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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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mittlerweile so viele Stammkunden, dass er schon ein Regalbrett angebracht hätte. Mein Vater hatte nämlich ein Rasierwasser erfunden. Es roch so gut, dass alle einen auf der Stelle mochten, wenn man es trug. Wegen dieser geheimen Rezeptur hat sich meine Mutter damals in ihn verliebt. Natürlich, weil er sich damit eingeschmiert hat, nicht sie. »Es funktioniert nur bei Männern.«
    Die Kunden, die öfter kamen, bekamen von meinem Vater eigene Flaschen mit ihrem Namen darauf. So war das bei ihm. Die Flaschen durften sie nicht mit nach Hause nehmen, sie wurden auf ein Regalbrett gestellt und benutzt, wenn die Kunden wiederkamen. Ich kannte das Geheimrezept, hatte meinem Vater jedoch geschworen, es niemandem zu verraten.
    »Kundenbindung«, sagte mein Vater. Früher, in seinem alten Geschäft, hatte er zwei Regalbretter voller Flaschen gehabt, aber dass er jetzt bereits eines brauchte, war schon mal nicht schlecht.
    Ein Fahrrad kam mit quietschenden Bremsen auf der Brücke zum Stehen. Ich befestigte gerade ein Stück Brot am Haken, deshalb kümmerte ich mich nicht weiter darum.
    »Der Herr Friseurmeister angelt mit seiner Tochter?«, fragte jemand.
    »Musa!« Mein Vater winkte so begeistert mit seiner Angel, dass ich in Deckung gehen musste. Ich hatte ihn schon lange nicht mehr so fröhlich erlebt. Vielleicht lag es ja am Angeln. Mit mir.
    Musa fragte, ob mein Vater gleich wieder arbeiten gehen würde, und ich sah ihn zögern. Also tat ich so, als würde ich wieder ausrutschen, und zum Glück hielt mich mein Vater mit einer Hand fest, sonst wäre ich diesmal wirklich im Kanal gelandet.
    »Entschuldige, mein Freund, ich habe keine Zeit. Ich bin mit meiner Tochter hier.«
    Musa nickte. »Das ist gut. Deine Tochter ist dein Königreich.«
    Das war gut gesagt, fand ich.
    »Manchmal kommt keiner in den Laden, und mal kommen sie mich sogar noch holen«, schimpfte mein Vater, während er einen neuen Köder an den Haken steckte. Altes Brot. Davon hatten wir dank Musa genug.
    »Gib mir auch ein Stück«, sagte ich.
    Er grinste. »Hier, Königreich.«
    Ich steckte das Brot in den Mund und sagte: »Abendessen.«
    Er nahm mich in den Arm und drückte fest zu. »Ich bin einfach viel lieber mit dir zusammen.«
    Ich brauche gar keinen Sascha, dachte ich.

 
    10
     
    Saschas Haus lag am anderen Ende der Stadt. Ich war noch nie bei ihm gewesen, hatte die Adresse aber auf dem Plan bei der Bushaltestelle gefunden. Am Sonntagmorgen radelte ich mit dem Fahrrad meines Vaters hin. Eigentlich war es nicht seins, sondern eins, das er sich ausgeliehen hatte. Ein lila Damenrad.
    Ich hatte eine Weile herumgetrödelt, bis mein Vater gesagt hatte: »Es kann doch nicht sein, dass er von einem Tag auf den anderen plötzlich nicht mehr dein bester Freund ist. Vielleicht hat er sich ja das Genick gebrochen oder so.«
    Das könnte sogar stimmen, also hatte ich mich auf den Weg gemacht. Mit dem Fahrrad. Wo er es herhatte, war mir ein Rätsel. Seine Kunden sah ich so gut wie nie Rad fahren, und wenn, dann hatten sie so ein altes schwarzes Herrenrad wie Musa.
    Ich fuhr, ohne mich auf den Sattel zu setzen und ohne anzuhalten. Falls meine Füße den Boden berührt hätten, wäre das ein Zeichen gewesen, dass Sascha nicht mehr mein Freund war, und dann müsste ich zurück nach Hause.
    Bald schon brannten meine Oberschenkel vom Treten, aber alle Ampeln waren grün. Immer wenn ich eigentlich nicht mehr konnte, ging es doch irgendwie weiter.
    Bei der dritten grünen Ampel dachte ich: Das ist ein gutes Zeichen. Wofür, wusste ich nicht genau. Da war das Kribbeln wieder. Und vielleicht hatte es diesmal nichts mit der Asche zu tun.
     
    Das Haus konnte man nur von Weitem sehen, denn drum herum stand ein enorm hoher Zaun, hinter dem zwei noch enormere Riesenhunde Wache hielten. Das mussten Sabber und Barsch sein. Sascha hatte mir erzählt, dass sie darauf abgerichtet seien, Eindringlinge zu fressen. Und so sahen sie mich auch an: wie einen Leckerbissen.
    Ich musterte das Eingangstor, das gar nicht geschlossener hätte sein können, und lief ums Grundstück herum. In Friesland ging man immer hinten rum, oft standen sogar Blumenkästen im Eingang, weil sowieso keiner die Haustür benutzte. Das war meine Hoffnung. Ein Hintereingang.
    Auf der anderen Seite des Zaunes liefen Sabber und Barsch die ganze Zeit neben mir her. Bellhunde waren sie nicht, sie knurrten nicht mal, aber sie ließen mich nicht aus den Augen. Bei ihrer Größe hatten sie es wohl nicht nötig zu

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