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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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ich auch schon gehört, ja«, antwortete Sascha. Wir klangen beide nicht sehr überzeugt.
    »Tschüss«, sagte er dann, und ich glaube, dass er meine Hand ganz kurz streifte, aber es ging so schnell, dass ich nicht sicher sein konnte. Er schwang sich auf sein Mountainbike und fuhr davon.
    Ich ging zurück zu meinem Vater, der mitten im Garten stand. Er nahm mich in den Arm. Schweigend lauschten wir den Geräuschen der Stadt auf der anderen Seite des Zauns. Ohne das Mutterschiff klangen sie anders. Ich vermisste das Deck und unsere Betten.
    »Kann ich dir jetzt nie mehr mit den Füßen über den Kopf streichen?«
    Er drückte mich kurz. Ich spürte, dass er weinte.
    »Jammerlappen.«
    »Und dabei habe ich dir doch versprochen, damit aufzuhören. Mit dem Weinen.«
    »Ach, das brauchst du nicht, wir sind eine tolerante Familie.«
    Ich nahm seine Hand und zog ihn hinter mir her zur Küche. Die hatten wir vor der Abfahrt endlich mal sauber gemacht. Danach hatten wir die schmalen Matratzen vom Boot nebeneinandergelegt und so zwei Betten gebaut. Mein Vater knipste das Licht an. Auf jedem Bett lag etwas: ein Plastikteller mit einem Stück Kuchen. Von Sonja.

 
    21
     
    Ich wachte auf, weil jemand im Friseursalon ans Fenster klopfte. Ich tastete nach meinem Vater, aber der war weg.
    Kurze Panikattacke.
    Vom Boden aus konnte ich die Unterseite der Küchenschränke sehen. Immer noch furchtbar schmutzig.
    »Olli!« Mein Vater war auf der Toilette.
    Ich ging im Nachthemd in den Salon.
    Es waren meine Großeltern. Ich öffnete die Tür und flog meinem Opa in die Arme. Dann schmiegte ich mich an Oma. Ich schnupperte. Vielleicht war es der Geruch meiner Großeltern gewesen, der mir am meisten gefehlt hatte. Sie rochen mild, nach lieben alten Menschen. Sie rochen nach Familie.
    »Wie schön, dass ihr da seid!«
    »Ich rasiere mich noch kurz!«, rief mein Vater von der Küche herüber.
    Ich hatte ihn extra darum gebeten. Mir gefiel es, wenn sein Kinn glatt war. Witzig, dass er das jetzt in der Küche machte: Normalerweise setzte er sich in einen Zahnarztstuhl vor den großen Spiegel und ließ sich viel Zeit.
    Ich kochte Kaffee.
    Opa begutachtete den Friseursalon. Oma setzte sich auf die Holzbank und rief mich zu sich. Sie strich über mein kurzes Haar. »Frisch geschnitten«, sagte ich. Ich machte mir Sorgen. Vielleicht fanden Oma und Opa es ja unmöglich, dass die Urne auf dem Münztelefon stand. Es könnte ja jemand anrufen und dann fiele die Urne auf den Boden.
    Und der ganze Flur wäre voller Asche.
    Mein frisch rasierter Vater streckte den Kopf um die Ecke.
    »John. Da bist du ja«, sagte Opa. Seine Stimme klang sehr unterkühlt. Sie gaben sich die Hand.
    In Friesland hatten wir uns nie förmlich begrüßt. Da waren wir einfach da gewesen.
    Und wenn wir wieder weggegangen waren, hatten wir »Tschüss dann« gerufen. Aber richtig verabschiedet, per Handschlag oder mit einer Umarmung, hatten wir uns nicht.
    Mein Vater bot Oma und Opa etwas zu essen und zu trinken an. »Aber viel ist ja nicht da …« Er lachte nervös und fügte rasch hinzu: »Sonst holt Olivia schnell noch was.«
    Meine Großeltern sagten, sie wollten nichts außer Kaffee.
    Ich war froh, dass mein Vater sich rasiert hatte.
    »Simon hat uns erzählt, dass er die Urne hier abgegeben hat.«
    Mein Vater nickte, ohne Opa anzusehen.
    »Ich bin froh, dass du uns angerufen hast«, sagte meine Oma. »Das hätten wir wirklich nicht versäumen wollen.«
    Erneut nickte mein Vater.
    Ich wusste gar nicht, dass er meine Großeltern angerufen hatte, und wunderte mich.
    »Wir waren uns nicht sicher, ob du dich überhaupt melden würdest.« Opas Stimme hatte einen scharfen Unterton.
    »Du hast nichts von dir hören lassen, John«, sagte Oma leise.
    »Opa?« Es kam raus, bevor ich es mir noch mal überlegen konnte.
    »Ja, Olivia?«
    »Wusstest du, dass Mama auf dem Münztelefon steht?«
    Opa sah starr geradeaus, er schien meine Frage gar nicht gehört zu haben.
    Oma strich mir über den Arm. »Lass sie nur«, sagte sie.
    Eine Träne lief über Opas Wange. Wenn alte Menschen weinen, sieht es viel schlimmer aus. Besonders, wenn sie frühmorgens weinen. Und erst recht, wenn es mein Opa ist.
    »Zeig mir mal die Urne«, sagte Oma. Zusammen gingen wir in den Flur.
    Wir hatten Sascha und Sonja gesagt, dass wir um zwei Uhr aufbrechen würden, aber Sonja würde früher da sein. Das hatte sie schon angekündigt.
    Mein Vater wollte unbedingt, dass Sonja mitkam. Und ich wollte unbedingt, dass

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