws?“
Sie schaute über Hells linke Schulter. „Ich denke so gegen halb zwölf haben wir die Bar verlassen. Jeder fuhr dann nach Hause.“
„ Für sich?“
„ Ja, alleine“, antwortete sie.
Hell stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab. „Das müssen sie mir jetzt erklären. Eine Bar mit sanfter Musik, Kaviarhäppchen und Rotwein. Ein Mann und eine Frau. Sie sind eingeladen worden. Das hatte doch einen romantischen Hintergrund. Und dann fährt jeder getrennt nach Hause? Was ist schief gegangen?“
„ Nichts“, log sie.
„ Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen das nicht glaube.“
„ Ihr Problem.“
„ Sie sind abgeblitzt, Frau Laws. Habe ich Recht?“
„ Ich bin verheiratet. Was erlauben Sie sich?“, rief sie entrüstet.
„ Warum darf dann ihr Mann nichts von ihrem Rendezvous wissen? Frau Laws, ich bin kein Scheidungsanwalt. Ich ermittele in einem Mordfall. Wenn Sie uns nicht alles sagen, was Sie wissen, dann machen Sie sich strafbar.“
Sie funkelte ihn an. „Ich sage Ihnen alles. Wir waren dort, weil ich ihn eingeladen habe.“
So hatte Hell es sich gedacht.
„ Haben Sie sich gestritten, weil der Abend nicht nach ihren Wünschen verlief?“
„ Wünsche? Meine Wünsche? Woher wollen Sie meine Wünsche kennen? Aber nein, wir haben uns nicht gestritten.“
Sie beugte sich ein wenig zu ihm vor. Wenn sie könnte, würde sie mir etwas ins Gesicht werfen, dachte Hell. Sie konnte aber nicht. Daher setzte er noch einen drauf.
„ Besitzt ihr Mann eine Waffe, Frau Laws?“
„ Nein, mein Mann hat noch nie eine Waffe besessen. Er ist Lehrer für Mathematik.“ Ihre nach unten gezogenen Mundwinkel verrieten Hell, dass sie keine Achtung mehr für ihren Mann und auch nicht für seinen Beruf hatte.
„ Auch Lehrer besitzen Emotionen“, sagte er.
„ Sie kennen meinen Mann nicht, Herr Kommissar.“ Sie nickte und er sah, dass ihre Offenheit ihr große Probleme bereitete.
„ Es wird uns aber nichts anderes übrig bleiben, als ihn kennenzulernen. Falls er etwas von seinem Konkurrenten wusste, dann kann es sein, dass er etwas gegen ihn tun wollte.“
„ Nein. Tun Sie das bitte nicht. Herr Kommissar!“
„ Es tut mir leid, aber manchmal fällt man unangenehm auf. So wird es Ihnen jetzt auch gehen, Frau Laws.“
Jetzt sah sie besorgt aus, nahezu bekümmert. Doch Hell konnte ihr nicht helfen. Ein eifersüchtiger Ehemann war immer ein sehr guter Verdächtiger, selbst wenn er bloß
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