Olympiareife Nummern
eingeschlafen war. Katharina errötet. Sie freut sich. Bei ihr ist jede Gefühlsregung noch an ihrer Gesichtsfarbe abzulesen. „Chris, bring du heute mal Lily ins Bett", sage ich, „gestern war Katharina dran!" Er mault zwar, aber dann zieht er mit ihr ab. Gestern Abend war ich noch bei Andreas. „Seh ich dich noch vor Freitag?", hatte er mich vorhin noch per SMS gefragt.
„Vielleicht Donnerstag", hatte ich geantwortet. Bloß gut, dass es Handys gibt. Nick benutzt seins so gut wie nie. Er vergisst auch ständig, es wieder aufzuladen. „Och, wenn's wichtig ist, erreicht man mich schon!" Wir hatten richtig Streit, weil er's beim Joggen partout nicht mitnehmen will.
„Das stört mich! Ich mag's nicht in der Hosentasche haben! Erstens ist es albern und zweitens stößt's mich am Sack! Es wird bestimmt nicht wieder vorkommen", sagte er danach. „Die Skins sind doch erst mal weg vom Fenster und außerdem hab' ich jetzt Arnie!"
„Ja - den harmlosesten Köter der Welt!", hatte ich ärgerlich eingeworfen.
„Das weiß doch keiner ... im ersten Moment sieht er so gruselig aus wie der Hund von Baskerville, nicht, Arnie? Komm' her, du Monster ... !" Und ich sah ihnen kopfschüttelnd zu, wie sie sich auf dem Teppich balgten.
Ich bin dann doch nicht gelaufen. Gerade, als Patrick weg war, klingelte nämlich Frau Melzer. Nick kam aus dem Bad. „Ach ja - hab' ich ja noch gar nicht erzählt", sagte er und schlug sich vor die Stirn, aber Frau Melzer hatte schon mit ihrem Drama des Tages begonnen.
Keine Frage, ich holte natürlich gemeinsam mit ihr ihren Rudi ab. Seit der Geschichte mit Nick im letzten Jahr hat der Kontakt zu ihr fast freundschaftliche Züge angenommen. Na gut - das ist vielleicht übertrieben, sagen wir mal - es ist eine gutnachbarschaftliche Beziehung entstanden. Sie wird z.B. unseren Arnie nehmen, wenn wir nach Kroatien fahren. Das ist ein echter Liebesdienst, denn für Arnie ist Autofahren der Horror schlechthin. Da ist er neurotisch bis zum Abwinken. Er jault die ganze Fahrt über und hechelt sich vor Aufregung die Zunge aus dem Hals, der arme Kerl. Außerdem kratzt er sich dann in einer Tour wie blöd und nervt alle damit.
Frau Melzer war voll des Lobes über Herrn Zeidler. „So reizend und so entgegenkommend - er hat gleich den Vorschlag gemacht, zum Tierarzt zu fahren! Die junge Frau war ja selbst ganz durcheinander!"
Aber dass sie ihren Kleinen in Gegenwart von Herrn Zeidler an die Brust legte, das erschütterte sie auch am Ende des Tages noch so, dass sie nur flüstern konnte. „... ganz schamlos - obwohl Herr Zeidler ja daneben stand!" Ich hatte Mühe, mir das Lachen zu verkneifen. Nick, der wollüstig auf einen Busen starrt?
Arnie sieht mich bettelnd an.
„Ich geh' noch mal 'ne Runde mit ihm", sage ich zu Katharina, „magst du nicht mitkommen?"
Sie zögert kurz. „Ach ja, warum nicht?", sagt sie zu meiner angenehmen Überraschung.
„Seid ihr zusammen? Du und Patrick?", frage ich sie, als wir auf dem Feldweg sind. Eigentlich habe ich nicht angenommen, dass sie darauf eingeht. Erwarte eher so 'n schnippisches „sei nicht so neugierig, Alter!"
„Ich weiß nicht", sagt sie stattdessen ernst, „irgendwie schon, aber irgendwie auch wieder nicht..." Sie erzählt von der letzten Fete. Da war ich gerade in Eckernförde. „Er hat mich den ganzen Abend angebaggert und wir haben so 'n bisschen rumgemacht, uns geküsst und so ..." Ein wenig peinlich berührt wirkt sie. „Ob Katharina schon mal mit 'nem Jungen geschlafen hat?", frage ich mich. Ab und zu waren da ja mal so jugendlich männliche Besucher. „Und ob sie's Renate erzählt?"
„Aber am nächsten Tag in der Schule tat er ganz cool und ich hätte ihn am liebsten auf den Mond geschossen", sagt sie jetzt wütend.
„Dann sind wir ins Kino gegangen und da war er wieder ganz lieb ... er kann so süß sein", schwärmt sie. Das kann ich mir nur zu gut vorstellen ...
„Was sagt er denn?", frage ich, „redet ihr nicht darüber, ob ihr - zusammen sein wollt? Ich meine, ich bin zwar schon uralt, aber wir haben das früher immer mal angesprochen - zwar nur so am Rande ...", sie schubst mich liebevoll. „Wir wollten's aufschreiben", sagt sie, „und neulich nach dem Schulfest hat er mir seine Vorstellungen vorgelesen ... dass er auf der Suche ist... und nicht weiß, was er will... also ich glaube, er hat Angst, dass ich was ganz Festes will... na ja, und heute habe ich ihm meins vorgelesen ... das heißt, ich wollte es vorlesen ... also
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