Olivia und der australische Millionär
Krokodile, zumindest nicht in freier Wildnis.“
„Habt ihr denn gar keine wilden Tiere?“, fragte Georgy fast mitleidig.
„Wenn du unsere scheuen Igel nicht gelten lässt, kann ich damit leider nicht dienen. Obwohl, ein Zeitungsreporter hat mal behauptet, einer schwarzen Mamba begegnet zu sein. Aber das war wohl eher eine Zeitungsente .“
Georgy kicherte, und Olivia durchströmte ein warmes Gefühl.
„Hier in Australien gibt es Tonnen von giftigen und gefährlichen Tieren!“, prahlte Clints Tochter. „Aber die vielen bunten Vögel sind mir lieber. Ich kenne fast alle beim Namen und kann sie dir unterwegs zeigen. Wusstest du, dass wir hier im Territorium keinen Reis anbauen dürfen, damit nicht Tausende Magpie Geese angelockt werden? Das ist eine besondere Sorte Wildgänse, vor denen sogar die Airforce warnt. Aber Wasserbüffel kann ich dir zeigen. Das sind riesige Kolosse, die auch viel Schaden anrichten.“
Das alles plapperte sie so aufgeregt herunter, dass sie ganz außer Atem kam. Offensichtlich hatte sie Olivia, die sich über den munteren Redefluss des Mädchens freute, bereits als Freundin akzeptiert.
Die Bootstour zu den Carlee Waters ,einem vier Meilen langen und unglaublich breiten Flussarm, der sich unter exotischen Baumriesen entlangschlängelte, erwies sich als Volltreffer.
Wie von Georgy versprochen, umschwirrten sie Hunderte, wenn nicht Tausende bunt schillernde Vögel, deren Zwitschern, Krächzen und Kollern manchmal nahezu ohrenbetäubend war. Daneben sahen sie noch Enten, Reiher, die berüchtigten schwarz-weißen Magpie Geese und graziöse blaue Kraniche.
Lucas zückte immer wieder seine kostbare Kamera, um besonders reizvolle Bilder zu schießen, bis er sie schließlich ständig in der Hand behielt, da sekündlich neue, aufregende Motive auftauchten.
„Fantastisch! Was für ein Schuss“, rief er immer wieder aus, als befände er sich auf einem Fußballplatz. Jedes Mal, wenn er sich zu einem erneuten Begeisterungsausbruch hinreißen ließ, tauschten Olivia und Georgy verschwörerische Blicke und zwinkerten einander zu. Da Marigole beschlossen hatte, mit einer Migräne im Bett zu bleiben, gab es nichts, was die gute Laune des Mädchens beeinträchtigt hätte.
Clint, der kurz mit dem Bootsführer gesprochen hatte, setzte sich wieder zu Olivia, Georgy und Chloe und legte wie selbstverständlich einen Arm um Olivias Schulter. Sie lächelte ihn mit einem sanften Strahlen in den wundervollen blauen Augen an und folgte dann mit dem Blick seinem ausgestreckten Finger.
„Da, eine Python. Sie ist gerade dabei, sich ins Wasser zu verdrücken.“
Lautlos bewegte sich die Schlange über das sandige Ufer und tauchte ins smaragdgrüne Wasser ab. Sie musste mindestens vier bis fünf Meter lang sein.
„Das ist aber nur ein Baby, verglichen mit der Amethystpython, die es in Queensland gibt“, meinte Georgy abfällig. „Oder, Daddy …?“, fügte sie dann leicht unsicher hinzu.
„So ist es, Sweetheart.“
Das Lächeln, das Vater und Tochter tauschten, wärmte Olivias Herz. Kein Mann, der sein Kind so anschaute, konnte schlecht sein. Jedenfalls nicht abgrundtief schlecht …
„Was für ein hinreißender Anblick!“ Chloes durchdringende Sopranstimme lenkte alle Aufmerksamkeit auf sich, sodass auch Olivia gar nicht erst dazu kam, über Marigoles düstere Warnungen vor ihrem Exmann nachzudenken.
Da nichts weiter folgte, wandten sich alle wieder ab. Peter, der gerade lauthals über eine von Brendans abenteuerlichen Anekdoten gelacht hatte, bedeutete Clint mit der Hand, sich doch zur Männerrunde zu gesellen.
„Einen Moment noch, ich komme gleich!“, rief dieser ihm zu und suchte Olivias Blick. „Amüsierst du dich?“, fragte er leise.
„Absolut!“, versicherte sie ihm. „Das ist eine fantastische Welt hier, und ich …“
„Schau mal, Liv, da sind unsere Salties !“, rief Georgy aufgeregt. „Aber sie scheinen eine Erkältung zu haben.“
„Salzwasserkrokodile“, erklärte Clint auf Olivias fragenden Blick hin. „Sie kommen allerdings auch im Süßwasser vor. Nicht aufstehen oder auf die andere Seite des Bootes gehen“, sagte er gleich darauf an alle gewandt. Die natürliche Autorität in seiner Stimme sorgte dafür, dass von keiner Seite Einspruch kam.
Olivia reckte den Hals und betrachtete fasziniert die Riesenreptilien, die keine hundert Meter von ihnen entfernt völlig unbeweglich auf dem sandigen Ufer lagen.
„Sie sind ekelig und schrecklich angsteinflößend!“
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