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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Verwalterin«, gab die Alte zur Antwort, »das kann niemand mehr, da ist alle irdische Hilf vergebens. Ich hab schon so manchen sterben sehen: kleine Kinder und große starke Männer, ich weiß ganz genau, wann’s drum und dran geht. Aber die Sally hat was auf’m Herzen, und sooft sie nicht grad ohnmächtig ist – sie tut sich mit dem Sterben recht schwer –, dann sagt sie, sie müßt was erzählen, was Ihnen angeht. Sie wird keinen ruhigen Tod net haben, als bis Sie nicht zu ihr gekommen sind, Frau Verwalterin.«
    Mrs. Cornay murmelte ein paar Schimpfworte vor sich hin, nahm ein dickes Umschlagtuch vom Nagel und ersuchte den Kirchspieldiener, freundlichst zu warten, bis siezurückkommen würde. Dann schritt sie zur Stube hinaus, immerwährend vor sich hinschimpfend.
    Das Benehmen Mr. Bumbles, als er sich nunmehr allein im Zimmer befand, war recht befremdend. Zuerst öffnete er den Wandschrank, zählte die Teelöffel, wog die Zuckerzange in der Hand, besichtigte einen silbernen Milchtopf bei Licht und klopfte daran, ob er auch echt sei, setzte sich dann seinen Dreispitz schief auf den Kopf, als er sich diesbezüglich Gewißheit verschafft, und tanzte würdevoll ein paarmal um den Tisch herum. Dann nahm er seinen Dreispitz wieder ab, setzte sich mit dem Rücken zum Ofen und konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit auf das Inventar im Zimmer.

VIERUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    Handelt von einer sehr armen Person
     
    Die alte Frau, die Mrs. Cornay in ihrer Ruhe gestört hatte, war eine Todesbotin, wie sie es wohl nicht besser sein konnte. Vom Greisenalter gebeugt, mit zitternden Gliedern, das halbseitig gelähmte Gesicht mit dem Glotzauge, alles das verlieh ihr das Aussehen einer grotesk phantastischen Zeichnung.
    Keuchend humpelte die Alte die Gänge entlang und die Stiegen hinauf und gab auf die Scheltworte Mrs. Cornays nur unverständliche leise Antworten, bis sie schließlich gar nicht mehr weiterkonnte und nach Atem schnappend stehenbleiben mußte. Dann reichte sie der Armenmutter die Kerze, die sie in der Hand hielt, und humpelte so schnell sie konnte hinter ihr her zur Stube, wo die Kranke lag.
    Es war das ein kahler Raum oben unterm Dach. Ein trübesLicht flackerte darin. Ein andres altes Weib saß an einem Bett und wachte. Am Ofen stand der Lehrjunge des Gemeindeapothekers und schnitzte sich aus einem Gänsekiel einen Zahnstocher.
    »Ein kalter Abend, Madame«, bemerkte der junge Herr, als Mrs. Cornay eintrat.
    »Ja ja, sehr kalt, Sir«, stimmte die Armenhausverwalterin in ihrem leutseligsten Tone bei und begleitete ihre Worte mit einem tiefen Knicks.
    »Sie sollten bessere Kohlen von Ihrem Lieferanten verlangen«, sagte der Apothekerlehrling und bemühte sich, einen Kohlenklumpen in dem kleinen Öfchen mit dem Schürhaken zu zertrümmern. »Was Sie da haben, sind ja gar keine Kohlen; für so kalte Nächte taugen sie nichts.«
    »Die Kohlenbestellung ist Sache der Behörden, Sir«, versetzte Mrs. Cornay.
    Ein Stöhnen vom Bette her unterbrach sie in ihrer Rede.
    »O«, sagte der junge Mann und wendete sein Gesicht der Kranken zu, »mit der ist’s aus.«
    »Wirklich?«
    »Würde mich sehr wundern, wenn sie noch eine Stunde lebte. He, Sie da, was ist’s? Schläft sie?«
    Die Krankenwärterin beugte sich über das Bett und nickte bejahend.
    »Vielleicht schläft sie sich hinüber«, brummte der junge Mann. »Setzen Sie mal die Kerze auf den Boden, da scheint sie ihr nicht so in die Augen.«
    Die Wärterin gehorchte, schüttelte aber dabei den Kopf, um ihrer Meinung Ausdruck zu geben, daß die Kranke wohl nicht so leicht sterben werde. Dann setzte sie sich neben die andere Krankenwärterin, die inzwischen ebenfalls eingetreten war. Mrs. Cornay wickelte sich mürrisch noch dichter in ihr Umschlagtuch und nahm am Fußendedes Bettes Platz. Der Apothekerlehrling, dem es inzwischen gelungen war, seinen Zahnstocher zu beenden, begab sich gähnend an den Ofen. Dort blieb er ein paar Minuten, dann wünschte er Mrs. Cornay eine geruhsame Nacht und schlich auf den Zehen hinaus.
    Eine Zeitlang blieben die beiden alten Weiber still nebeneinander sitzen. Dann krochen sie ans Feuer, und die Flamme warf ihren gespenstigen Schein auf ihre verrunzelten Gesichter und verlieh ihnen in ihrer Häßlichkeit ein wahrhaft gespenstiges Aussehen.
    »Hat sie noch was gesagt, als ich weg war?« fragte das erste alte Weib.
    »Kein Wort mehr«, war die Antwort. »Ein paarmal hat sie mit den Armen um sich gehaut, aber ich hab ihr die Hände

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