Olympos
dieser Öffnung hinau f steigen konnte.
»Von Setebos oder seinen Verbündeten«, sagte Moira.
»Was für Verbündete? Wer sind sie? Erzähl mir doch einfach, was ich wissen muss.«
Moira schüttelte den Kopf. »Mein junger Prometheus, man hat dir nun seit fast einem Jahr vieles erzählt. Aber was du g e hört hast, bedeutet nichts, solange du den Kontext für all diese Informati o nen nicht kennst. Es ist an der Zeit, dass du dir di e sen Kontext aneignest.«
»Weshalb nennst du mich immer Prometheus?«, fuhr er sie an. »Jeder scheint hier zehn Namen zu haben … Prometheus, den Namen kenne ich nicht. Weshalb nennst du mich so?«
Moira lächelte. »Zumindest das wirst du nach dem kristall e nen Schrein verstehen, das garantiere ich dir.«
Harman holte tief Luft. Wenn diese Frau noch einmal derart selbstgefällig lächelte, würde er sie vielleicht ins Gesicht schl a gen. »Prospero hat gesagt, dieses Ding könnte mich töten.« Er sah den Schrein an, nicht das nachmenschliche Wesen in Savis menschl i cher Gestalt.
Moira nickte. »Möglich wäre es. Aber ich glaube es nicht.«
»Wie stehen meine Chancen?« Seine Stimme klang selbst in se i nen eigenen Ohren wehleidig und schwach.
»Ich weiß es nicht. Sehr gut, denke ich, sonst würde ich dir nicht vorschlagen, diese … Unannehmlichkeit über dich ergehen zu la s sen.«
»Hast du ’ s getan?«
»Mich dem Transfer des kristallenen Schreins unterzogen? Nein. Ich hatte keinen Grund.«
»Wer hat es getan?«, wollte Harman wissen. »Wie viele haben es überlebt? Wie viele sind gestorben?«
»Alle leitenden Bibliothekare haben den Schrein-Transfer durchgemacht«, sagte Moira. »All die vielen Generationen der Bewahrer des Taj. Alle Nachkommen aus der Linie des ersten Khan Ho Tep.«
»Auch dein geliebter Ferdinand Mark Alonzo?«
»Ja.«
»Und wie viele dieser Bewahrer des Taj haben den Schrein-Transfer überlebt?« Harman trug noch immer die Thermohaut, aber seine bloßen Hände und sein Gesicht fühlten sich in der Luft hier oben unmittelbar unter der Kuppelspitze schrecklich kalt an. Er konzentrierte sich darauf, das Zittern zu unterdr ü cken.
Wenn Moira nun lediglich die Achseln zuckte, befürchtete Harman, dass er weggehen und nicht mehr wiederkommen wü r de. Und das wollte er nicht – noch nicht. Erst musste er mehr e r fahren. Dieser alberne kristallene Schrein mit seiner leuchtenden goldenen Flüssigkeit würde ihn vielleicht töten … aber er würde ihm vielleicht auch helfen, schneller zu Ada z u rückzukehren.
Moira zuckte nicht die Achseln. Sie schaute ihm in die Augen – sie hatte Savis Augen – und sagte: »Ich weiß nicht, wie viele g e storben sind. Manchmal ist der Informationsfluss einfach zu viel – für geringere Geister. Aber ich glaube nicht, dass du zu ihnen g e hörst, Prometheus.«
»Nenn mich nicht noch einmal so.« Harmans eiskalte Hände waren zu Fäusten geballt.
»In Ordnung.«
»Wie lange dauert es?«
»Der Transfer selbst? Weniger als eine Stunde.«
»So lange? Die Eiffelbahn -Gondel fährt in fünfundvierzig Min u ten ab.«
»Das schaffen wir schon«, sagte Moira. Harman zögerte.
»Die Mediumsflüssigkeit ist warm«, erklärte Moira, als läse sie seine Gedanken. Wahrscheinlich las sie aber eher sein Frö s teln und Zittern.
Das hatte für Harman wohl den Ausschlag gegeben. Er hatte die Thermohaut ausgezogen und verlegen über seine Nacktheit vor dieser Fremden gestanden, mit der er vor weniger als zwei Stu n den auf so seltsame Weise Sex gehabt hatte. Und es war kalt.
Er war rasch die kurzen Metallsprossen an der Seite des Dod e kaeders hinaufgeklettert, die sich unter seinen nackten Fu ß sohlen eiskalt anfühlten.
Umso angenehmer war es, als er sich durch die offene Abd e ckung hinabließ und in die goldene Flüssigkeit sank. Wie Moira versprochen hatte, war die Flüssigkeit warm. Sie hatte keinen G e ruch, und die paar Tropfen, die auf seinen Lippen landeten, ha t ten keinen Geschmack.
Ariel war aus dem Schatten geschwebt und hatte die Abd e ckung über Harmans Kopf geschlossen und verriegelt. Moira hatte i r gendein Bedienungselement an der senkrechten virtuellen Ko n trolltafel betätigt, an der sie stand.
Und dann war irgendwo im Sockel des kristallenen Schreins e i ne Pumpe tuckernd wieder zum Leben erwacht und hatte weitere Flüssigkeit in den geschlossenen Behälter zu füllen b e gonnen.
Harman hatte sie angeschrien – sie angeschrien, ihn herausz u lassen –, und als sowohl der
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