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Oliviane – Der Saphir der Göttin

Oliviane – Der Saphir der Göttin

Titel: Oliviane – Der Saphir der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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allen Reichtums. Man konnte sie verkaufen, um den Winter zu überleben, bis mit dem Frühling die Feste und Märkte zurückkamen.
    Ihre Gedanken kehrten immer mehr ins Dunkel zurück. Das erste Entsetzen und der Schock über die eigene Tat wichen der tragischen Erkenntnis, dass sie einen entsetzlichen Fehler begangen hatte. Das Holzscheit, der schlafende Landry, der Hieb – es war Blut geflossen, viel zu viel Blut ... und es war Ihre Schuld.
    Sie hatte in dem panischen Versuch, den Teufelskreis aus Anziehungskraft und Magie zu brechen, ein Leben zerstört, ein Leben, von dem sie jetzt erst wusste, dass es ihr unendlich teuer gewesen war. Der Mensch, den sie getötet hatte, hatte ihr die einzigen Momente der Zärtlichkeit und Liebe geschenkt, die sie jemals erleben würde.
    »Du träumst!«, verhöhnte sie sich bitter. »Ein Söldner und eine davongelaufene, ehrlose Braut – wo sollte da Liebe entstehen? Er hat dich verführt, um dich besser beherrschen zu können. Um dir am Ende das Geheimnis des Sterns von Armor zu entreißen!«
    Oliviane erbebte sogar jetzt noch unter der sicheren Gewissheit, dass es ihm letztendlich keine sonderlichen Schwierigkeiten bereitet hätte. Nicht nach jenen zauberhaften Stunden, in denen sie sich geliebt hatten! Von ihrem eigenen Körper, ihrem eigenen Herzen verraten, hätte sie ihm am Ende alles gegeben. Auch den Stern von Armor!
    Und allein aus diesem Wissen heraus hatte sie zu dem mörderischen Schlag ausgeholt! Sie hatte gehofft, sich auf diese schreckliche Weise für immer von dem Mann befreien zu können, der so viel Macht über sie besaß. Ein verhängnisvoller Irrtum. Gemeinsam mit Landry war auch Oliviane de Rospordon gestorben.
    O nein, es gab keine Oliviane de Rospordon mehr! Sie hatte das Recht verwirkt, unter diesem Namen Gerechtigkeit zu erbitten. Es war ein Name, der für Eidbruch, Verrat, Mord und Raub stand.
    Blieb nur ›Odile‹, die dumme, verwirrte Dirne, die mit einem Trupp Gaukler durch die Lande zog und nicht wusste, woher sie kam und wohin sie ging. Würde Dame Magali diese Geschichte glauben? Vermutlich nicht. Kein Mensch war so töricht, das zu tun.
    Trotzdem musste sie weiter ›Odile‹ sein. Deren ärmliches Leben bot die Möglichkeit, die große Schuld zu sühnen – so lange, bis der Himmel endlich ein Einsehen mit ihr hatte und ihr ärmliches Dasein beendete.

16. Kapitel
    »Ich bitte Euch, Dame Magali, lasst mich gehen!«
    »Weshalb, meine liebe Odile? Gefällt es Euch unter meinem Dach so wenig?«
    »Ihr wisst genau, dass dies nicht der Grund ist. Ich kann nicht bleiben ...«
    »Weshalb?«
    Die ruhige Behutsamkeit, mit der Dame Magali eine jede dieser sinnlosen Diskussionen führte, entlockte Oliviane ein gequältes Seufzen.
    »Fragt nicht«, wisperte sie und zupfte an den hellgrünen Seidenbändern, welche das dunkelgrüne Wollkleid verzierten, das sie trug.
    »Ich pflege keine Entscheidungen zu treffen, solange ich nicht die genauen Umstände und Hintergründe kenne«, lächelte die Amme des Herzogs freundlich. »Wenn Ihr meine Gastfreundschaft nicht annehmt, so müsst Ihr mir schon sagen, weshalb! Und kommt mir bitte nicht mit diesem Unsinn von Eurem vermeintlich geringen Stand!«
    »Aber ...«
    »Wenn ich Unsinn sage, dann meine ich Unsinn!«, fiel ihr Dame Magali ungewohnt energisch ins Wort. »Ich weiß nicht, welches Drama Euch ins Unglück gestürzt hat, Odile. Aber eines weiß ich so sicher, als hätte ich Euch selbst die Ammenbrust gegeben: Ihr seid nicht in einem Gauklerkarren aufgewachsen. Eher schon in einem Kloster, wenn Ihr mich fragt ...«
    Oliviane wurde noch eine Spur blasser. War diese Frau eine Hellseherin?
    »Ich bitte Euch ...«, wisperte Oliviane und mied den scharfen Blick ihrer Gastgeberin. »Ihr seid so gütig zu mir, und ich möchte Eure Mildtätigkeit nicht ausnutzen. Ich verdiene sie nicht!«
    »Die Entscheidung darüber könnt Ihr getrost mir überlassen«, verkündete Dame Magali gelassen. »Lasst uns eine Abmachung treffen, Odile! Ihr bleibt unter meinem Dach, und ich verspreche Euch, nicht weiter in Euch zu dringen. Ich werde mich mit dem begnügen, was Ihr mir freiwillig erzählt, und geduldig warten, bis Ihr Vertrauen fasst. Was sagt Ihr zu diesem Angebot?«
    »Habt Ihr keine Angst, dass ich Euch betrüge?«, wollte Oliviane leise wissen.
    »Euer Vertrauen in meine Menschenkenntnis rührt mich«, spottete Dame Magali gutmütig. »Nein. Wenn Ihr so direkt fragt, ich habe den Eindruck, dass sich das Böse in Euch,

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