Olympiareife Nummern
denke ich und ziehe den Reißverschluss meiner Jeans wieder hoch, den dieser schamlose Schwede gerade geöffnet hat, „jetzt ist Schluss mit der Unmoral ... heute Abend wird wieder zu Hause gegessen!"
Jan
Blöder Stau!
Dass es so lange dauert, hätte ich nicht gedacht. Schon fast sieben Uhr. Und seit dem Frühstücks-Apfel habe ich nichts mehr gegessen.
Letztes Jahr um diese Zeit war ich vergleichsweise rund. Ich hatte zumindest einen Bauchansatz und wog an die 82 Kilo. Heute sind's nur noch 72.
Und wenn das so weiter geht mit dem Stress, wiege ich bald nur noch 70.
Dazu fällt mir doch glatt Renates Mutter ein, der ich Gott sei Dank nur noch ein einziges Mal nach unserer Trennung begegnet bin, letztes Jahr im Herbst, als ich mit Michael das Hochbett für Lily baute.
Sie war übrigens die Einzige, die ehrlich erfreut war, dass Renate und ich uns trennten. Jeder andere Mann hätte bei ihr gute Karten gehabt, solange er nur mich verdrängt hätte. Man muss das verstehen.
Ich habe schließlich ihre Renate verführt, ihr drei Kinder gemacht und sie ins Haus gesperrt. Ohne mich hätte sie's bestimmt zu 'nem eigenen Frisörladen geschafft. „Meine Renate wollte immer selbständig sein!" („Stimmt ja gar nicht, ich wollte ja nicht mal Frisörin werden, bloß gab's keine andere Lehrstelle!") „Sie hat so viel Ehrgeiz!"
(„Ich hab' keinen Bock mehr, ins Geschäft zu gehen und alten Damen die Köpfe zu waschen!") Aber nun war ja alles in bester Ordnung. Renate erhielt volle seelische Unterstützung von ihrer Mutter (Die Ärmste! Sie tat mir wirklich leid. Renate war ganz schön genervt!) und die zeigte sich sofort ganz angetan von ihrem Neuen. Kann ich mir lebhaft vorstellen! Michael wird seinen Antrittsbesuch sicher artig im Anzug und mit einem Strauß Blumen absolviert haben - nicht so wie ich damals in Motorradkluft und Dreitagebart ... Er hat auch keine Probleme mit ihr, kommt bestens mit ihr aus!
An jenem Wochenende also stellten wir das Hochbett auf und Nick war mit Christoph unterwegs, um die Rutsche abzuholen, die wir in der Avis gekauft hatten. Renate und Katharina standen in der Küche und backten Waffeln, Lily sprang begeistert um uns herum und alles hätte so nett und harmonisch weitergehen können, wenn sich nicht Ursel selbst eingeladen hätte. Als ich Renate „Mutti ...", sagen hörte, fiel mir zunächst die Klappe runter, aber dann stellte sich langsam Vorfreude ein. „Weiß sie eigentlich schon von Nick und mir?", fragte ich Michael. Wir waren schon dabei, das Geländer anzuschrauben.
„Ich glaube nicht", nuschelte er mit Schrauben im Mund. „Fein", dachte ich, „das wird ein Spaß!"
Ich lauschte amüsiert Renates vergeblichen Versuchen, ihre Mutter abzuwehren.
„Du, wir sind gerade am Arbeiten ... das Hochbett für Lily, weißt du ..."
„Ach Kind, das macht doch nichts, ich störe nicht! Katharina - wie schön! Ihr macht Waffeln? Hättest du doch was gesagt, ich hätte dir einen Kuchen gebacken!" „Wir konnten doch nicht ahnen, dass du vorhast, herzukommen", hörte ich Renate, „äh ... die Männer sind schon fast fertig ..."
„Männer? Hast du gleich mehrere?", fragte sie und lachte auf ihre gekünstelte Art, was bei mir wie immer den gewohnten Adrenalinausstoß bewirkte. Vermutlich ein Relikt meiner Vorfahren, wenn sie das Mammut oder den Säbelzahntiger erblickten. Sie kam rein und Renate, die hinter ihr stand, sah mich groß an, schnitt Fratzen und machte Zeichen, dass sie von dem Überfall nichts gewusst hatte. Ursel sah mich und ihr aufgesetztes Lächeln verschwand schlagartig.
„Ach so", sagte sie ernüchtert, aber dann ging sie zu Michael und reichte dem die Hand, wobei sie wieder dieses falsche wölfische Lächeln im Gesicht hatte.
„Herr Bergmann! Wie schön, dass Sie Lily das Hochbett bauen!"
Was?
Okay, er hatte das Material mit hochgetragen und die Hälfte der Plastikfolie von den eingeschweißten Brettern entfernt - die andere Hälfte packte dann Katharina aus, weil Michael erst mal eine halbe Stunde pausieren musste wegen des Splitters, den er sich dabei unter den Fingernagel gerissen hatte.
Danach arbeiteten wir jedoch reibungslos Hand in Hand. Wenn ich die Bohrmaschine brauchte, gab er sie mir und wenn ich was sägte, saugte er sogleich die Späne weg - oh, und er war unglaublich geschickt beim Halten der Kästchen mit den Schrauben und Dübeln. Außerdem bin ich mir sicher, er hätte mir auch den Schweiß von der Stirn getupft, wenn ich ihn darum gebeten
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