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Oliviane – Der Saphir der Göttin

Oliviane – Der Saphir der Göttin

Titel: Oliviane – Der Saphir der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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Unwillkürlich richtete sie sich noch mehr auf. »Ich bitte nicht!«
    »So sieht es aus«, entgegnete er trocken. »Trotzdem nehme ich an, Ihr wollt erst die Büsche aufsuchen, ehe Ihr Euch niederlegt ...«
    »Die Büsche?«, wiederholte sie verwirrt. Was hatten die Büsche mit der Lähmung zu tun, die von seinen Händen direkt in ihr Blut überzugehen schien? Sie spürte das leise Lachen, das ihn erbeben ließ, obwohl er keinen Laut von sich gab. Machte er sich über sie lustig?
    »Wollt Ihr Euch nicht erleichtern?«, erkundigte er sich im selben Moment tatsächlich belustigt.
    Oliviane spürte verlegene Hitze in ihre Wangen steigen, und der Ärger darüber schenkte ihr neue Energie. Sie riss sich los und maß den Bärtigen mit einem empörten Blick. Sie wusste nicht, was sie mehr aufbrachte: dass sich ein wildfremder Mann um ihre Belange kümmerte oder dass dieser Kerl es fertig gebracht hatte, dass sie ein paar Herzschläge lang Herkunft und Haltung vergessen hatte.
    Mit einer Überheblichkeit, die von der anerzogenen, lebenslangen Überzeugung herrührte, von edlerem Blut als die meisten anderen Menschen zu sein, gab sie einen entrüsteten Laut von sich. Sie lief blindlings in den Wald hinein, nur von dem Wunsch getrieben, den spöttischen Augen und dem amüsierten Getue dieses Flegels zu entkommen.
    Das raue Gelächter der Männer folgte ihr. Sie wagte erst stehen zu bleiben, als sie es nicht mehr hören konnte. Im Schutze der hereinbrechenden Dunkelheit hockte sie sich nieder und raffte ihre Röcke. Erst als sie sich wieder erhob und ein paar Schritte machte, wurde ihr bewusst, dass sie keine Ahnung hatte, wohin sie sich wenden musste. Das nächtliche Dunkel des Waldes umgab sie in finsterer Gleichförmigkeit.
    In den Baumwipfeln rauschte der Wind, als wollte er eine Melodie zu den leisen Lauten pfeifen, die Oliviane zu erkennen versuchte. Knacken, Rascheln, Quieken, der Ruf eines Nachtvogels – Lebensbeweise von Tieren, deren Gegenwart sie hören, aber nicht sehen konnte. Es gab Wölfe in den bretonischen Wäldern! Hungrige Bestien, die ihre Zähne bevorzugt in lebendiges Fleisch gruben ...
    »Heilige Anna, bitte hilf!« Das Stoßgebet endete in einem leisen Aufschrei, als sich gegen das Dunkel vor ihr eine noch schwärzere Silhouette abzeichnete, die ihr den Weg versperrte.
    »Lasst die heilige Anna in Frieden, und haltet Euch an Eure eigene Vernunft!«, riet der Schatten mit einer Stimme, die Oliviane inzwischen nur zu gut bekannt war. »Was habt Ihr Euch dabei gedacht, kopflos in einen fremden Wald zu stürmen? Meint Ihr, es macht Vergnügen, hinter Euch herzulaufen und dafür zu sorgen, dass Ihr Euch nicht aus lauter Dummheit verletzt?«
    Oliviane war glücklich über die Nacht, welche das Feuer der Verlegenheit auf ihren Wangen verbarg. Hatte er sie schon länger beobachtet? Sie wollte nicht, dass ihr dieser Grobian ständig auf den Fersen blieb!
    »Bringt mich zum Lager zurück!«, forderte sie in ihrem hochfahrendsten Ton.
    »Gewiss, edle Dame!«, gab er so übertrieben untertänig zur Antwort, dass sie den Ausdruck seiner Züge zu erforschen versuchte. Dummerweise war es zu dunkel dafür. »Reicht mir Eure Hand, damit Ihr nicht über die Wurzeln stolpert ...«
    Oliviane hatte nicht die Absicht, das zu tun, aber im selben Augenblick verfing sich ihr Fuß tatsächlich in einer Wurzel. Sie strauchelte und fand sich gegen eine breite Brust im Lederwams gepresst. Der Mann war so unerwartet nah und vertraut, dass ihr die Luft wegblieb.
    Dafür spürte sie, wie sich seine Brust hob und senkte, während unter ihrem Umhang energische Hände in beunruhigender Weise über ihre Taille glitten. Die lähmende Berührung konzentrierte ihr ganzes Fühlen auf den rasenden Herzschlag und das Rauschen ihres Blutes. Sie wusste nicht mehr zu sagen, wo seine Gestalt aufhörte und die ihre begann.
    Im selben Moment zerriss ein unterdrückter Fluch über ihrem Scheitel den eigenartigen Nebel, der sie umfing. Die Hände griffen fester zu, hoben sie hoch und stellten sie reichlich unsanft und in schicklicher Entfernung wieder ab.
    »Habe ich Euch nicht gesagt, dass Ihr meine Hilfe braucht?«, schimpfte er, als hätte sie sich mit Absicht diese Wurzel gesucht. Er packte sie am Handgelenk und zog sie rücksichtslos weiter, bis sie förmlich auf die Lichtung taumelte. Ein winzig kleines Feuer glühte unter Moospolstern, um der kühlen Nacht ein wenig Wärme abzutrotzen und wilde Tiere abzuhalten.
    In unmittelbarer Nähe des

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