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Oliviane – Der Saphir der Göttin

Oliviane – Der Saphir der Göttin

Titel: Oliviane – Der Saphir der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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zu Fall durchaus anzuwenden wusste, falls es die Umstände erforderten.
    »Ich danke dir«, sagte sie tonlos. »Ich habe dein Mitleid nicht verdient ...«
    »Du bist zu streng mit dir«, erwiderte Juan selbstgefällig. »Denkst du, wir haben nicht längst durchschaut, dass du das Pferd ebenso gestohlen hast wie den Mantelsack? Wovor fliehst du?«
    »Du hast meine Sachen durchsucht?!« Ein Anflug ihres alten Hochmuts kehrte ganz plötzlich zurück.
    »Du wirst noch lernen, dass ein Mann in meiner Lage vorsichtig sein muss. Ganz besonders, wenn er ein Mädchen bei sich aufnimmt, das einen Mantelsack voller Männerkleider und nicht einen einzigen Frauenrock bei sich trägt. Weißt du, was die ehrbaren Bürger mit einem schönen Mädchen machen, das als Diebin erwischt wird? Du musst das nächste Mal vorsichtiger sein.«
    Er hatte den Arm um ihre bebenden Schultern gelegt, während er eindringlich weiter auf sie einredete. Eine ebenso beschützende wie besitzergreifende Geste, die der rothaarigen jungen Frau, die sie heimlich beobachtete, viel verriet. Ihr schmales Gesicht, das dem einer Füchsin glich, verzog sich zu einer bösen Grimasse und Eifersucht.
    Juan gehörte ihr, und sie würde nicht zulassen, dass er dieses hergelaufene Weibsbild an ihre Stelle setzte! Sie würde Mittel und Wege finden, dies zu verhindern!

15. Kapitel
    Kessel dampften über den Feuerstellen, und der appetitliche Duft von gebratenen Fischen hatte alle Welt um die Glut versammelt, über der die Fische an langen Weidenästen gedreht wurden. Da Oliviane nach wie vor kaum das Nötigste zu sich nehmen konnte, mied sie auch jetzt die wartenden Menschen und wollte zwischen den Karren hindurchschlüpfen, als ihr plötzlich eine kleine Rothaarige den Weg verstellte.
    »Du da, Odile! Auf ein Wort ...«
    Oliviane runzelte die Stirn. »Was willst du?«
    »Morgen erreichen wir Rennes!«
    »Um mir das zu sagen, lauerst du mir im Dunkeln auf?«
    »Ich hab’s nicht gern, wenn Fremde in meinem Revier wildern!«, zischte die Rothaarige böse. »Denkst du, ich seh’s nicht, wie du vor ihm mit den Hüften wackelst und ihn mit deinen Kuhaugen anschmachtest? Ich warne dich! Juan gehört mir!«
    Olivianes erster Schrecken wich purer Erleichterung. »Ich will nichts von deinem Juan, ich schwör’s dir! Du kannst ihn behalten!«
    »Ich glaube dir kein Wort«, erklärte die andere kalt. »Du verdrehst ihm mit deinen feinen Kleidern und deinem hochnäsigen Gehabe den Kopf. Er schaut keine von uns mehr an, seitdem du da bist!«
    »Ich hab’ keine anderen Kleider!«, rief Oliviane ungeduldig. Dann kam ihr eine Idee. »Es sei denn, du willst die deinen mit mir tauschen?«
    Damit hatte die Rote nicht gerechnet. Sie legte die hohe Stirn über den grünlichen Fuchsaugen in Falten. »Das würdest du tun?«
    »Warum nicht?« Oliviane fand immer mehr Gefallen an dem spontanen Einfall. Mit dem Gewand wurde sie vielleicht auch die Erinnerung an jene Tage los, an denen sie es getragen hatte.
    »Dann komm mit!«
    »Nein! Den Beutel nicht!«
    Oliviane beugte sich so schnell vor, dass die rote Fanny, mit der sie die Kleider getauscht hatte, das Nachsehen hatte. Das Mädchen schob schmollend die Unterlippe vor.
    »Ich denke, die Tasche gehört zu dieser Art von feinem Kleid!«
    Oliviane hatte keine Lust, noch einmal mit ihr zu streiten. Sie nahm das Spitzenrestchen, die Haarspange, den Kamm und das Salbendöschen heraus. »Die Dinge haben meiner Mutter gehört, ich will sie behalten!«
    Fanny betrachtete gierig die leicht ramponierten Besitztümer. »Die Spange ist schon kaputt und dem Kamm fehlen zwei Zinken, meinetwegen. Was ist in der Dose?«
    Einmal mehr öffnete Oliviane das cremefarbene, runde Döschen und hielt den Balsam unter Fannys gerümpfte Nase.
    »Iiiih, der stinkt ja schon! Das Zeug kannst du behalten!« Angeekelt wandte sich die Rothaarige ab. »Gib mir dafür die Spitze!«
    Es war weniger eine Bitte als ein Befehl. Oliviane gab nach und verstaute das Salbendöschen und die anderen Sachen in der Tasche des ausgefransten Flanellrockes, den sie jetzt trug. Er reichte ihr nur bis eine Handbreit über die Knöchel und gab ihre schmalen Fesseln und die blassen Füße frei, die in Holzpantinen steckten. Ein schmuddeliges Hemd mit Bänderzug und ein Fransentuch aus roter Wolle vervollständigten ihre neue Garderobe. Sie zog das Tuch fröstelnd um Kopf und Schultern und unterdrückte einen neuerlichen Hustenanfall.
    »Du sollst bei mir im Wagen reisen, hat Juan gesagt«,

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