Olivers Versuchung
froh. Es war ihm egal, ob diejenigen, die Zeugen seines schnellen Laufs wurden, ihren gesunden Menschenverstand in Frage stellen würden, wenn sie ihn sahen. Alles, was ihm wichtig war, war nach Hause zu gelangen, bevor seine Kollegen Ursula schnappen konnten.
Sein Herz schlug wie ein Presslufthammer, und sein Atem raste heftig in seine Lunge hinein und wieder heraus, bis er schließlich in seine Straße einbog und zur Eingangstür seines Hauses stürzte. Er steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete sie. Dann stürmte er in die Diele.
„Ursula? Ursula!“, rief er aus.
Keine Antwort. Das Tier in ihm heulte verzweifelt auf.
„Ursula, wo bist du?“, wiederholte er und rannte zur Treppe, als er eine Bewegung zu seiner Rechten auffing. Sofort schnellte sein Kopf in diese Richtung.
Quinn stand in der Tür zum Wohnzimmer, die Hände in den Hosentaschen vergraben. „Sie ist nicht mehr hier.“
Wütend stürmte Oliver auf Quinn zu und schleuderte ihn gegen den Türrahmen. „Wo ist sie?“
Sein Erschaffer schüttelte ihn mit Leichtigkeit ab. „Sie haben sie an einen sicheren Ort gebracht.“
„Wohin?“
„Das kann ich dir nicht sagen.“
Oliver kniff die Augen zusammen. „Das kannst du nicht oder das willst du nicht?“
„Beides.“
„Dann bist du gegen mich.“
Quinn schüttelte den Kopf und warf ihm einen strengen Blick zu. „Ich beschütze dich. In dem Zustand, in dem du dich befindest, ist nicht abzusehen, wozu du im Stande bist. Glaubst du wirklich, ich würde es zulassen, dass diese Versuchung weiter vor deiner Nase baumelt, und mit ansehen, wie du dich selbst zerstörst? Ich habe dich nicht verwandelt, um jetzt zuzuschauen, wie du dein Leben wegwirfst!“
„Du hast keine Ahnung, was in mir vorgeht!“
Oliver bemerkte, dass Rose und Blake aus dem Wohnzimmer gekommen waren.
„Keiner von euch weiß das! Ihr habt kein Vertrauen in mich! Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen. Aber ihr glaubt nicht, dass ich der Versuchung widerstehen kann. Ihr haltet mich für schwach! Ich bin kein Kind mehr, verdammt noch mal! Ich weiß, was richtig und was falsch ist! Aber ihr alle glaubt, dass ihr für mich denken müsst! Traut mir verdammt noch mal mehr zu! Alles, was ich wollte, war eure Unterstützung und eure Liebe! Und stattdessen erstickt ihr mich! Ihr behandelt mich wie einen jugendlichen Kriminellen, der gerade dabei ist, das nächste Verbrechen zu begehen! Verdammt! Ich würde Ursula nie wehtun! Ich sorge mich um sie!“ Er nahm einen Atemzug und füllte seine Lungen, bevor er fortfuhr: „Sie hat mir vertraut! Und jetzt?“
Er wusste, was Ursula jetzt von ihm hielt. Er musste kein Gehirnchirurg sein, um das zu erraten. Sie hasste ihn – dessen war er sich sicher – denn sie glaubte, dass er ihr Vertrauen missbraucht und sein Wort gebrochen hatte. Er hatte ihr versprochen, ihr Geheimnis zu wahren.
Oliver wies mit dem Finger auf Quinn. „Wenn ihr etwas passiert, mache ich dich dafür verantwortlich.“
Dann machte er kehrt und rannte zur Tür, die in die Garage führte. Er eilte die Treppe hinunter, sprang in den Minivan und schoss aus der Garage und in die Nacht hinein. Er musste Ursula finden.
Er erreichte Scanguards’ Hauptquartier im Mission Bezirk kurze Zeit später und gelangte mit seiner Zutrittskarte in die Tiefgarage. Nachdem er den Minivan auf seinem Stammplatz geparkt hatte, nahm er den Aufzug in die Chefetage. Als sich die Aufzugtüren öffneten, bemerkte er sofort die hektische Aktivität, die die normalerweise ruhige Etage in einen summenden Bienenstock verwandelte.
Oliver näherte sich dem großen Versammlungsraum, wo einige seiner Vampir-Kollegen herumstanden. Er tippte einem auf die Schulter.
„Was ist los, Jay?“
„Zane hat eine Sitzung einberufen. Sieht so aus, als ob wir Informationen über diese Verrückten haben, wegen denen wir die Stadt patrouilliert haben. Es heißt, dass Zane letzte Nacht einen eingefangen hat. Sieht so aus, als ob wir neue Aufträge bekämen.“
Oliver nickte. Er wusste schon, dass sie einen der Blutegel, wie Ursula die Vampire nannte, die das Blut-Bordell besuchten, gefangen genommen hatten. „Es ist kein Gerücht. Wo ist Zane jetzt?“
Jay zuckte die Achseln. „Keine Ahnung.“ Er blickte auf seine Uhr. „Die Sitzung soll in fünfzehn Minuten anfangen.“ Er grinste in Richtung der Vampire, die sich bereits versammelt hatten. „Jeder leckt sich schon die Finger, dass jetzt endlich was los ist.“
„Das kann ich
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