Olivers Versuchung
zusammen. „Niemals! Ich bin kein Wilder. Ich werde es dir beweisen.“ Was sagte er da?
„Wie denn?“, forderte sie ihn heraus.
Ohne den Blick von ihr abzuwenden, gab er einen Befehl. „Blake, hole mir eine Flasche Blut aus der Speisekammer!“
„Was?“, fragte sein Halbbruder verblüfft. „Ist das dein Ernst?“
„Du hast mich schon richtig verstanden.“
Er hörte, wie Blakes Stiefel auf dem Holzboden kratzten, als er das Zimmer verließ.
Ursula warf Oliver einen zweifelnden Blick zu. „Was hast du vor?“
„Ich werde dir beweisen, dass ich zivilisiert bin und dass ich dein Blut nicht will.“ Er wusste, dass er ein Lügner war, aber er musste sie vom Gegenteil überzeugen. Sonst würde er nie die andere Sache bekommen, die er von ihr wollte: ihren Körper, in Ekstase unter ihm keuchend.
„Indem du Blut aus einer Flasche trinkst? Das beweist gar nichts!“
Sie hatte wahrscheinlich recht, aber es würde gleichzeitig noch etwas anderes sicherstellen. „Zumindest weißt du dann, dass ich für die nächsten vierundzwanzig Stunden gesättigt bin und du vor mir sicher bist. Wenn du wirklich die letzten drei Jahre mit Vampiren verbracht hast, dann kennst du ihre Gewohnheiten, ihre Triebe und ihre Bedürfnisse. Dann weißt du, dass ein Vampir keinen Drang empfindet, dich wegen deines Blutes anzugreifen, wenn er ausreichend gesättigt ist.“
Er vernahm ein leichtes Nicken von Ursula. Doch die Zweifel in ihren Augen verschwanden nicht. „Das bedeutet nicht, dass ich vor dir sicher bin.“
Ihre Augen trafen sich, und er musste insgeheim mit ihr übereinstimmen. Nein, sie war nicht vor ihm sicher. Den Blutdurst konnte er vielleicht bekämpfen, indem er mehr trank, als er normalerweise tat, aber wie konnte er das Verlangen unterdrücken, das in seinem Bauch wuchs? Konnte er sie wirklich bewachen, ohne der Versuchung zu erliegen, sie zu berühren, sie zu küssen und seinen Körper gegen ihren zu drücken? Oder würde das Feuer, das sie mit ihrem Kuss entzündet hatte, außer Kontrolle geraten und fordern, dass er sie an sich presste und ihr die Kleider vom Leib riss? Und wenn sie nackt und keuchend unter ihm lag, würde er die Kraft aufbringen, dem Drang zu widerstehen, sie zu beißen? Er bezweifelte es.
Wie konnte er nur solche Gedanken haben, wo er doch wusste, was sie durchgemacht hatte? Das Letzte, was sie jetzt wollte, war ein Mann, den es nach ihrem Blut gelüstete, geschweige denn einen, der sie berühren wollte.
Er wich ihrem Blick aus, da er wusste, dass er ihre Aussage nicht widerlegen konnte. Er war froh, dass er nicht antworten musste, da Blake gerade den Raum betrat und ihm eine Flasche Blut in die Hand drückte.
„Danke.“
Er verschwendete keine Zeit, öffnete den Deckel und führte die Flasche an seine Lippen. Das Blut war schrecklich: leblos, öde und kalt. Aber es war nicht die Temperatur, die ihn störte: Es war die Tatsache, dass er seine Fänge nicht in menschliches Fleisch senken konnte, während er trank. Dies hier war anders und gab ihm nicht den gleichen Nervenkitzel, den er verspürte, wenn er einen Menschen jagte, um sich von ihm zu ernähren. Aus der Flasche zu trinken hinterließ ein Gefühl der Leere. Aber er schluckte das Blut trotzdem hinunter. Sein Körper würde gesättigt sein, und es würde ihn viele Stunden lang nicht nach Ursulas Blut gelüsten. Es bedeutete jedoch nicht, dass sein Geist gesättigt war – dieser Teil von ihm hungerte nach der Jagd und nach dem Nervenkitzel, seine Zähne in ein lebendiges, atmendes Wesen zu schlagen.
Unter seinen halb geschlossenen Lidern bemerkte er, wie Ursula ihn beobachtete. Sie zeigte keinen Ekel. Vielleicht war sie durch das, was sie in der Gefangenschaft gesehen hatte, desensibilisiert worden, oder vielleicht hatte sie gelernt, ihre Gefühle zu verstecken.
Als er die leere Flasche absetzte, sprach er sie wieder an: „Möchtest du dich ausruhen? Ich werde dir dein Zimmer zeigen.“
„Das Gästezimmer ist ein Chaos“, behauptete Blake. „Es ist voll mit Kisten von Roses Kleidung, während der Schrank in ihrem Schlafzimmer umgebaut wird.“
Oliver sah Blake an. „Das habe ich total vergessen. Also dann mein Zimmer.“
„Ich schlafe nicht in –“
Er hob seine Hand, um sie zu stoppen. „Ich werde es nicht benützen. Außerdem hat es ein eigenes Badezimmer mit Badewanne, falls du . . .“ Er ließ seine Stimme verklingen. Sie sich in seiner Badewanne vorzustellen, umgeben von heißem Wasser und Schaum, raubte
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