Olympiareife Nummern
Frust belästigen.
„Nick? Na, das ist aber nett", sagt Norbert und guckt so weltfremd naiv wie ,Seth' in ,Stadt der Engel'. „Komm' rein!" Franziska sitzt im Liegestuhl auf der Terrasse und liest. Sie sieht über den Rand ihrer Brille (seit Weihnachten hat sie die) und hat's sofort erfasst. „Fahr' ohne mich zum Einkaufen, ich bleibe hier", sagt sie zu Norbert und setzt sich entschlossen auf. „Was ist los?", fragt sie mich. Norbert gehört zu den wenigen Männern, die's dann auch gleich verstehen, ohne blöd zu fragen. Ich setze mich ihr gegenüber auf die Gartenbank. „Ach, Franziska ... ich hab' 'ne Menge Scheiß gebaut", beginne ich zaghaft, „und ich weiß nicht, ob wir das wieder hinkriegen ..." Dann breche ich zusammen. Ist es nicht zum Schämen, sich als erwachsener Mann bei seiner Mutter auszuheulen?
Jan
Manchmal ist Arbeit die beste Therapie - für ungestörtes Nachdenken. Nach dem heutigen Tag weiß ich zumindest ganz sicher, was ich will. Kann sein, dass ich auf einige Kunden sehr abwesend und geistig leer gewirkt habe, aber das ist mir herzlich egal.
Um kurz nach vier gehe ich mit Wolfgang zu unseren Autos. „Na, wie geht's?", fragt er und ich sehe ihn an. Ob er noch ein bisschen Zeit hat?
„Nicht so gut", sage ich, „ehrlich gesagt ... im Augenblick
ist es katastrophal..." Er bleibt stehen.
„Wie kommt's?", fragt er, „komm', wir klönen im Auto!"
Nick
„ ... mir hat das alles nichts bedeutet, ehrlich ... es hat Spaß gemacht, das schon, aber ich würde doch Jan nicht aufgeben deswegen! Niemals!"
Franziska sitzt mittlerweile neben mir und streicht mir über den Rücken. Zwischendurch hatte ich ihr die Schulter nass- geheult...
„Oh, Nick! Und ich hatte schon gedacht, du wärst endgültig erwachsen geworden! Aber dass du auch mit 'nem weiblichen Wesen geschlafen hast, find' ich ja allerhand!" War ja klar, dass sie da unbedingt noch mal drauf herumreiten muss ... aber sie hat ja auch keine Ahnung von der Geschichte mit Jules Mutter damals ...
„Ach das", wehre ich unwirsch ab, „das war Notzucht von ihrer Seite! Ich wollte gar nicht!"
„Mein armer Kleiner! Du kannst einem wirklich leid tun", sagt sie spöttisch, „einfach von 'nem Mädchen zum Geschlechtsakt gezwungen ...", sie nimmt ihre Brille ab und putzt sie gedankenverloren, wobei sie in die Ferne starrt, „ich hab' mal gehört, das klappt nur mit ausgefahrenem Periskop?"
Ihr Opa war Schlepperkapitän, daher die exakte nautische Kenntnis. Sie setzt die Brille wieder auf und fixiert mich. „Seit wann fuhr Opa denn auf 'nem U-Boot?", frage ich aufmüpfig und hoffe, dass sie nicht merkt, wie meine Wangen brennen.
„Seit wann glaube ich denn an Märchen? Ach Gott, Nick, es ist doch nicht schlimm! Das muss dir nicht peinlich sein! Es gibt nun mal Männer, die auch mit Frauen schlafen! Die Farbe steht dir übrigens gut", sie tätschelt meine Wange, „du bist sonst immer so blass! Wird Zeit, dass ihr in Urlaub fahrt", sagt sie, „da kommt ihr mal auf andere Gedanken!" Sie ist ja mächtig optimistisch.
Jan
Wolfgang verzieht das Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen. „Der Mathelehrer von deiner Tochter? Oh je, ich möchte nicht in deiner Haut stecken!" Ich auch nicht. Aber das Thema ist durch. Von Nicks außerehelichen Erotik- Ausschweifungen weiß er selbstverständlich nichts. Ich habe nur meine Sünden gebeichtet. „Und was jetzt?"
„Gute Frage", sage ich, „die stell' ich mir schon den ganzen Tag selber." Ich seufze tief.
„Ich hoffe erstmal, dass Katharina wieder mit mir redet." „Und Nick?", fragt er, „meinst du, er verzeiht dir?" Das ist ehrlich gesagt mein einziger und innigster Wunsch. Ihm habe ich schon längst alles verziehen.
„Drück' mir mal die Daumen", sage ich denn auch, „ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, ohne ihn zu leben." „Verrückt, was?", sagt Wolfgang. „Weißt du, was ich auf der letzten Betriebsfeier dachte, als er dich abholte? Ihr passt gut zusammen. Ich war gerade draußen an der Luft, als ihr vorbeikamt... ihr habt mich gar nicht gesehen ... ihr seid Arm in Arm zum Auto gegangen und bevor ihr eingestiegen seid, habt ihr euch geküsst... das war irgendwie komisch für mich, weil ich vorher noch nie gesehen habe, wie sich zwei Kerle küssen ... aber ihr saht so nett zusammen aus und da dachte ich plötzlich „warum denn nicht? Sollen sie doch! Wenn sie sich gern haben ..." Er räuspert sich verlegen und sieht raus. Ich muss lächeln. Wolfgang ist schon
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