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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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hatte das Gefühl, es wäre besser, das zu sagen. Dass der Polizist ständig »Sie« zu mir sagte, machte mich ganz nervös. Er sah selbst nicht besonders alt aus. Jünger als mein Vater jedenfalls.
    »Ist was mit meinem Vater?«, fragte ich.
    »Das weiß ich nicht. Was sollte denn mit ihm sein?« Er betrachtete mich mit ernsthaftem Interesse.
    Jetzt war ich nicht mehr nur erschrocken, sondern auch ein wenig verängstigt. »Mach die Tür zu, Olli«, rief mein Vater ständig. Aber meistens hatte ich Besseres zu tun, als auf ihn zu hören. Und deshalb stand jetzt einfach so ein Polizist im Garten.
    »Können Sie mal eben runterkommen?«
    Brav stieg ich die Leiter hinunter.
    Der Polizist schrieb etwas in seinen Notizblock. »Da.« Er reichte mir einen Zettel. »Ihr Vater soll sich so bald wie möglich bei mir melden.«
    Ich betrachtete den Zettel. Der Polizist hatte eine schreckliche Handschrift. Noch schlimmer als meine.
    »Was steht da?«
    Er sah mich an, wahrscheinlich wollte er: »Das geht Sie gar nichts an« antworten oder etwas in der Art. Doch er sagte: »Es liegt eine Anzeige vor. Wegen ungenehmigten Wohnens.«
    Ich nickte, verstand jedoch nicht, wovon er sprach.
    »Von wem ist die Anzeige?«
    »Das darf ich nicht sagen.«
    »Und was bedeutet das?«
    Er klopfte sich etwas Sand von der Hose.
    »Dass Sie und Ihr Vater nicht auf dem Boot wohnen dürfen. Sie haben keine Genehmigung.«
    Erneut nickte ich.
    Der Polizist sah aus, als hätte er sich am liebsten davongemacht, aber stattdessen unterhielt er sich schon eine ganze Weile mit mir. Wenn ich so viel Angst hätte wie er, dann würde ich auch eine Uniform anziehen. Aber nicht diese. Die Ärmel des Polizisten waren ganz abgeschabt, und am Kragen war etwas, das nach einem Essensfleck aussah. Wahrscheinlich Ei. Plötzlich fiel mir Simon ein, der ängstliche Mann aus unserem Dorf. Jetzt wusste ich, wie wir uns bei ihm hätten bedanken können: mit einer Uniform. Wegen der vielen Beerdigungen trug er natürlich oft einen schwarzen Anzug, aber eine Uniform war bestimmt noch besser, wenn man sich vor Menschen fürchtete. Sogar eine, die mit Ei bekleckert war.
    Möglichst freundlich sagte ich zu dem Polizisten: »Sie können ruhig Olivia zu mir sagen, ich bin keine ›Sie‹.«
    »Mein Name ist Carel. Mit C«, antwortete er. Das schien ihn selbst ein bisschen zu erschrecken.
    »Guten Tag, Carel.« Ich war stolz auf mich. Endlich der direkte Draht.
    »Bist du sicher, dass du elf bist?«, fragte Carel. Ich nickte.
    Er machte sich eine Notiz. Was schrieb er da wohl auf? Vielleicht: Sie ist elf .
    Bevor ich noch etwas sagen konnte, hatte er kehrtgemacht und war zurück in den Friseursalon marschiert. Ich begleitete ihn bis in die Küche, um mich zu vergewissern, dass er wirklich wegging. Dann rannte ich zum Eingang, verriegelte die Tür und räumte alle Flaschen auf.
    Weil ich schon mal dabei war, beschloss ich, auch in der Kajüte sauber zu machen. Zumindest meine Hälfte.
    Als mein Vater im Lauf des Nachmittags nach Hause kam, hatte ich schon Tee für ihn gekocht. Der war mittlerweile abgekühlt, doch mein Vater behauptete, dass er trotzdem sehr gut schmecke.
    »Warum bist du schon da?«, fragte er, nachdem er den Tee ausgetrunken hatte.
    Ich zuckte die Schultern und sagte, Sascha sei nicht zu Hause gewesen.
    »Und wo warst du?«, fragte ich, und mein Vater zuckte die Schultern und sagte: »Geldangelegenheiten. Du weißt schon.«
    Ich erzählte, beim Putzen sei mir aus Versehen eine Flasche Rasierwasser heruntergefallen und kaputtgegangen, und er sagte, das mache nichts. Dann tranken wir mehr Tee, jeder in seinem Zahnarztstuhl.
    Er fragte, ob es auch Kaffee gebe, und ich verneinte. Dann sagte er, dass er müde sei, und danach, dass er vielleicht einen Kredit aufnehmen müsse. Und ich sagte: »Aha.«
    »Wenn wir mehr Geld hätten, dann könnten wir ein bisschen großzügiger leben.«
    »Ich will nicht großzügiger leben«, sagte ich. »Mir gefällt es auf dem kleinen Boot. Und bald gehen wir sowieso wieder weg.«
    »Mit ›großzügiger leben‹ meine ich, dass wir uns mehr kaufen könnten als nur ein Glas Erdnussbutter.«
    »Könnten wir dann auch mal in ein Hotelzimmer mit einer Badewanne?« Der Gedanke war mir plötzlich in den Kopf geschossen.
    Erstaunt sah mein Vater mich an.
    »Ich würde so gerne mal wieder baden«, sagte ich, blickte ihn aber nicht an.
    Er berührte kurz meine Wange, zog die Hand dann wieder zurück. »Ich denke mal drüber nach.«
    Wir stiegen ins

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