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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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weg.« Ganz meine Meinung.
    Am nächsten Tag brachten wir frühmorgens das Auto zurück und fragten den Hafenmeister, ob wir den Trailer kaufen könnten. Konnten wir. Um den Kauf zu besiegeln, trank mein Vater noch eine Stunde lang mit dem Hafenmeister Kaffee. Ich schlenderte so lange im Jachthafen umher. Vom Schielenden Nelie weit und breit keine Spur, aber überall stieß ich auf seinen Knoten.
    Wir ließen den Jeep im Hafen zurück und fuhren mit der Straßenbahn zu unserem vorläufigen neuen Zuhause.
    Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu reden. »Siehst du das Geschäft da, Papa? Und die Werbetafel? Eine Snackbar! Da, eine Snackbar, können wir nachher Fritten essen?«
    Ich las jede Werbung vor, bis mein Vater laut stöhnte. »Olivia, bitte!«
    Dann hielt ich den Mund, aber in meinem Kopf ging das Gerede weiter. Ob man in einem Boot im Garten wohl anders wohnte als in einem Boot im Wasser? Eigentlich hatte ich keinen Vergleich, weil ich nur sechs Tage während der Überfahrt auf dem Wasser gewohnt hatte. In Friesland hatte ich ein eigenes Zimmer gehabt, einen eigenen Schrank und eine große Truhe im Keller, in der ich mich stundenlang verstecken konnte, während meine Eltern im ganzen Haus: »Olli! Olive!« riefen. Es war mir ein Rätsel, warum sie nie auf die Idee kamen, in der Truhe nachzusehen. Und als ich es begriff, war ich auch schon zu groß, um noch mit meinen Eltern Verstecken zu spielen. Das war in etwa zur selben Zeit, als mir langsam dämmerte, dass es beim Nikolaus nicht mit rechten Dingen zuging. Schade fand ich das, weil ich Märchen über alles liebte. Man könnte meinen, hinter die Geheimnisse seiner Eltern zu kommen sei toll, aber danach ist es gar nichts Besonderes mehr. Die Wahrheit ist meistens ziemlich langweilig.
    »Glaubst du, dass wir im Schlamm versinken?«, fragte ich, als die Straßenbahn laut quietschend um die Kurve bog.
    Mein Vater sah aus dem Fenster, unsere Fahrkarten hielt er in der Hand.
    »Wenn es zu stark regnet, versinkt der Trailer als Erstes«, plapperte ich weiter, »und dann sieht es aus, als würde das Boot über Land segeln. Und wenn wir noch tiefer einsinken, verschwinden wir im Boden.«
    Mein Vater ballte die Fäuste so fest, dass seine Fingerknöchel ganz weiß wurden.
    »Vielleicht sinken wir danach noch tiefer ein. Und wenn wir auf der anderen Seite der Erde herauskommen, wo sind wir dann? Wohl in China, aber wir haben letztens im Unterricht auf dem Globus nachgesehen und gemerkt, dass man nur an Land rauskommt, wenn man in Island im Boden versinkt. Also würden wir mitten im Ozean landen. Was in unserem Fall ganz praktisch wäre, weil wir ja ein Boot haben.«
    »Wir sind da«, sagte mein Vater.
    Unser Garten lag gleich um die Ecke von der Haltestelle. Hand in Hand bogen wir in unsere Straße ein. Mein Vater hielt mich ganz schön fest. Am Zaun kramte er den großen Schlüssel hervor und stocherte im Schloss herum. Dann machte er mir mit einer übertrieben ausladenden Geste das Tor auf. Ich nickte feierlich und schritt hoheitsvoll hinein. Mein Vater schloss das Tor hinter uns, und wir blieben nebeneinander stehen und betrachteten unser neues vorläufiges Quartier.
    Mein Vater wies auf einen Haufen Holz in einer Ecke. »Daraus machen wir ein Lagerfeuer.«
    »Und das da räumen wir auf«, antwortete ich und deutete auf die kaputten Müllsäcke.
    Wir legten Steine vor die Räder des Trailers, damit er nicht wegrollen konnte. Den Mast stellten wir wieder auf, weil er im Liegen fast an den Zaun stieß. Meine Hände waren kalt, und ich fragte mich, wo ich meine Fäustlinge gelassen hatte, konnte mich jedoch nicht daran erinnern. Um sicherzugehen, dass wir nicht versinken würden, stocherte ich mit einem Stock im Boden, bis mir einfiel, dass wir gar nicht versinken könnten, wenn es erst mal fror. »Im Februar Schnee und Eis, macht den Sommer lang und heiß«, pflegte meine Oma stets zu sagen. Ich blies mir in die Hände. Zwei Finger waren kalkweiß. Es würde höllisch wehtun, wenn sie gleich wieder warm wurden.
    »Versuchen wir es einfach«, sagte mein Vater, der im Friseursalon eine hohe Leiter gefunden hatte. Er drückte sie in den Boden und lehnte sie ans Boot. »Ich binde sie gleich noch fest«, sagte er und stieg hinauf.
    Ich betrachtete das Boot. Im Hafen war es abgespritzt worden, aber trotzdem hatte es noch einige grüne Stellen. Hier im Garten wirkte es sehr groß. Und sehr hoch. Wie ein Walfisch. Ein dünner, an Land gespülter Walfisch.
    »Das ist ein

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