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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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antwortete ich schließlich. Ich brannte darauf zu sagen, dass ich es konnte. Und zwar richtig gut. Aber es ging nicht.
    »Wir suchen nämlich noch eine Irre mit einem Zopf.« Kreischend vor Lachen kehrte das Mädchen zu ihrer Clique zurück.
    »Bist doch selber eine Irre mit einem Zopf, einem künstlichen blonden Zopf«, murmelte ich, als die drei längst wieder ihre bescheuerten Tanzschritte machten. Ich reagierte einfach nicht schnell genug. Das musste ich üben. Mein Kopf juckte ein bisschen, doch ich wollte mich nicht in der Öffentlichkeit kratzen. Den Teufel würde ich tun.
     
    Als ich ins Klassenzimmer kam, saß Sascha wie immer an seinem Platz. Unsere Freundschaft bestand aus kurzen Gesprächen im Unterricht, weiter nichts.
    »Hallo«, sagte ich übertrieben munter.
    Er nickte.
    »Wie geht’s?«, fragte ich übertrieben interessiert.
    »Gut. Also.« Er fixierte einen Punkt auf meiner Stirn.
    Da fiel mir keine Frage mehr ein. Ich griff nach meinem Heft und fing an, Kreise zu malen.
    »Okay, Kinder!« Jenny rieb sich die Hände. »Wir machen Mathe!«
    Stöhnend ließ ich den Kopf auf die Tischplatte sinken. Ich hatte meine Zusatzaufgaben immer noch nicht gemacht.
    Mein Vater hatte auch nicht danach gefragt. Vielleicht hatte er es einfach vergessen.
    »Alles in Ordnung?«, flüsterte Sascha.
    Wusch, wollten sich Tränen einen Weg nach außen bahnen. Ich wandte mich von ihm ab. Jenny schob mir ein Blatt Papier unter die Nase. Noch mehr Matheaufgaben. Heute Nachmittag wollte ich mit meinem Vater einen »Gartenplan« machen. Das meiste Gerümpel hatten wir schon weggeräumt, aber es lagen immer noch viele Steine und eine Menge Holz herum. Ich wusste nicht, was ein »Gartenplan« sein sollte. Mein Vater und ich waren beide nicht gut im Einrichten. Um solche Dinge hatte meine Mutter sich immer gekümmert. Aber vielleicht konnten wir das Holz zusammentragen und ein Feuerchen machen. Ich dachte an den Bauch meines Vaters, an den ich mich dann kuscheln könnte. Nichts müssen. Ich wünschte, es wäre schon Abend. Wünschte, das Leben würde aus einer langen Folge von Abenden und Feuerchen und Kuchen bestehen.
    Ich schob das Blatt Papier weg.
    »Du musst schon was tun, junge Dame.« Jenny kam an meinen Platz. Ich sah ihre Füße. Dunkelblaue Pumps trug sie, wie eine Stewardess.
    »Ich glaube, dass sie krank ist. Bauchschmerzen.« Milena klang ganz so, als würde sie es ernst meinen.
    »Halt den Rand, Milena.« Jenny ging neben mir in die Hocke.
    »Nein, ehrlich.« Milena sang beinahe. »Ich habe sie gerade noch was aus dem Mülleimer nehmen und essen sehen, wie eine Ratte. Da ist mir selber fast schlecht geworden.«
    »Raus, Milena!«
    Milena machte extra viel Krach beim Aufstehen.
    »Jenny! Ich muss mal!«, rief eine ihrer Freundinnen gleich.
    So ging das hier.
    Doch das war eigentlich egal. Die Kinder in meiner Klasse. Die Schule. Sogar die Nachbarschaft. Denn die mussten alle hierbleiben, während mein Vater und ich nur vorläufig da waren.
    »Okay, Kinder! An die Arbeit. Das ist ein Test, er zählt bei eurer Note mit.« Jenny klang streng. Ein Test. Wie der Rest meines Lebens hier. Ich sah nicht hoch.
    »Okay, Kinder!« Unaufhörlich wiederholte Jenny: »Okay, Kinder!«, bis es ein bisschen ruhiger wurde. Dann flüsterte sie mir etwas ins Ohr. Es sollte mich wohl ermutigen, aber ich hörte nicht zu. Ich dachte an unsere Badewanne und an das Unterwasserschwimmen. Beides fehlte mir.
     
    Am Anfang hatte ich Unterwasserschwimmen gehasst. Das Chlor und das viereckige Becken voll Wasser, in dem man sich einen abstrampeln musste und trotzdem nirgendwo hinkam.
    »Einfach unter Wasser bleiben«, hatte der Lehrer gesagt, »es ist überhaupt nicht schwer.«
    Doch sobald ich untertauchte, wehrte sich alles in mir.
    »Bis zehn zählen und schnell geradeaus schwimmen. Ganz einfach«, sagte der Lehrer.
    Ich versuchte es, vergaß aber, die Augen offen zu lassen, und knallte voll gegen den Beckenrand.
    »Weißt du, woran es liegt, Olivia? Du musst daran glauben, dass du es kannst. Ich bin sicher, dass dein Körper dann aufhört, sich zu wehren.«
    Eine Woche lang dachte ich über seine Bemerkung nach. Jeden Tag stellte ich mir vor, wie ich mich in der nächsten Schwimmstunde trauen würde. Doch beim nächsten Mal fing ich schon an zu zittern, bevor wir überhaupt ins Wasser mussten. Und als wir untertauchen sollten, blieb mein Kopf einfach oben.
    »Du musst es nicht nur glauben«, sagte der Lehrer, »du musst es auch üben.«
    An

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